Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi
Billy, ob sie mich morgen wieder brauchen kann, tagsüber muss ich zwar zum Fotoshooting mit den Politikerinnen, aber gegen Abend könnte ich auftauchen.
»Das kann ich nicht annehmen.«
»Ich bin ohnehin allein«, erinnere ich sie.
Billy wechselt ihre Meinung sehr rasch und fragt, was sie mir zahlen soll.
»Wenn der Kochkurs nichts kostet, ist es mir recht.«
»Du arbeitest …«
»… und ich lerne. Wenn du willst, bezahle mich in Gratisabendessen, Geld will ich keines. Ich kann dir ja auch nicht versprechen, wie oft ich Zeit haben werde.«
Nachdenklich fährt sich Billy über die Stirn. »Was ist wohl mit Peppi geschehen?«
»Wahrscheinlich wird es wirklich Zeit, die Polizei einzuschalten.«
Doch die Polizei wird schneller zum Apfelbaum kommen als der Apfelbaum zu ihr.
5.
Dafür man muss nicht studiert haben«, stellt Vesna fest.
»Für meinen Job beim ›Magazin‹ auch nicht«, erwidere ich.
Wir sitzen wieder einmal in der Früh an meinem Küchentisch und trinken Kaffee. Ich muss ins Fotostudio, Vesna hat vor, die Fenster zu putzen. Ich würde gerne mit ihr tauschen.
Vesna bleibt beim Küchenthema. »Das ist kein Vergleich. In der Küche machst du Gleiches wie meine Cousine. Nur, dass sie nichts anderes kriegt. Bist du Flüchtling? Ausländerin?«
»Der Unterschied ist: Ich mache es freiwillig, ich muss nicht.«
Vesna schüttelt ablehnend den Kopf. »Vielleicht komme ich doch und helfe dir, Mira Valensky, man kann dich nicht alleine lassen.«
»Weil ich eine Babysitterin brauche«, spotte ich. Klar hätte ich Vesna gerne in meiner Nähe.
»Natürlich.«
Die Politikerinnen benehmen sich wie eine Horde pubertierender Nachwuchsmodels. Unterschiede zwischen den Parteien verschwinden, hier geht es nicht um Programme und politische Überzeugungen, sondern um Hüftumfang und fotogene Gesichter. Die Grüne gewinnt bei mir um Längen, aber sie ist auch mindestens fünfzehn Jahre jünger als der Rest der versammelten Damen. Ich befrage sie über ihre Garderobe und ihre Sommeraktivitäten abseits der Politik. Eigentlich sind sie alle recht durchschnittlich und ganz nett. Ich bin rasch fertig und setze mich sofort an den Computer, um den Rohtext zusammenzustellen. Sehr viel Platz habe ich ohnehin nicht, im Mittelpunkt stehen die Fotos.
Es ist erst zwei Uhr nachmittags. Billy wird sich freuen. Hoffentlich. Ich klicke mich noch kurz ins Internet ein. Endlich wird eine stabile Warmwetterlage vorausgesagt. Mir kann es gar nicht heiß genug sein. Wenn alle schon über die Hitze in Wien stöhnen, geht es mir erst so richtig gut. Ticker mit den Headlines laufen über den unteren Rand des Bildschirms.
Plötzlich geht es mir viel zu langsam, viel schneller, als der Ticker läuft, will ich wissen, was geschehen ist:
»Herausgeber von ›Fine Food‹ Erich Bachmayer vor einer Bar mit Küchenmesser erstochen aufgefunden. Die Kriminalpolizei ermittelt.«
Ich krame aufgeregt nach der Visitenkarte vom Apfelbaum und rufe Billy an.
»Ich weiß es schon«, sagt sie, »ich kann es gar nicht glauben. Aber klar, Feinde hatte der viele.«
Ich drehe den Bildschirm ab, sage der Empfangsdame, dass ich via Mobiltelefon erreichbar bin, und setze mich ins Auto. Ein Glück, dass ich es heute nicht zu Hause stehen hab lassen, sondern zur Redaktion gefahren bin.
»Leider ist der Verriss schon erschienen«, meint Billy. »Wahrscheinlich sind auch die Bewertungen für den Gastronomieführer schon fertig.«
»So wichtig ist das auch nicht, es gibt ja noch andere Führer«, tröste ich sie.
»Aber dass ihn jemand umgebracht hat …«
»Vor einer Bar. In den Nachrichten haben sie auch ihren Namen genannt, aber ich hab ihn nicht ganz verstanden. Irgendetwas mit einer Blume.«
»Es gibt eine, in der viele aus der Kochbranche verkehren, Rosa Flieder heißt sie, gleich beim Naschmarkt.«
»Das ist sie! Ich kenne sie, aber ich war noch nicht drinnen. Klingt ziemlich halbseiden.«
»Ist sie gar nicht. Ob du es glaubst oder nicht, ihre Besitzerin heißt tatsächlich Rosa Flieder. Ich war einige Male mit, aber das ist mehr eine Männerangelegenheit. Das heißt, Mädels gibt es dort genug, eher solche von der Schickeria und ein paar Journalistinnen und drittklassige Models, denen es eben gefällt, mit mehr oder weniger bekannten Köchen oder Restaurantbesitzern zu flirten. Für mich hat es dort wenig interessante Männer gegeben. Meine Kollegen kenne ich zu gut, ihre Witze sind immer dieselben und ihre Versuche, charmant zu sein, auch.
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