Augen der Nacht (Dunkelmond Saga) (German Edition)
sprach der Priester, „ was
bisher verborgen war, will es vermutlich auch bleiben.“
„Niemand kann seinem Schicksal entgehen“, bestimmte der
König, „ erst Recht nicht diesem. Es ist ihre Pflicht, nach
Amand zurück zu kehren.“
„Dann lass mich gehen, Vater. Ich werde sie aufspüren und
nach Hause zurückholen.“
Die Augen des Prinzen glänzten.
„Nein, Artaron. Du bist mir zu kostbar. Ich schicke Entilot
aus, den Sohn des Kalden. Er soll mit der nächsten Flut
auslaufen.“
Schatten der Vergangenheit
Von
den
Straßen
hörte
man
viele
Stimmen.
Heiße
Sonnenstrahlen
fielen
durch
das kaputte Dach
und die
Schläge der
Turmuhren
erinnerten
Willet,
dass es
Zeit
wurde, aufzustehen. Ein Gedanke, der ihm nicht sonderlich
gefiel. Während der vergangenen Stunde hatte er nicht nur
sich selbst, sondern auch seinen Arm vergessen. Alles, was
er
sich
wünschte,
war
bei dem Geschöpf
neben
ihm
einzuschlafen. Aber die Zeit drängte und er erhob sich, um
seine Kleidung zu suchen.
Vell erwachte. Doch ihm blieb keine Wahl
„ Bleib hier“, verabschiedete er sie und nochmals ihre Lippen,
„ ich komme wieder.“
Dann griff er sich den alten Mantel und ging.
Unten in der Stube saß Phillip. Er hatte den Kopf auf den
Armen gebettet und schnarchte. Die Flasche Branntwein
hatte er vollständig geleert, die Schüssel Brei aber nicht
angerührt. Ohne ihn aufzuwecken, nahm sich Willet den
alten
Hut
von
der
Kommode
und
griff
sich
ein
Küchenmesser. Anschließend machte er sich allein auf den
Weg.
*
Es war längst später Vormittag. Die Gassen waren voller
Leben und er zog Phillips Hut noch tiefer ins Gesicht. Von
jetzt
ab
musste
er
vorsichtig
sein.
Selbst
hier
im
Armenviertel.
Die Blicke, die ihn trafen, waren unauffällig. Die meisten
hier hatten genug eigene Plagen und gingen ihren kleinen,
täglichen Geschäften nach.
Ohne aufzusehen
folgte Willet dem Menschenstrom.
Er
hatte ein Ziel. Und der Hafen kam näher.
Bald schon
schlug ihm
salziger Seewind entgegen.
Von
weitem konnte er kleine Fischerboote sehen.
Auch große Schiffe lagen vor Anker und schaukelten am
Rande des Hafenbeckens.
Doch eines fiel ihm ins Auge. Ein großer Dreimaster mit
blutroten
Segeln.
Aber nicht,
weil er
so imposant
war,
sondern weil er ihn kannte.
Es war die „Harpyie!“
In
seinem
Inneren
sah
er
plötzlich
Bilder.
Ein
dunkelhäutiger Mann brüllte auf ihn ein. Sein Gesicht war
bemalt und in seinen Händen hielt er einen blutigen Speer.
„Lauf weg!“, rief er, „lauf!“ Es war so erschreckend wie
damals und im selben Atemzug so real.
Willet war wie gelähmt
Sein Herz schlug schnell. Er suchte Schutz im Schatten der
Gasse.
Jeder kannte Kapitän Sahim. Unter den Seeleuten nannte
man ihn den Menschenfresser.
Während Unruhen auf See, hatte er seine Gefangenen an die
Mannschaft verfüttert.
Es musste einen Grund für seine Ankunft geben, einen
guten. Doch ihm blieb keine Zeit mehr um nachzudenken.
Die Turmuhr schlug bereits Mittag.
Im
Zenit
der
Mittagssonne spazierte eine uniformierte
Person über den Kai. Sie war ungewöhnlich groß und ihre
Körperhaltung aufrecht. Der Blick des Mannes schweifte
umher. In seiner Nähe standen zwei große Matrosen. Das
musste sie sein, seine Verabredung.
Er musste es irgendwie durchziehen.
Willet gab seine Position auf und bewegte sich auf den
Soldaten zu. Er war sehr aufmerksam, darauf bedacht sein
Gesicht
im
Schatten
der
Hutkrempe
zu
halten.
Die
Tatsache, dass er sich die letzten vier Tage nicht rasiert
hatte, war nicht nachteilig. Der Uniformierte musterte ihn
mit großem Misstrauen.
„ Ihr habt die bessere Verkleidung, Majestät“, attestierte er
dem König, „ aber eure
beiden
Männer sind auch nicht
schlecht.“
„Was wollt ihr?“, fauchte Ethnagard, „ mich etwa zum Narren
halten?“
„ Gehen wir ein paar Schritte, mir gefällt die Gesellschaft
nicht.“
Der König schwieg und folgte ihm langsam den Kai entlang.
Die Matrosen folgten ebenfalls, wenn auch mit einigem
Abstand.
„ Der Syrer war ein Mann von Ehre“, bemerkte Ethnagard, „ er
hätte mich niemals zu diesem Kostümball heraus gefordert.“
„Dafür ist euer Geheimdienst verantwortlich“, entgegnete
Willet, „ ihr habt vermutlich schon von dem Vorfall gehört.“ Des Königs Miene erblasste., „ Ich habe die verantwortliche
Person gestellt und ihr die weitere Befugnis entzogen“, erklärte er, „ sie hat nichts mehr damit zu tun.“
„Mag sein, aber der Schaden für des Syrers Tochter ist groß.
Man hat versucht,
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