Aus der Spur

Scott Gilpin « stand auf seinem Namensschild.
    » Detective Chang? Mann, bin ich froh, dass Sie so schnell kommen konnten. «
    Chang war es gewohnt, erkannt zu werden. Der Staat Delaware war im Grunde nicht viel mehr als eine übergroße Kleinstadt. Außerdem war Chang der Einzige in der Mordkommission der State Police mit einem asiatischen Stammbaum. Dieser Umstand war seinem Bekanntheitsgrad nicht gerade abträglich.
    » Was ist passiert? « , fragte Chang und ließ seinen Blick durch den Verkaufsraum gleiten. Zwei Füße in Sandalen ragten hinterder Ladentheke hervor. In der Luft hing das Aroma von zu lange gekochtem Kaffe und Hotdogs. Es mischte sich mit dem unverwechselbaren Blutgeruch, der an Kupfer erinnerte.
    » Ein Typ, der sich hier einen Becher Kaffee kaufen wollte, hat die Leiche gefunden und die Polizei gerufen. Ich wurde losgeschickt, um die Sache zu überprüfen, und… Nun ja, sehen Sie selbst. « Gilpins Gesicht war aschgrau, und Chang vermutete, dass der Junge normalerweise mehr mit Falschparkern als mit Leichen zu tun hatte.
    Als Chang einen Blick über die Ladentheke warf, drang ihm Zitrusduft in die Nase. Das Opfer war männlich, indischer Abstammung, nicht größer als 1 , 70 m und um die 70 Kilo schwer. Zwei Schüsse hatten den Mann ins Gesicht getroffen. Der geringen Größe der Einschusslöcher nach zu urteilen, stammten sie wahrscheinlich von einer Pistole. Chang konnte mindestens eine größere Austrittswunde erkennen. Aber das war noch nicht alles. Changs Herzschlag beschleunigte sich.
    Auf dem Gesicht des Opfers lag eine zerquetschte Zitrone. Der aromatische Fruchtsaft hatte sich mit geronnenem Blut vermischt. Chang machte sich daran, seine Tatortfotos zu schießen.
    » Haben Sie so was schon mal gesehen, Sir? In New York vielleicht? «
    » Nein. Was ist mit dem Geld aus der Kasse? « Chang bewegte sich um die Theke herum, damit er die Leiche aus verschiedenen Winkeln fotografieren konnte. Seinem schnellen Herzschlag zum Trotz zwang er sich, langsam und gleichmäßig zu atmen.
    » Ja. Die Kasse ist leergeräumt. Also hab ich natürlich zuerst an einen Raubüberfall gedacht. Aber dann ist mir diese Zitrone aufgefallen. Das passt doch nicht zusammen. «
    » Was ist mit dem Video von der Überwachungskamera? «
    » Hol ich Ihnen. Bin gleich wieder da. « Gilpin ging zum Hinterzimmer.
    » Warten Sie, ich komme mit. Der Kerl hatte es bestimmt eilig, nachdem er so viel Zeit mit der Zitrone verschwendet hatte. « Die Frucht roch nicht verfault. Der Mörder hatte also einiges an Kraft aufwenden müssen, um die Zitrone zu Mus zu zerquetschen.
    Im Hinterzimmer stapelten sich Plastikbecher und ähnlicher Kram auf dem Boden. Als Chang den Videorekorder für die Überwachungskamera entdeckte, sah er auf den ersten Blick, dass die Kassette fehlte. Also hatte der Mörder einen klaren Kopf behalten. Hatte er seine Tat im Voraus geplant?
    » Gilpin! «
    » Ja, Sir? «
    » Versuchen Sie, die Videokassette zu finden. Sehen Sie in den Mülltonnen nach. Man weiß ja nie, vielleicht haben wir Glück. «
    » Schon unterwegs, Sir. «
    Chang war klar, dass es nicht wirklich zum guten Ton gehörte, Polizisten aus anderen Abteilungen zum Herumwühlen in Mülltonnen zu verdonnern. Aber Gilpin schien intelligent genug zu sein, um zu kapieren, dass es seiner Karriere nur förderlich sein konnte, einen entscheidenden Beitrag zur Lösung eines Mordfalles zu leisten.
    In der Zwischenzeit musste Chang die Zeugenaussage des Mannes aufnehmen, der die Leiche gefunden hatte. Er schlenderte zu dem zweiten Einsatzwagen der Stadtpolizei hinüber, in dem der Zeuge saß und von einem Officer namens Burris bewacht wurde. Letzterer war fast so groß wie Chang selbst und machte einen gewichtigen Eindruck. Das lag vor allem an seinem Speckbauch.
    Burris streifte Changs Dienstausweis mit einem kurzen Blick. » Oh, welch eine Freude, die Kavallerie ist da. Endlich ein Profi! Da fühle ich mich gleich viel sicherer. « Seine Augen wanderten zu Changs Hals. Zu seiner Narbe. » Haben Sie ’nen Schwertkampf verloren, oder was? «
    Chang spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Er hatte keine Ahnung, ob der Zeuge im Streifenwagen Burris hören konnte oder nicht. Chang stand nun so nah vor dem anderen Polizisten, dass er die Knoblauchdämpfe riechen konnte, die Burris verströmte.
    » Wer sagt denn, dass ich verloren habe? Hat der Mann im Wagen auch einen Namen? «
    Burris trat einen Schritt zurück und hielt Chang ein Klemmbrett unter