Auracle - Ein Mädchen, zwei Seelen, eine Liebe (German Edition)
Stückchen, und als ich meinen Kopf neige und den Mund aufmache, treffen sich unsere Augen und er wird rot. Ich würde am liebsten über den Kuss am Wasserfall reden, aber allein bei dem Gedanken daran verfärben sich meine Wangen.
Wir essen unseren Salat und die Wassermelone und verschieben das Aufräumen. Dann reden wir über alle möglichen Dinge,die rein gar nichts mit den letzten beiden Wochen zu tun haben. Beiläufige Sachen. Witzige Sachen. Es fühlt sich so gut und normal an, so als wäre alles wieder beim Alten, jetzt wo Seth wieder frei ist.
Plötzlich fliegt Reis Wasserglas vom Tisch und zerschellt auf den Keramikfliesen in tausend kleine Stücke.
»Ups«, Taylors Stimme kommt von rechts. Hinter Rei erscheint ihr Umriss. »Was gibt es zu essen? Ach, das kann mir ja egal sein, schließlich können Tote nichts essen!«
Rei wirbelt herum. »Verdammt«, murmelt er. »Wo ist das Licht, das du letzte Nacht geschickt hast?«
»Oh nein, das wagt ihr nicht!«, brüllt Taylor, und alles im Raum beginnt sich zu bewegen, als sie einen kleinen Tornado durch die Küche wirbeln lässt. Teller, Gläser, Besteck und Wassermelonenschalen sausen um unsere Köpfe und krachen gegen die Wände.
Rei steht auf, zieht mich ganz nah an sich und schützt meinen Kopf mit seinen Händen. »Wie zur Hölle macht sie das nur? Du konntest nie so schwere Dinge bewegen.« Einer seiner Arme hebt sich und er wehrt ein Geschoss ab.
»Was war das?«, frage ich gegen seine Brust gedrückt.
»Der Mixer.«
Rei hat recht. Ich hätte nie etwas so Schweres wie einen Mixer bewegen können und ich konnte auch keinen Tornado heraufbeschwören. In meinem Körper war sie wenigstens eingesperrt. Jetzt ist es, als wäre ein Nest voller wütender Wespen auf Rachefeldzug. Rei versucht den Lärm zu übertönen und Taylor zur Vernunft zu bringen. Plötzlich krümmt er seinen Rücken und stößt meinen Kopf nach hinten.
Alles wird sehr still.
»Rei?«, frage ich vorsichtig. Mit starren Augen sieht er mich an. »Rei!«
»Oh scheiße!« Taylor erscheint neben Rei. »Scheiße, das war ein Unfall!«
Warum atmet er nicht? »Rei? Bist du okay? Atme!«
»Ich schwöre, ich wollte das nicht!«, wiederholt Taylor.
Ich sehe nach, was es ist, das Taylor nicht tun wollte. Das verdammte Wassermelonenmesser steckt zwischen Reis Schulterblättern.
»Oh Gott!« Die Klinge muss um die 30 Zentimeter lang sein, aber das Messer steht circa 15 Zentimeter aus seinem Rücken hervor. Jede meiner Zellen will in Panik verfallen. Rei war in Krisen immer der Ruhige, nicht ich. Aber jetzt muss ich einen kühlen Kopf bewahren. Ein Krankenwagen! Wir brauchen einen Krankenwagen. Rei greift nach hinten und will den Messergriff packen. »Nein! Nein! Zieh es bloß nicht heraus … «
Zu spät. Sein nächster Atemzug geht rasselnd. Überrascht starrt er auf das blutige Messer. Ich versuche ihm das Messer aus der Hand zu nehmen, aber er schüttelt den Kopf. »Fass es nicht an«, krächzt er. »Ich will nicht, dass deine Fingerabdrücke drauf sind.«
»Warum nicht?« Ich greife ein Geschirrtuch und presse es fest auf die Wunde, um die Blutung zu stoppen, während ich ihn zu einem Stuhl dirigiere. Das dämliche Geschirrtuch ist in kürzester Zeit blutgetränkt. Wie soll ich ihn in diesem Moment alleinlassen, um einen Krankenwagen zu rufen?«
»Ich schwöre, ich wollte wirklich niemanden verletzen. Ich wollte nur … «
»Dann mach was Sinnvolles«, schnauze ich Taylor an. »Finde in dem Durcheinander das Telefon, damit ich einen Krankenwagen rufen kann!«
Beruhige dich, Anna, sage ich mir selbst. Ich kann Rei nicht helfen, wenn ich ausflippe.
»Kannst du es sehen? Wie schlimm ist es?«, fragt Rei mit brüchiger Stimme.
»Es ist … ich weiß es nicht. Ich ziehe dir das T-Shirt aus, damit ich es besser sehen kann.« Meine Stimme, meine Hände, alles zittert. Ich zerre sein T-Shirt über seinen Kopf und knülle es zu einem Bündel, um mehr Druck auf die Wunde auszuüben.
»Ich glaube, es hat einen Lungenflügel durchstoßen.« Er hat Mühe zu sprechen.
»Schhh. Taylor sucht nach dem Telefon, damit wir Hilfe holen können«, sage ich. Dann rufe ich: »Taylor, wo ist das verdammte Telefon?«
»Ich kann es nicht finden!« Sie wühlt sich durch das Durcheinander und macht dabei alles noch schlimmer.
»Benutz meins. Es ist in meiner Tasche.« Rei bewegt sich, um das Handy herauszuholen, aber ich stoppe seine Hand. Seine Finger sind eiskalt.
»Ich hole es raus.« Ich fasse in seine
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