Aus heiterem Himmel: Ein Südstaaten-Krimi von TrueBlood-Autorin Charlaine Harris (Aurora Teagarden) (German Edition)
diese Aufgabe bestimmt hatte. Auch Arthur hatte ihm diese letzte Ehre erweisen sollen, war aber durch seine Verletzung verhindert und wurde durch Paul ersetzt.
Der Sarg blieb nach der Ansprache des Pfarrers geschlossen, wahrscheinlich war es dem Bestatter nicht gelungen, Jack angemessen zu rekonstruieren. Anstatt also am Verstorbenen vorbei zu defilieren und ihn uns noch einmal anzusehen – ein Ritual, auf das ich gut verzichten konnte –, gingen wir alle zu unseren Wagen und brachen zum Shady Rest Friedhof auf. Martin und ich fuhren getrennt, obwohl es mit dem Parken auf dem Friedhof nicht ganz so einfach werden würde. Ich mochte meinen Chevette nicht bei der Western Hill Church stehen lassen, die nicht gerade auf meinem Heimweg lag.
Als der kurze Gottesdienst am Grab zu Ende war, standen Martin und ich in der Frühlingssonne, während die Absätze unserer Schuhe in den vom Regen aufgeweichten Boden einsanken. Die Sargträger legten ihre Anstecksträußchen auf den Sarg, was den Pfarrer daran erinnerte, dass er das ja auch noch tun musste.
Der Bestatter, ein schlanker blonder Mann, den ich noch nie gesehen hatte, beugte sich zu Bess, um ihr etwas zuzuflüstern. Bess schreckte aus ihren Gedanken auf, nickte und erhob sich. Damit war die Beerdigung offiziell beendet.
Die meisten Teilnehmer brachen sofort auf, sie wollten wohl ihre normalen sonntäglichen Tätigkeiten wieder aufnehmen.
Romney Burns ging herum und begrüßte alle, die sie noch kannte, während ihre Mutter sich leise mit dem Pfarrer unterhielt. Ich stellte Romney Martin vor, und wir unterhielten uns ein wenig steif über den Tag und den Gottesdienst. Das junge Mädchen wirkte wie betäubt, schien gar nicht richtig da zu sein. Sie tat mir sehr leid.
Jack Junior stand mit wütend verzogenem Gesicht abseits von allen, schaute hinaus auf die Felder und rauchte eine Zigarette. Er schien sich in einem unberechenbaren Zustand zu befinden, ich wollte lieber einen Bogen um ihn machen.
Jacks Verfassung war allerdings wohl nicht allen Anwesenden aufgefallen, denn gerade legte Faron Henske dem Jungen eine große, braune Hand auf die Schulter. Eine bestimmt tröstlich gemeinte Geste, aber Jack zuckte davor zurück. Er warf seine Zigarette fort, und dann war es endgültig um seine Fassung geschehen. Jeder, der gerade zu ihm hinschaute, konnte sehen, wie er in die Luft ging, und wir zuckten gemeinsam zusammen.
Der Wagen des Pfarrers fuhr bereits vom Friedhof und hatte den Haupteingang schon passiert. Der Mann hätte wirklich einen Moment länger bleiben können.
„Einer von euch hat es getan!“, schrie Jack laut, woraufhin auch jeder, der den Ausbruch nicht hatte kommen sehen, erstarrte. Der arme Faron wirkte kreuzunglücklich, er befürchtete wohl, diesen Sturm entfesslt zu haben.
„Jemandem, den er nicht kannte, hätte er nie den Rücken zugewandt! Einer von euch hat es getan!“
Martin blickte grimmig drein. Der blonde Bestatter, der sich nicht weit von Jack und Faron entfernt aufhielt, schien zu überlegen, ob er sich einmischen sollte, entschied sich dann aber dagegen. Daran tat er bestimmt gut, denn nun kam über den weichen Boden auch schon die einzige Person herbei, die in dieser Situation eingreifen durfte. Bess schlang die Arme um ihren Sohn. Sie hatte aufgehört zu weinen und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Ein paar Schritte abseits stand Romney, rund und sandfarben, wie es ihr Vater gewesen war. Offensichtlich war sie zu verängstigt, um sich zu Mutter und Bruder zu gesellen.
Unter unseren wachsamen Blicken wich die Spannung langsam aus Jack Junior. Die wenigen noch verblieben Menschen strebten ihren Autos zu, wobei sich alle redliche Mühe gaben, nicht allzu hastig zu gehen. Als Martin und ich uns abwandten, fing Jack gerade an zu weinen. Ein letzter Blick über die Schulter zeigte mir, wie Jack, Bess und Romney zu Jacks Auto gingen und fortfuhren.
Ich warf meinem Mann einen Seitenblick zu. Martin hasste es, mit den starken Gefühlen Fremder konfrontiert zu werden. Wenn ihm etwas noch mehr zuwider war, dann hatte ich es bisher noch nicht entdecken können. Unter anderem deswegen ging ich immer mit Angel oder Sally ins Kino.
Martin hatte die Lippen fest zusammengepresst und sah so aus, als hätte er sich am liebsten sarkastisch bei mir für den schönen Nachmittag bedankt. Er schien es sich aber gerade noch so verkneifen können.
„Tut mir leid, dass ich dir gesagt habe, wie sehr mir an deinem Kommen liegt“, sagte ich ein wenig bissig.
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