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Aurora

Aurora

Titel: Aurora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Harris
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Abstand um ihn herumstanden und ihn respektvoll betrachteten.
    Der Russe wurde wach und bewegte den Kopf. Er schlug mit der Hand irgend etwas aus seinem Gesicht, öffnete blinzelnd die Augen. Er sah, daß er betrachtet wurde, reckte sich und streckte behutsam den Rücken. Jemand im Wagen begann zu klatschen, und der Applaus wurde von anderen aufgegriffen und verbreitete sich bis hinaus auf den Bahnsteig, wo sich Leute ans Fenster drängten, um ihn zu sehen. Der Russe schaute sich um, die Angst in seinen Augen verwandelte sich in Verblüffung. Ein Mann nickte ihm ermutigend zu, lächelte, klatschte, und er erwiderte langsam das Nicken, als finge er ganz allmählich an, ein seltsames, fremdes Ritual zu begreifen, und dann begann er seinerseits, leise zu klatschen, was die Lautstärke der Beifallsbekundungen beträchtlich erhöhte. Er nickte bescheiden, und Kelso kam der Gedanke, daß er auf diesen Moment dreißig Jahre lang gewartet haben mußte. Wirklich, Genossen, schien seine Miene zu besagen, ich bin nur einer von euch – ein einfacher Mann, ziemlich ungeschliffen –, aber wenn es euch Spaß macht, mich zu verehren…
    Er war sich offenbar nicht bewußt, daß Kelso ihn beobachtete – der Historiker war in der Menge nur ein Gesicht von vielen –, und einen kurzen Moment später machte Kelso kehrt und bahnte sich den Weg durch die aufgeregte Menge.
    Er konnte kaum einen klaren Gedanken fassen.
    Der Russe mußte in Archangelsk in den Zug gestiegen sein, unmittelbar nach ihnen – das war denkbar, wenn er ihrem Beispiel gefolgt war und ein Auto angehalten hatte. Da kam Kelso noch mit. Aber bei dem, was er gerade gesehen hatte?
    Er stieß mit einer Frau zusammen, die sich grob durch den Gang drängelte, beladen mit zwei Tragetaschen, einer roten Fahne und einer alten Kamera.
    »Was ist los?« fragte er sie.
    »Haben Sie es noch nicht gehört? Stalins Sohn ist im Zug! Es ist ein Wunder!« Sie konnte nicht aufhören zu lächeln. Einige ihrer Zähne bestanden aus Metall.
    »Und woher wissen Sie das?«
    »Es kam im Fernsehen«, sagte sie, als wäre damit alles klar.
    »Die ganze Nacht! Und als ich vor dem Fernseher aufgewacht bin, hat man sein Bild immer noch gezeigt, und es hieß, er ist im Zug nach Moskau gesehen worden!«
    Jemand stieß sie von hinten an, und sie wurde gegen ihn gedrängt. Er kam mit dem Gesicht sehr nahe an ihres und versuchte, sich von ihr zu lösen, aber sie klammerte sich an seinem Arm fest und musterte ihn eingehend.
    »Aber Sie«, sagte sie, »Sie müssen doch alles wissen! Sie waren im Fernsehen und haben gesagt, daß es wahr ist!« Sie umschlang ihn mit ihren dicken Armen. Ihre Tragetaschen schlugen ihm in den Rücken. »Danke. Danke. Es ist ein Wunder!«
    Er konnte hinter ihrem Kopf ein grelles weißes Licht sehen, das sich den Bahnsteig entlangbewegte, und er drängte sich an ihr vorbei. Ein Fernsehscheinwerfer. Fernsehkameras. Große graue Mikrophone. Techniker, die rückwärts gingen und übereinander stolperten. Und inmitten des ganzen Chaos, zielstrebig und selbstsicher, von einer Phalanx aus Leibwächtern in schwarzen Jacken umgeben, war Wladimir Mamantow.
    Kelso brauchte einige Minuten, um sich zwischen den Leuten bis zum Abteil hindurchzuzwängen. Als er die Tür öffnete, wendete O’Brian ihm gerade den Rücken zu und schaute aus dem Fenster. Beim Geräusch von Kelsos Hereinkommen drehte er sich rasch um und hob die Arme mit den Handflächen nach oben – vorsorglich, schuldbewußt, entschuldigend.
    »Also, ich habe wirklich nicht gewußt, daß das passieren würde, Fluke, das schwöre ich Ihnen… «
    » Was haben Sie getan?«
    »Nichts… » »Was haben Sie getan?« schrie Kelso ihn an.
    O’Brian zuckte zusammen. »Ich habe die Story durchgegeben«, murmelte er.
    »Sie haben was getan?«
    »Ich habe die Story durchgegeben«, sagte er jetzt zuversichtlicher. »Gestern, vom Flußufer aus, während Sie in der Hütte mit ihm geredet haben. Ich habe die Aufnahmen auf drei Minuten und vierzig Sekunden zusammengeschnitten, sie mit einem Kommentar unterlegt, sie in digitale Form gebracht und über den Satelliten gesendet. Ich war schon gestern abend nahe daran, es Ihnen zu sagen, aber ich wollte Sie nicht wütend machen…«
    »Mich wütend machen?«
    »Regen Sie sich nicht auf, Fluke. Schließlich war es keineswegs sicher, ob die Story durchkommen würde. Die Batterie hätte versagen können oder so etwas. Die Geräte hätten beschädigt sein können…«
    Kelso hatte größte Mühe,

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