Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
passende Kasserolle, bedecke sie mit Wasser und Weißwein, gebe etwas Sellerie, Karotte, Petersilie, Zwiebel, Knoblauch, Lorbeerblatt, Pfeffer dazu und lasse das Ganze eine Viertelstunde kochen und dann ohne Flamme vor sich hin ziehen.
Als Oskar anruft, um sich mit mir zu verabreden, ist das Basilikumöl für die Spaghettini schon fertig gemixt, hauchdünne, der Länge nach geschnittene Gurkenscheiben und Speck habe ich zu Involtini zusammengerollt. Sie werden später auf einen Teller gelegt, mit Balsamicoessig besprüht, mit etwas gutem Olivenöl beträufelt und dann, besonderer Reiz, mit ein paar Kokosflocken bestreut.
Er freut sich hörbar über meine Überraschung.
Ich seihe den Fischsud ab, reduziere ihn auf die Hälfte ein, binde ihn mit einem halben Löffelchen Stärkemehl und stelle ihn zur Seite.
Es ist eines jener harmonischen Abendessen mit Oskar, bei denen ich mich frage, warum ich mich nicht restlos glücklich und zufrieden für immer in seine Arme fallen lasse. Aber Idyllen sind eben nicht von Dauer, das habe ich gelernt. Außerdem interessiert mich nun einmal noch eine ganze Menge anderes als häusliches Glück, sollte im Himmel jede auf ihrer Wolke hocken und die ganze Zeit glücklich vor sich hin lächeln, dann wäre das auch kein Platz für mich. Ich würde an Langeweile sterben. Oder an Gesichtslähmung. Aber im Himmel kann man nicht sterben. Umso schlimmer.
Wir reden wenig, genießen das Essen. Oskars Dachwohnung besteht, abgesehen von Schlafzimmer und Bad, aus einem einzigen riesigen Raum. Ich gehe zum Herd, um den Branzino fertig zu machen. Er fragt mich: »Wirst du auch diese Woche im Apfelbaum helfen?«
Ich zucke die Schultern, keine Ahnung, wir haben nichts vereinbart. Ich weiß nur, dass ich herausfinden möchte, wer Billy diese bösen Streiche gespielt hat. Und ob das Verschwinden ihres Kochs damit in Zusammenhang steht.
Ich stelle eine Pfanne auf den Herd, gieße etwas Olivenöl hinein, schalte die Hitze so hoch wie möglich, nehme die Fischfilets, drücke sie mit der Hautseite in etwas Hartweizenmehl, lege sie mit dieser Seite ins Öl und reduziere die Hitze auf die Hälfte.
Die Melone muss jedenfalls ein anderer als der Koch geworfen haben. Seine Freundin? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die pummelige Friseurin das schafft. Aber Billy hat auch viel mehr Kraft, als man ihr zutraut. Kann es ein, dass Peppi sich ganz bewusst dumm gestellt und Salz und Zucker vermischt verwendet hat, um seiner Chefin zu schaden? Warum?
Nach fünf Minuten drehe ich die Gasflamme ab und lasse die Fische noch ein paar Minuten gar ziehen, das ist viel besser, als sie zu wenden. Ich gehe zurück zum Esstisch, nehme einen Schluck Weinviertler Riesling, gebe Oskar einen schnellen, aber innigen Kuss. Dann schwenke ich den blanchierten Mangold in Butter, salze, koche die Branzinosauce auf, nehme die Kasserolle wieder vom Herd, füge etwas Obers hinzu und rühre die Sauce mit dem Stabmixer schaumig. Auf vorgewärmte Teller gieße ich zuerst die Sauce, lege den Blattmangold darauf, dann nehme ich die Fischfilets und lege sie über Kreuz mit der Hautseite nach oben auf das Gemüse. Ein paar Körner grobes Meersalz darüber, Brot ist noch genug auf dem Tisch, ich serviere. Oskar ist begeistert. Und mir schmeckt es zugegebenermaßen ebenso sehr. Auch wenn es in der Großküche nicht immer so aussieht: Ein wenig verstehe ich doch vom Kochen.
Am nächsten Vormittag helfe ich Oskar beim Packen. Seine Partnerkanzlei in Frankfurt hat eine Hotelsuite zur Verfügung gestellt, allzu viel braucht er also nicht mitzunehmen, und ihm ist das recht so. Die Wochenenden, so versprechen wir einander, werden wir abwechselnd in Frankfurt und Wien verbringen, außerdem nehme ich mir vor, Oskar für mindestens eine Woche zu besuchen. Wir tun, als würde er für drei Jahre zu einer gefährlichen Expedition in einen neu entdeckten Erdteil aufbrechen.
Am Nachmittag verschwindet Oskar in die Kanzlei. Billy ruft an und fragt, ob ich das neue »Fine Food« schon gesehen hätte. Habe ich nicht. Dieser dämliche Bachmayer hat den Apfelbaum verrissen. Empört liest sie mir etwas von »bemühter neuer Chefin« vor, der »die Fußstapfen eines Manninger doch deutlich zu groß« seien. In den kommenden Wochen vergebe »Fine Food« seine Sterne, jammert Billy, sie werde ihren sicher verlieren, das sei dann das Ende.
Ich bitte sie, mir die gesamte Lokalkritik vorzulesen, aber leider kann ich auch nicht viel Positives daran entdecken. Da
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