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Auschwitz

Auschwitz

Titel: Auschwitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Rees
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denselben Transporten mitfahren wie ihre Eltern. Während sie auf ihren Abtransport warten, um mit ihren Eltern wieder zusammenzukommen, wird man sie betreuen.« 12 Daß Leguay über die Absichten der Deutschen informiert war, die Kinder in Bälde ebenfalls zu deportieren, ging aus seiner Ankündigung hervor, »die Transporte mit den Kindern beginnen in der zweiten Augusthälfte«. 13 Die französischen Behörden unternahmen somit keinen Versuch, das entsetzliche Leid zu verhindern, das den Eltern und Kindern bevorstand, indem sie den Deutschen vorschlugen, die Deportationen um einige Wochen zu verschieben, bis die Familien vereint das Land verlassen könnten.
    Laval hatte früher erklärt, sein Vorschlag, die Kinder in die Deportationen einzubeziehen, sei einem »humanen« Wunsch entsprungen, keine Familien zu trennen. Diese Erklärung, in der sich von Anfang an dieselbe Heuchelei verriet wie bei der slowakischen Entscheidung, die Deutschen zu ersuchen, aus »christlichen« Gründen vollständige Familien zu deportieren, zeigt sich jetzt in ihrer ganzen Verlogenheit. Nichts hätte weniger »human« sein können als das Programm, das jetzt von Leguay skizziert wurde – daß Kinder in den Lagern Beaune-la-Rolande und Pithiviers ihren Eltern entrissen werden sollten. Der Historiker Serge Klarsfeld hat dazu bemerkt: »Leguay schließt seine Augen vor der realen Bedeutung der Deportationen, womit er dazu beiträgt, sie noch unmenschlicher zu machen. Seine Hauptsorge in seinem sonnigen Büro in der Rue de Monceau besteht darin, die Deportationszüge vollzubekommen, die von der Gestapo geplant sind.« 14
    Anfang August kursierten in Beaune-la-Rolande Gerüchte, daß die Erwachsenen möglicherweise woanders hingebracht würden. »Ich kann mich noch daran erinnern, wie meine Mutter mir Geld in die Schulterpolster meines kleinen Anzugs eingenäht hat«, sagt Michel Muller. »Es war mein kleiner Sonntagsanzug mit einer Weste und einer kurzen Hose. Ich glaube, sie sahen wie Golfshorts aus, und ich war sehr stolz darauf. Sie nähte das Geld ein und sagte mir, ich solle gut darauf aufpassen. Am nächsten Tag war es soweit.« Die französische Polizei kam in das Lager und trieb alle zusammen. Nachdem sie angekündigt hatte, die Kinder müßten von den Eltern getrennt werden, brach ein Chaos aus. »Es gab zahlreiche Kinder, die sich an ihren Müttern festklammerten«, sagt Michel. »Es waren wirklich schwierige Augenblicke. Die Kinder hingen an ihren Müttern, brüllten und schrien, und die Gendarmen waren hilflos.« Annette erklärt: »Die Polizei trieb die Frauen mit roher Gewalt zurück. Die Kinder klammerten sich an ihre Kleider. Sie (die Gendarmen) spritzten die Menschen klatschnaß. Sie zerrissen die Kleider der Frauen. Und überall hörte man Schreien und Weinen. Es war ein furchtbarer Lärm, und auf einmal wurde es ganz still.« Die Polizei hatte ein Maschinengewehr aufgestellt, und die Drohung war unmißverständlich. »Vorn standen die Frauen in einer Reihe«, sagt Annette. »Ich sehe es heute noch vor mir. Und wir Kinder hielten uns aneinander fest. Meine Mutter stand in der vordersten Reihe, und sie gab uns ein Zeichen mit den Augen, und wir beobachteten sie. Ich hatte den Eindruck, daß ihre Augen uns zulächelten, als wollte sie uns sagen, daß sie zurückkommen würde. Michel weinte. Und das ist das letzte Bild, das ich von meiner Mutter habe.«
    Nachdem man ihre Eltern weggebracht hatte, verschlechterten sich die Bedingungen für die Kinder im Lager sehr schnell. Der Fürsorge ihrer Mütter beraubt, wurden sie schmutzig und ihre Kleider fleckig. Weil sie nur Wassersuppe und Bohnen zu essen bekamen, litten viele unter Durchfall. Aber am schlimmsten war der emotionale Verlust. »Besonders bedrückend wurde es abends«, erinnert sich Michel Muller. »Abends erzählte uns Mutter immer Geschichten, und nachdem sie nicht mehr da war, mußten wir es selber tun. Annette fügt hinzu: »Nach ihrem Abtransport wollte ich tagelang die Baracken nicht mehr verlassen, weil ich so traurig war. Ich mußte immerzu weinen. Ich blieb auf dem Strohlager und redete mir ein, es sei meine Schuld, daß meine Mutter gegangen war, weil ich nicht nett zu ihr gewesen sei. Ich machte mir wegen allem und jedem Vorwürfe. Und Michel brachte mich dazu, aufzustehen und ins Freie zu gehen, denn ich hatte Durchfall, und er half mir beim Waschen und sorgte dafür, daß ich etwas aß. Und nach und nach streifte ich mit ihm durch das Lager, und wir

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