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Augen der Nacht (Dunkelmond Saga) (German Edition)

Augen der Nacht (Dunkelmond Saga) (German Edition)

Titel: Augen der Nacht (Dunkelmond Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Duprée
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wollte nicht auf mich hören. Tage später
wurde er dann gefunden. Und es gab nichts mehr, was ich für
ihn tun konnte.“
„Wer glaubst du, hat ihn getötet?“
„Die weiße Hand“, spekulierte er, „ Iman stand schon lange
auf ihrer Todesliste. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ihn
jemand finden würde.“
Für einen Moment wirkte er ernst und entfernt.
Doch sie musste noch mehr wissen.
    „Hatte er nach meiner Mutter noch andere Frauen?“ „ Nein, niemanden von Belang.“
„Wie meinst du das?“
„Naja, ein paar Bekanntschaften, vielleicht. Er hat sich nie
wirklich eingelassen.“
Doch seine Worte schmerzten. Wie es schien, war ihr Vater
nicht der strahlende Held, für den sie ihn immer gehalten
hatte.
„ Dann hatte er keine anderen Kinder?“
„ Ein Wunder, dass er überhaupt eines hat. Er hat die meiste
Zeit mit sich selbst verbracht “
„Und mit dir, nehme ich an?“
„Ich glaube nicht, dass er das geplant hatte. Er hat es wohl
eher aus Mitleid getan.“
„ Wieso, aus Mitleid?“
„Naja, ich war dreizehn und hatte riesigen Hunger. Also bin
ich
in
seinen
Laden
eingebrochen
und
habe
einiges
mitgenommen. Irgendwann hat mich Iman dabei erwischt
und mir offenbart, dass er mich töten muss.“
„Er wollte dich umbringen?“
„Weil ich wusste, wer er in Wirklichkeit war. Ich hatte Waffen
gefunden, Briefe und ein paar Leichen. Also hat er mich vor
die Wahl gestellt entweder
zu sterben,
oder
für
ihn
zu
arbeiten. Also habe ich mich für das zweite entschieden." „ Aber du warst noch ein Kind.“
„Ich war eine Katastrophe“, fand Willet, „ dein Vater war
mehr als großzügig zu mir. Also bin ich bei ihm geblieben und
habe viel von ihm gelernt.“
„Du meinst das Töten, oder?“
„Nein, eher das Leben. Ich hatte endlich ein Dach über dem
Kopf und das war damals das Wichtigste für mich.“
„Wie lange habt ihr zusammen gelebt?“
„Fast zehn Jahre lang. Als dein Vater tot war, wollte ich ihm
wenigstens noch seinen letzten Wunsch erfüllen. Also bin ich
nach Keant gereist, um das Kästchen zu bergen. Wie in
seinem Testament angegeben, habe ich es in der Bibliothek
deines Großonkels gefunden und einen Brief in dem stand,
dass
der
wahre Schatz
nicht das Kästchen,
sondern
der
Schlüssel ist. Solche Rätsel waren typisch für Iman, aber ich
hatte keine Ahnung, wo ich die Suche beginnen sollte.“
„Du warst in meinem Zimmer, nicht wahr? Und du hast mich
beobachtet.“
„Die meiste Zeit schon“, gab Will zu, „ ich wusste zwar, dass
es um deine Kette ging, aber immer noch nicht, wer du warst.
Also war ich gezwungen ein paar Tage zu bleiben.“
„Und mein Onkel? Du hast von der Sache gewusst, oder?“
„Ja, ich habe den Brief auch gelesen und entschieden, dich
dort kurzerhand rauszuholen.“
„Warum hast du dich mir nicht offenbart? Ich hätte dir sicher
zugehört.“
„Ich konnte dir keine Wahl lassen“, erklärte er, „ es war
sicherer, sie dir abzunehmen.“
Aber Vells Augen wollten ihm ausweichen.
Willet
nahm
es
hin
und spielte stattdessen
mit
ihren
Fingern. „ Hast du Hunger?“
„ Nein“, versicherte sie.
„Das müssen wir ändern, “ entschied er, „ Los komm, ich geh
uns was suchen.“
*
    Obwohl Vell daran zweifelte, hatte er bald das letzte und
einzige Glas Apfelkompott gefunden, dass das Rattenlager
hergab.
Dazu gab es Haferbrei und jede Menge Brunnenwasser. Es
war das erste Mal, dass sie alleine zu Abend aßen, irgendwo
zwischen Staub, Blut und Scherben. Aber noch nie hatte ihr
etwas Einfaches so gut geschmeckt.
„ Wo ist eigentlich dein Freund? Denkst du, er schläft immer
noch?“
„ Ich schätze, wir sehen ihn erst morgen.“
Mit seinen verbundenen Armen sah Willet aus, als wäre er
mumifiziert worden. Doch es hielt ihn nicht ab, ihre Reste
zu klauen
„ Ich werde mir das Dach ansehen“, entschied er, „ wir müssen
irgendwann schlafen.“
„ Wir könnten auch hier bleiben. Hier ist es rattenfrei.“
„Du willst auf ein Bett verzichten?“
„Wenn sie mich dafür nicht auffressen.“
„Dich frisst niemand“, versprach er, „ los komm, du bekommst
die Laterne.“
*
    Der Schein der Lampe spendete dumpfes Licht. Im alten
Haus war es längst dunkel geworden und mit der Kerze
bewaffnet machten sie sich auf den Weg nach oben. Eine
schmale Treppe führte hinauf auf den Dachboden. Außer
Staub und Spinnweben gab es alte Möbel. Darunter auch ein
Bett ohne Füße. Das Dach war kaputt und ein großes Loch
klaffte im morschen Gebälk.

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