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Ausgeflittert (Gesamtausgabe)

Ausgeflittert (Gesamtausgabe)

Titel: Ausgeflittert (Gesamtausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frieda Lamberti
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»Mein Zug geht schon um acht Uhr. Das heißt, ich sollte jetzt besser schlafen gehen.«
   »Komm, ein Glas verträgst du noch. Ich lese dir eine Passage aus meinem Buch vor, in der du die Hauptrolle spielst.« Ich schaue auf die Uhr. Für einen Anruf zu Hause ist es auch schon zu spät. Die Neugierde auf das, was Mike über mich geschrieben hat, überwiegt der Vernunft.

Wie früher mit Sarah nehme ich den Gin und Mike den Whiskey.
   »Das hat schon Tradition«, lache ich. Mike gibt mir einen Schnellhefter in dem in kleiner, hellgrauer Schreibmaschinenschrift das besagte Kapitel geschrieben steht. Die Buchstaben verschwimmen vor meinen Augen. Ich bin mir nicht sicher, ob es daran liegt, dass ich keine Brille trage, das Licht zu dunkel ist oder ich doch schon zu viel getrunken habe.
   »Lies du. Aber langsam, damit ich es auch verstehe.« Ich lege mich seitlich auf sein Bett und höre meinem Vorleser gespannt zu. Er stützt sich mit seinem Kopf auf meinen Hüften ab und beginnt zu lesen. Ich verstehe nur die Hälfte.
   »What does it mean?«
   »Es heißt, du bist wunderbar, liebevoll und unheimlich anziehend. Mary, mein Engel! Komm, lass mich dich spüren. Nur kurz. Aber gewaltig. Ich habe solange nicht...« Ich will mich sofort wegdrehen, aber Mike ist schon in mir. Mit zwei, drei kräftigen Stößen zaubert er mir einen Blitz durch den Körper.
   »Oh, my God« ruft er und ich weiß, dass er nicht betet.
   »Hör sofort auf, Mike«, schreie ich ihn an. Er gehorcht. Er ist bereits fertig.
   »Bist du verrückt? Was fällt dir ein? Du bist eindeutig zu weit gegangen!« Ich ringe nach Luft und suche aufgeregt nach meinen Schuhen. Meine Hände zittern. Mein Schwips ist wie im Flug verschwunden. Nüchtern und völlig aufgelöst brülle ich ihn an. »Warum hast du das getan? Ich wollte dich als Freund, nicht als Liebhaber. Wie soll ich das meinem Mann erklären? Oh meine Güte, wie soll ich Tobi unter die Augen treten?«
   »Wir sind uns so nah, Marie. Das war doch die natürlichste Konsequenz!« Ich verlasse mit flauen Beinen sein Zimmer. Über eine halbe Stunde lang stehe ich unter der Dusche und verbringe die Nacht weinend auf dem Bett. Um sechs Uhr verlasse ich das Hotel mit einem Taxi in Richtung Bahnhof. Ich bin verzweifelt und durcheinander. Wie konnte mir das passieren? Mike ist doch nur ein Freund! Dieser Mann muss ganz schnell aus meinem Leben und der Abend aus meinem Gedächtnis verschwinden.

Ich sitze im Flieger nach Nizza und denke nach. Tobi wird mich in zwei Stunden vom Flughafen abholen. Ich kann den Hörbuchauftrag unter diesen Umständen nicht mehr annehmen. Was soll ich meinem Mann sagen. Das Honorar ist zu mickerig. Das würde sich nicht lohnen. Oder, es gab zu viele Versprecher. Das wird er mir nicht glauben.

»Was ist mit dir? Du siehst furchtbar aus! Wirst du krank?«, fragt Tobi, als ich ins Auto steige.
   »Ich fürchte schon. Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen. Das volle Programm«. Ich danke dem lieben Herrgott für seine Vorlage.
   »Dann wirst du dich sicherlich bei Clara angesteckt haben. Sie liegt auch mit erhöhter Temperatur im Bett. Ich habe Natascha gebeten, kurz auf sie aufzupassen. Du hast doch nichts dagegen?« Ich habe nichts dagegen. Er könnte sagen und fordern, was er will und ich würde zustimmen. Ich schäme mich bodenlos. Zu Hause schickt mich der fürsorgliche Ehemann gleich in die Krankenstation zu Clara ins Ehebett. Für einige Stunden spiele ich die Grippekranke, bis abends tatsächlich Fieber einsetzt.
   »Kriege ich einen Hund zu Weihnachten, Mamam?« Tobias greift ein.
   »Ihr bellt beide schon so laut wie Hunde. Erst müsst ihr gesund werden. Vorher habe ich keine Zeit, mich auch noch um einen Schnuffel zu kümmern.«

Ich liege schon drei Tage im Bett. Es geht mir bereits besser, aber die Krankenstation ist der beste Ort, mich vor Tobis Annäherungen zu schützen. Ich habe das Bild mit Mike gerade aus dem Kopf, als das Telefon klingelt und er anruft. Ich befürchte, einen Infarkt zu erleiden. Langsam steige ich aus dem Bett und lausche dem Telefonat.
   »Sie ist selber ganz untröstlich. Aber besser wird es sein, ihr geht auf Nummer sicher. Ich glaube nicht, dass Marie rechtzeitig wieder gesund wird. Es hat meinen Schatz richtig dick erwischt und Clara gleich dazu. Ja, richte ich aus. Bis bald, Mike.« Ich gehe ins Bad und übergebe mich. Das ist zu viel. Wie kann er es wagen, hier anzurufen und

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