Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
Hotelmeldescheine in Kiel
zur tatkritischen Zeit mit in die Überprüfung einbeziehen“, warf Haller ein.
„Richtig, nur dass wir den Zeitraum bis zur
Festnahme ausdehnen. Und wenn sich unser Freund vor kurzem in einem Hotel
aufgehalten hat, wird Herr Gerber dort, eine zackige Spurensuche veranlassen,
okay Hagen?“
„Geht klar, Dag“.
„Gut, dann werde ich mal Wolff die Reisekosten
für Berlin aus dem Kreuz leiern“.
Hanson wurde sofort zu Wolff vorgelassen. Er saß
hinter seinem Schriebtisch und telefonierte. Über seinem Haupt hing eine dicke
Rauchschwade. Seine geliebte Pfeife hing ihm im linken Mundwinkel. Genüsslich
paffte er immer dickere Schwaden in die Luft. Dann wies er Hanson mit einem
Fingerzeichen an, sich zu setzen.
Aufmerksam hörte sich Wolff Hansons Forderungen
an, grunzte mehrmals zufrieden vor sich hin, schmauchte seine Pfeife weiter.
Die Luft wurde dick und dicker.
„Okay, Dag, alles kein Problem, ich werde die
Zahlstelle anweisen, ihnen das Geld anzuweisen. Reichen fürs erste Tausend Mark
pro Person?“
Donnerwetter, dachte Hanson, das war ja leichter
als gedacht.
Dann stemmte sich Wolff mit beiden Armen von
seiner Schreibtischplatte hoch und stand ruckartig auf, sein Ledersessel rollte
fast einen Meter zurück, mit auf den Rücken verschränkten Armen ging er zum
Fenster und schaute völlig regungslos auf die Straße.
Hanson erschrak.
Später würde er sich nicht mehr erinnern, ob er
über die plötzliche Bewegung des Präsidenten oder über das Gesagte erschrocken
war.
Langsam, ganz langsam drehte sich Wolff um.
Vor dem Fenster, im hellen Gegenlicht, sah
Hanson nur seine Silhouette; in seinem Gesicht war kein Minenspiel mehr
wahrnehmbar.
Ein alter Vernehmungstrick, dachte Hanson.
Beschuldigte sitzen immer mit dem Gesicht zum Licht, so dass jede kleinste
Regung, jedes Zucken eines Gesichtsmuskels, jedes Erröten aber auch jede Blässe
vom Vernehmungsbeamten registriert werden kann. Was hatte Wolff vor?
„Nun spitzen Sie mal die Ohren“, eröffnete Wolff
das Gespräch mit einer pastoralen, fast schon feierlichen Stimme.
„Dag, seit dem Tode Ihrer Frau geht es mit Ihnen
bergab, Sie verschlampen immer mehr, Ihr Äußeres lässt sehr zu wünschen übrig.
Andererseits sind Sie mein bester Mann. Sie erinnern sich, in Wiesbaden sagte
ich Ihnen, dass ich Großes mit Ihnen vorhabe. Nun ist es soweit“.
Nun ist es soweit, hörte Hanson immer wieder,
wie ein ständiger Widerhall in diesem riesigen Zimmer.
„Sie wissen, die Stelle des Amtsleiters der
Kriminalpolizei ist seit Monaten durch Krankheit des Amtsinhabers unbesetzt.
Sie wird auch weiterhin vakant bleiben, weil der Kriminaldirektor infolge
seiner schweren Krankheit vorzeitig in den Ruhestand gehen wird“.
Als wollte er das Folgende besonders
unterstreichen, legte Wolff eine Pause ein und fuhr fort:
„Dann Dag, möchte ich Sie auf den Stuhl des
Kriminaldirektors hieven, erst kommissarisch, später mit einer festen
Planstelle. Sie sind nach meiner Einschätzung die Idealbesetzung für diesen
Posten. Dag, die notwendige Trittsicherheit erhalten Sie, wenn Sie in die
Schuhe, die Ihnen noch ein wenig groß erscheinen, hineingeschlüpft sind. Es
wird schneller geschehen, als Sie es sich vorstellen können.
Der Klang seiner Stimme wurde nun schneidender,
seine Sätze waren schärfer formuliert:
„Als Kriminaldirektor in spe stehen Sie
natürlich im Blickfeld aller erdenklichen Entscheidungsträger. Tun Sie sich und
mir einen Gefallen, achten Sie mehr auf Ihr äußeres Erscheinungsbild! Reißen
Sie sich zusammen. Seit Hellens Tod haben Sie die Orientierung verloren, Sie
lassen sich gehen und legen auf Ihre Kleidung keinen Wert mehr. Oft riechen Sie
ein wenig streng, männlichherb sozusagen. Das muss sich ändern, klar. Das
Leben, ihr Leben geht weiter. Geben sie ihrem Dasein eine andere Richtung und
brechen sie den kleinen schmuddeligen Kosmos, in den sie sich zurückgezogen
haben, auf, sonst verspielen Sie ihren letzten Kredit, auch bei mir. Als
Kriminaldirektor sind Sie ein Aushängeschild und können nicht in einem solchen
Outfit daher kommen. Ich kann Sie nur für diesen Posten vorschlagen und einige
entscheidende Weichenstellungen vornehmen und versuchen, ihre Position zu
stärken. Aber letztendlich entscheidet nur die Politik im Kieler
Innenministerium über eine so hochkarätige Neubesetzung“.
Hanson war unsicher. Sollte er erstaunt tun und
eine freudige Überraschung erkennen lassen oder seine gewohnte
Weitere Kostenlose Bücher