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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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seine Stimme klang hell und kalt.
    Dann schwieg er.
    Die Herren sahen erwartungsvoll aus und nickten ernst.
    »Und der Kaiser«, sprach er langsam weiter, die Stirn in Falten gelegt, »ist nicht nur der Kaiser, sondern auch das Gesetz. Und das Gesetz ist streng. Also ist der Kaiser streng.«
    Der kaiserliche Geheimschreiber nickte - diese Worte drückten das Kaisertum ziemlich genau aus. Man könnte es besser sagen, dachte Eginhard weiter, weil er es gewohnt war, den Kaiser kritisch zu beobachten - aber man könnte es nicht kürzer sagen.
    Der Kaiser schwieg und suchte nach Worten. Dann sagte er: »Nun haben wir hier einen besonderen Fall, der in der Geschichte sicher sehr selten vorgekommen ist.«
    Er ist vorgekommen, dachte Eginhard, natürlich ist er vorgekommen. Alles ist schon einmal vorgekommen, aber ich weiß im Augenblick nicht, wann und wo. Aber es ist sicher schlecht ausgegangen. Solche Dinge gehen nie gut aus -
    »Das Besondere an unserem Fall«, fuhr der Kaiser fort, »ist, dass der Kaiser hier nicht nur das Gesetz, sondern auch der Vater ist. Das Gesetz ist streng. Aber muss deshalb auch der Vater streng sein? Meine Lieben und Getreuen«, richtete er das Wort an die fürstlichen Richter, »ihr könnt mir hier nicht raten.«
    Er sprach bedachtsam weiter: »Wenn es das Glück meiner Tochter betrifft, bin ich dann nur noch der Vater? Oder immer noch auch das Gesetz?« Völlige Stille in dem riesigen Saal. »Das Gesetz muss«, überlegte er laut weiter, »manchmal unmenschlich sein, damit es menschlich zugeht auf der Welt - es bleibt darum aber immer noch das Gesetz. Aber ein unmenschlicher Vater? Bleibt der immer noch ein Vater?«
    Er schwieg und sah die beiden lange an: »Ich glaube kaum. Und muss ein Kaiser, also das Gesetz, nicht immer auch ein wenig ein Vater sein?«
    Er wandte sich an Imma: »Liebst du ihn, meine jüngste Tochter? «
    Sie weinte laut.
    »Und du Eginhard, mein Geheimschreiber, Diplomat, Baumeister, Leiter der kaiserlichen Hofschule und Schüler des großen Alkuin, liebst du sie?«
    »Lieber Herr«, sagte Eginhard.
    »Kinder, das will ich euch auch geraten haben, und bis an euer Lebensende«, sagte der große Karl. Und er lächelte.
     
    Es ist ein Märchen, nur ein Märchen.

DIE APOKALYPTISCHEN REITER
    Ende des neunten Jahrhunderts: Die Nachfolger Karls des Großen sind schwach. Zu schwach, um das riesige Reich zusammenzuhalten und es zu schützen. Mitteleuropa liegt wehrlos da, in sich zerstritten. Und es kommt nicht zur Ruhe: Zuerst fallen, von Norden kommend, die Wikinger über die Küstenbewohner her, fahren die Flüsse hoch ins Land hinein und plündern Städte und Klöster. Kaum hat man sie notdürftig zufrieden gestellt mit Beute und Macht, da ziehen von Südosten her Reiterscharen ins Land mit Feuer und Schwert. Die Ungarn! Zeichen des Untergangs der Welt, Werkzeug der Vernichtung - so erscheinen sie den Überfallenen. Wer noch atmet, liegt auf den Knien und betet um Vergebung seiner Sünden -
    In dieser Not wird Heinrich, der Herzog der Sachsen, zum König gewählt. Er lässt Burgen bauen und stellt eine Sturmtruppe von Panzerreitern auf. In Riade an der Unstrut kann er im Jahre 933 den Mordbrennern Einhalt gebieten. Aber bald sind sie wieder da - schlimmer als zuvor. Heinrichs Sohn Otto will sie endgültig besiegen und vertreiben, gleichzeitig will er mit einem Sieg seine Macht im Reich festigen und sichern gegen aufständische Fürsten.
    Die unsicheren Zeiten sind ein Nährboden für blutige Machtkämpfe. Ottos eigener Bruder Heinrich - nach dem Vater benannt - will die Königsherrschaft erringen und zettelt mehrere Aufstände an, die König Otto jedoch grausam unterdrückt. Schließlich versöhnen sich die Brüder, Heinrich wird als Herzog von Bayern eingesetzt - allerdings muss dafür der bisherige bayerische Herzog Berthold seinen Platz räumen, und das wird Folgen haben -
    Inzwischen sind die Ungarn nicht untätig. Ihr mörderisches Heer steht vor Augsburg, und alles drängt zur entscheidenden Schlacht, sollen die Reiterhaufen nicht bald ganz Deutschland überziehen. Es steht auf Messers Schneide, und das will sich Berthold von Reisensburg, aus der Familie des abgesetzten Herzogs von Bayern, zunutze machen. Ein Bote, von ihm ausgesandt, ist auf dem Weg zu den Ungarn, zu der von ihnen belagerten Stadt Augsburg. Sein Auftrag - das Verderben.
    Bin ich wirklich ein Verräter gewesen? Es kam alles so anders, als ich es erwartet hatte.
    Nebelhaft stellte ich mir schon früh am

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