Aus den Augen (T-FLAC) (German Edition)
das Labyrinth. Sie soll über dreitausend Räume gehabt haben, verteilt auf zwei Stockwerke. Zwölf überdachte Höfe und …«
»Cooper?«
»Was?«
»Das ist mir völlig egal.«
»Ich dachte, du fändest Ägypten faszinierend.«
»Tue ich auch. Aber im Moment ist der einzige Ägypter, der mich interessiert, Raazaq. Ich will, dass er endlich auftaucht, damit wir unsere Arbeit machen und nach Hause fahren können. Wenn du dich dann immer noch für diese verfluchten Pyramiden interessierst, kannst du ja irgendwann zurückkommen, um dem Ruf deines Herzens zu folgen.«
»Schön.« Sie drehte sich wieder nach vorn. »Du weißt, dass wir unsere Zeit zusammen verbringen müssen. Ich wollte einfach freundlich sein. Aber offenbar hast du nicht die leiseste Ahnung, was das ist. Ich dachte, es wäre nett, wenn wir einander ein wenig kennen lernten. Aber, hey, denk dir nichts, ich werde einfach …«
»Du hast gesagt, du würdest den Mund halten.«
»Das tue ich doch.«
»Und wann?«
»Hast du etwas gegen Konversation?«
»Ich mag die Stille.«
»Die Stille ist mir zu laut.«
Sie verfielen in Schweigen.
Kane stellte fest, dass die Stille wirklich sehr laut sein konnte.
AJ lehnte sich an den sonnenwarmen Stein und lächelte hübsch in die Kamera - und für etwa hundert Männer, Frauen, Kinder, Pferde und Kamele, die ihnen zu den Pyramiden gefolgt waren. Raazaq tauchte besser schleunigst auf, denn AJ war nicht hier, um Model zu spielen. Nicht, dass sie es nicht gekonnt hätte. Sie war einfach nur zu Tode gelangweilt.
»Bieg den linken Arm über den Kopf.«
Sie gehorchte und dachte wieder an den Albtraum, mit hohen Absätzen und Krönchen herumzulaufen.
»Warum, zum Teufel, machst du ein so finsteres Gesicht? Dreh dich zum Arm und lächle. Könntest du das hier etwas ernsthafter betreiben? Ja, so mag ich das. Kinn ein Stück nach unten. Zu weit. Ja. Halten.«
»Ich dachte, digitale Kameras haben keine beweglichen Teile.«
»Haben sie auch nicht.«
»Für einen Kerl, der es ruhig mag, hast du eine ziemlich laute Kamera. Woher kommt all das Klicken, Surren und Piepsen?«
»So weiß ich, dass ich die Aufnahme im Kasten habe. Geh und zieh das gelbe Kleid an«, instruierte Kane sie und wechselte, während er sprach, die Kamera.
Sie trat aus dem Schatten des behelfsmäßigen Baldachins, den Kane aufgebaut hatte, und lief über den spärlichen Rasen des Parkplatzes zum Zelt, um das blaue Shorts-Outfit zu wechseln.
Trotz des batteriebetriebenen Ventilators, der auf einem kleinen Tisch stand, war es heiß im Zelt. AJ zog die Plane hinter sich zu, knöpfte die Shorts und die ärmellose Bluse auf und zog sich, vor dem Ventilator stehend, um.
Kane musste sich genauso langweilen wie sie, überlegte sie, während sie ihr Make-up prüfte (sah gut aus) und ihr Haar (schrecklich lockig).
Das gelbe Abendkleid - Badgley Mischka, hatte Kane gesagt, als hätte sie das wissen oder interessieren müssen, war aus hauchzartem zitronengelbem Chiffon. Der Rock bestand aus mehreren Meilen Volant, das Oberteil aus heftpflasterartigen, praktisch durchsichtigen Seidenstreifen über der Brust, die Rücken und Bauch frei ließen.
AJ hätte ihre nächsten fünf Gehälter dafür gegeben, um ihre Lieblingsjeans und dazu ein T-Shirt anziehen zu können. Sie seufzte, ging wieder hinaus und lüpfte den Saum des fragilen Gewandes hoch, während sie - immer noch mit Stiefeln an den Füßen - über den sandigen Parkplatz lief.
Die Kinder balgten sich um den Platz an ihrer Seite und plapperten beim Laufen. AJ lächelte nur und bedeutete ihnen, dass sie nicht verstand, was sie sagten. Es war leichter, die eine oder andere Information aufzuschnappen, wenn die Leute dachten, man verstünde sie nicht.
Die Strategie kam AJ entgegen, denn sie verstand tatsächlich hie und da ein Wort. Arabisch war eine wichtige Sprache. Unglücklicherweise hatte AJ kein Ohr für Sprachen und war in ihrer Klasse die Zweitschlechteste. Sie würde härter an sich arbeiten, sobald sie zurück war. Kanes Fremdsprachenkenntnisse waren phänomenal.
Sie sah Kane, an die hundert Meter entfernt, mit der Kamera hantieren und den weißen Schirm ausrichten, um das Licht besser zu reflektieren. Er trug ein langärmeliges, kragenloses grünes Baumwollhemd. Der anliegende Schnitt betonte die breiten Schultern und den flachen Bauch. Die braunen Hosen, die in schweren Stiefeln steckten, unterstrichen die langen Beine und den festen Hintern. Sein zerzaustes Haar wirkte im Sonnenlicht
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