Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
Eile
drängen.
„Wenn ich ihre Gesten richtig deute, Herr
Semskew, waren ihre Bemühungen erfolgreich. Oder?“, schaltete sich Gerber ein.
„Drei Familien teilen sich in der Villa den
Telefonanschluß. Ein altes Mütterchen namens Olga hat den Anruf
entgegengenommen. Von den anderen Bewohnern war keiner daheim. Diese Olga habe
nur deshalb den Anruf angenommen, weil eine gewisse Frau Schukowa schon lange
keine Nachricht mehr von ihrem Mann, dem ehemaligen Obersten, erhalten habe.
Frau Schukowa sei in großer Sorge, ihr Mann soll sehr krank und schon seit
mehreren Tagen in Berlin sein und sich nur selten melden“.
Bingo, dachte Hanson, du bist doch nicht so dumm
wie du dreinschaust. „Haben Sie auch erfahren, in welcher Waffengattung der
Oberst Schukowa diente?“
„Schukow, nicht Schukowa. In der russischen
Grammatik endet bei Frauen der Familienname immer mit einem „a“. Der Oberst
Schukow war beim KGB, wie mir Mütterchen Olga beteuerte“.
Hanson konnte es nicht glauben. „Beim KGB?, sind
Sie sicher?“
„Mein Herr, wenn ich auch die deutsche Sprache
noch nicht flüssig zu schwatzen vermag, beherrsche ich meine Muttersprache
perfekt und kann Ihnen versichern, der Oberst war laut Olgas Aussagen beim KGB.
Sie war nur deshalb so redselig, weil ich sie habe glauben lassen, ich sei von
der Obrigkeit. Ältere Russen sind noch stalinistisch geprägt und verfallen dann
in einen Gehorsamsreflex und erstarren in Ehrfurcht“.
Gerber schaute Hanson verblüfft an. „Mensch,
Dag, langsam kriegen wir die Kurve“.
„Ja, alles erscheint jetzt in einem völlig
anderen Licht“.
„Genau, die Beleuchtung scheint nun aus der
richtigen Ecke zu kommen. Gleichwohl, ich erkenne noch keinen scharfen Schattenriss.
Warum, Dag, ist der Staatssekretär ermordet worden?“
„Hagen, dieses Warum treibt mich seit Wochen um“
„Meine Antennen, Dag, signalisieren mir Gefahr“.
„Aber jetzt wissen wir, wer sich mit uns
angelegt hat. Und das Warum, Hagen, macht die Sache doch um so spannender.
Oder?“
„Stimmt“.
Kapitel 31
Berlin, Hotel Ambera, Samstag, 29.04.1995, 21.55
Uhr
Schukow war mit sich zufrieden. Alles hatte
bestens geklappt. Mit dem zurückgewonnenen Geld aus dem Kieler „Honigtopf“ war
seine Krebsoperation bezahlbar geworden. Er hatte es in zwei gleiche Teile
gesplittet und es vorgestern bei verschiedenen Berliner Bankinstituten in zwei
Schließfächern deponiert. Das Schließfach bei der Deutschen Bank war unter
seinem Aliasnamen Schüßler und bei der Dresdener Bank unter dem Aliasnamen
Wagner angemietet worden. In diesem Schließfach hatte er auch die Phiole mit
dem restlichen Designergift hinterlegt. Schon aus diesem Grund, und einem
beruflichen Sicherheitsinstinkt folgend, wurden beide Schließfächer noch mit
einem Passwort belegt. Schukow wählte den Namen Kletskaja, der Ort, in dem sein
Vater 1942 gefallen war. Ohne Passwort würde kein Mensch an den Inhalt dieser
Fächer gelangen. Die zwei kleinen Zylinderschlüssel fanden ihren Weg zu den codierten
Telefonnummern in seinem Anzugssaum. Der Operationstermin war festgelegt, die
Voruntersuchungen verliefen widererwarten zufriedenstellend. Mit einer
postoperativen Chemotherapie, so hofften die Ärzte, könnte der Krebs
beherrschbar sein. Für übermorgen war eine letzte Biopsie in der Charité
angesetzt, dann stand der Operation nichts mehr im Wege. Auch die Anamnese
anderer kleiner Wehwehchen standen einer Operation nicht im Wege. Wie es
schien, war er dem Tod doch noch im letzten Moment von der Schippe gesprungen.
Ohne diesen Hit, sinnierte Schukow nun gedankenverloren in sich hinein, hätte
er die Operation nicht bezahlen können und die Löffel in wenigen Jahren abgeben
müssen. Ein Grund mehr, sich jetzt in der Bar des Ambassardors einen
gemütlichen Abend zu leisten. Mit schnellen Schritten hetzte er seinem Hotel
entgegen. Als er die Lobby betrat, wurde er von dem Personal hinter der
Rezeption überfreundlich gegrüßt. Wie leicht war es doch im Westen, sich ein
freundliches Umfeld zu schaffen, wenn man nur genügend Geld locker machen
konnte. Und das hatte er sich mit dem Geld aus dem Kieler „Honigtopf“ leisten
können. Die Rezeptzionistin winkte einen Pagen herbei. Es war derselbe, den er
gestern mit einem ansehnlichen Betrag bedachte. Von Stund an ward er nur noch
von freundlichen und zuvorkommenden Bediensteten umgeben. In Windeseile hatte
das fürstliche Trinkgeld im Hotel die Runde gemacht. Das gesamte
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