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Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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sorgfältig vom Kern und schnurrt dabei, ihre Schwanzspitze vibriert vor Glück. Könnte man Menschen doch auch so einfach glücklich machen. Könnte auch ich so leicht zufrieden zu stellen sein. Essen hilft. Auch bei mir – zumindest meistens.
    Ich gebe meiner Katze das schon fast ganz aufgetaute Rindfleisch, renne die vielen Stufen von meiner Altbauwohnung nach unten, eile zur nächsten U-Bahn-Station.
    Um Punkt zehn betrete ich das Sitzungszimmer. Bei der Wochensitzung besteht nur für die Ressortchefs Anwesenheitspflicht, aber unser Chefredakteur hat es gerne, wenn möglichst viele von uns freiwillig kommen. Die Streber tun das natürlich immer. Ich war nie eine Streberin, außerdem hasse ich Sitzungen und Leute auf dem Selbstdarstellungstrip. Von beidem bekomme ich heute wieder einmal eine Überdosis.
    Es dauert, bis ich meinen Vorschlag einbringen kann. Ein Toplokal aus der Innensicht. Droch sieht mich spöttisch an. Der Chefredakteur scheint interessiert: »Enthüllungen? Wieder ein Fleischskandal? Oder besser noch: Sex in der Küche?«
    Offenbar hat auch er »Kitchen confidential« gelesen, freilich nur, was ihn davon interessiert.
    »Alltag«, antworte ich und weiß in diesem Moment, dass das ein Fehler war.
    »Wen interessiert der Alltag, wenn er in einen Nobelschuppen essen geht? Was ist das eigentlich für ein Lokal, aus dem Sie berichten wollen? Apfelbaum? Nie gehört.«
    »Manninger hat es übernommen, aber der …«
    »Manninger? Manninger ist gut, den kennt man. Ich kenne ihn, den alten Knaben. Aber was tut er dort? Vögelt er mit der Küchenhilfe? Mit der Barfrau? Mit Ihnen? Stellt böse Dinge mit zu altem Fisch an?«
    »Manninger ist in New York«, versuche ich meinen durchgeknallten Chefredakteur zu beruhigen. »Die neue Besitzerin ist Billy Winter, ehemalige Souschefin im Royal Grand, fünfunddreißig, geschieden.«
    »Lesbisch?«
    »Glaube ich nicht.«
    Seine Begeisterung für die Story kühlt zusehends ab. »Ohne Skandal keine Geschichte«, klärt er mich auf. Es gibt bei ihr keinen Skandal aufzudecken. Zumindest nicht, dass ich wüsste.
    »Die Innensicht …«, setze ich noch einmal an.
    »Wen interessiert es, wie sein Essen entsteht und wer dafür schwitzt? Das Endprodukt muss stimmen, das ist wie bei uns. Wenn Sie freilich gute Kontakte haben zu wirklichen Nobelschuppen … Über so eine Reportage könnte man reden. Glanz, Glamour, Gastrokritiker und Sterne … Das klingt mir nach einem hübschen Titel.« Er sieht sich Beifall heischend um und findet tatsächlich ein paar Idioten, die Anerkennung heucheln. Meine Ressortleiterin fällt mir auch noch in den Rücken: »Ich brauche Frau Valensky diese Woche ohnehin für unser Sommer-Extra. Sie muss die Politikerinnen interviewen, die übermorgen ins Studio kommen und ihre liebste Sommermode präsentieren.«
    »Für Politik bin ich nicht zuständig.«
    »Soll ich das etwa machen?«, fragt Droch spöttisch.
    »Nein!«, rufen der Chefredakteur und meine Ressortchefin unisono. Droch verpatzt mit Freude Sommerstorys wie diese. Er hätte die Damen aus der Politik tatsächlich über Politik und nicht über ihre Kleider befragt.
    Ich rechne, denke an meine noch nicht bezahlte Sozialversicherung, nehme Vernunft an und sage zu, übermorgen im Fotostudio zu sein. Bei Licht betrachtet, ist das schnell verdientes Geld. Aber an der anderen Geschichte möchte ich dennoch dranbleiben.
    »In Ordnung, Sie halten mich auf dem Laufenden, bevor wir entscheiden«, besänftigt mich der Chefredakteur. Ich hoffe einfach auf das Sommerloch.
    Der Apfelbaum hat heute Ruhetag. Ich bleibe in der Redaktion und erledige eine Menge Routinearbeit. Droch spöttelt über meinen neuen »Beruf« als Küchenhilfe. Soll er doch. Ich lerne eben gern etwas Neues.
    Gegen Abend fahre ich zu Oskars Wohnung, ich will ihn mit einem netten Abendessen verwöhnen. Etwas Besseres fällt mir nicht ein. Denke ich so eindimensional? Aber ins Theater gehe ich viel lieber als er, ein Jazzkonzert, das ihn reizen würde, gibt es heute nicht in Wien, mich als Überraschung in schwarzer Spitzenunterwäsche und Strapsen auf seinem Langhaarteppich zu räkeln könnte peinlich werden, also eben Essen. Ich habe eingekauft, bleibe meiner Lieblingsküche, der venetischen, treu, will aber auch das umsetzen, was ich in den letzten Tagen gelernt habe. Als Hauptspeise soll es deswegen eine verbesserte Form meines »Branzino in eigener Sauce« geben.
    Ich filetiere die beiden Fische, lege Kopf und Gräten in eine

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