Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Ausgekocht: Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
Vom Netzwerk:
nehmen. Etwas Sambal Olek dazu, ein Käseknöderl aus einer Kühllade, etwas pürierten Ingwer. Diesmal habe ich an alles gedacht. Ich richte die Suppe selbst an, einen heißen Suppenteller auf den vorbereiteten Unterteller, ein paar Tropfen Basilikumöl über das Knöderl, fertig. Bloß, dass ich vergessen habe, am Grill zwischendurch die Polentascheiben zu wenden. Jetzt sind sie auf der einen Seite verdammt dunkel.
    Oskar hat versprochen, zu einem gemeinsamen verspäteten Abendessen aufzutauchen. Als es dann so weit ist, habe ich überhaupt keinen Hunger. Klarerweise habe ich das eine oder andere in der Küche gekostet, aber das kann es eigentlich nicht sein. Ich brauche einfach etwas Abstand vom Essen. Dabei schmeckt das gegrillte Reh auf Rehragout, das uns die Wirtin persönlich bringt, hervorragend. Oskar hat nichts dagegen, die Hälfte meiner Portion auch noch aufzuessen. Sollte ich von der Kocherei etwas abnehmen, es wäre kein Schaden.
    Ich spüre Muskeln, von denen ich überhaupt nicht gewusst habe, dass sie existieren. Billy Winter kommt mit einem Glas Weißwein in der Hand und setzt sich zu uns. Sie prostet mir zu und bedankt sich. Mir ist das etwas unangenehm, ich mach das Ganze ja nicht aus purer Nächstenliebe oder gar aus Mitleid, sondern weil ich endlich Abwechslung brauche. Billy erzählt Oskar von unserem gemeinsamen Tag in der Küche, ich werde immer müder, meine Augen fallen zu.
    Ich schrecke erst wieder hoch, als Billy Winter an mein Glas klopft. »Wenn’s recht ist, wir könnten per Du sein. Das ist in der Küche so üblich. Zumindest unter Köchinnen.«
    Ich proste ihr zu und freue mich. Erstens darüber, dass sie mich – auch wenn ich inzwischen weiß, wie weit der Weg dorthin noch ist – als Köchin bezeichnet hat, und zweitens grundsätzlich. Früher bin ich gar nicht auf die Idee gekommen, zu Leuten auf meiner Wellenlänge Sie zu sagen, aber ich habe gelernt, dass sich mit den Lebensjahren leider auch die Umgangsformen ändern. Obwohl ich nicht ganz verstehe, warum. Zahlen, auch Jahreszahlen, sind für mich etwas vollkommen Abstraktes.
    Es dauert nicht lange, und wir sind wieder bei dem, was Billy »meine Missgeschicke« nennt. So, als ob sie etwas dafür könnte.
    Ich frage sie noch einmal nach Feinden aus, aber ohne neues Ergebnis. Mahmet kommt und verabschiedet sich. »Tschüss«, sagt er zu Billy, »gute Nacht« zu mir. Ich werde dem Rest der Belegschaft das Duwort anbieten und sage das auch meiner Küchenchefin.
    »Wie du willst. Es gibt genug Leute, die meinen, es macht die Hierarchie klarer, wenn man mit dem Personal grundsätzlich per Sie ist. So sehe ich das nicht, entweder man hat Autorität oder man hat sie nicht. Johann Demetz, unser Küchenchef im Royal Grand, war einer von der ganz strikten Sie-Fraktion. Das heißt, er war zwar mit uns per Du, aber ihn mit Du anzureden, durfte sich keiner anmaßen. Auch wir Souschefs nicht. Aber er war grundsätzlich distanziert. Ein guter Koch, auch innovativ am Anfang und ein hervorragender Organisator. Zumindest bevor er sich versoffen hat.«
    »Vom Namen her kenne ich ihn natürlich. Wo ist er jetzt?«
    »Küchenchef bei den Zwei Tauben, der Ärmste. Die haben ihn trotz der Sauferei genommen, immerhin ist er nach wie vor bekannt. Aber das Lokal ist schrecklich, seit Jahren nur mehr eine gehobene Touristenfalle. Und die Besitzer sind so, dass es kein Koch dort länger aushält als ein paar Monate. Bachmayer, du weißt schon, der Herausgeber von ›Fine Food‹, hat das Lokal vor kurzem entsetzlich verrissen. Ich fürchte mich schon davor, was er über den Apfelbaum schreiben wird. Einmal hat mich Johann Demetz zu meiner Verwunderung sogar besucht. Er ist nicht lange geblieben, ich habe ihn durch die Küche geführt, ihm alles gezeigt. Beinahe hatte ich den Eindruck, er war eifersüchtig auf mich und mein neues Lokal. Der große Johann Demetz.« Sie schüttelt den Kopf.
    »Die Zeiten ändern sich.« Etwas Besseres fällt mir dazu nicht ein.
    Billy steht auf, um Gäste zu verabschieden.
    Oskar ist noch schweigsamer als sonst. Ich überlege, ob ich heute bei ihm übernachten soll oder er bei mir. Immerhin war Gismo den ganzen Tag über allein und ist noch nicht gefüttert. Vielleicht ist unser Getrennt-wohnen-gemeinsam-leben-Arrangement auf Dauer doch etwas kompliziert.
    »Der Prozess hat sich erneut ausgeweitet«, sagt Oskar.
    Ich versuche ihm zu folgen. Ja, klar, der Prozess, sein Riesenwirtschaftsprozess in Frankfurt. Ich sollte mich

Weitere Kostenlose Bücher