Ausgelöscht
je gedacht, dass die Sache zwischen Grace Baxter und John Snow ernst werden könnte.« Er wandte sich an Theresa Snow. »Ganz sicher nicht Sie. Deshalb hatten Sie auch keine Einwände gegen den Plan, als Collin Coroway Sie einweihte. Sie wussten, dass sich die Leidenschaft Ihres Mannes auf die Wissenschaft beschränkte. Er war nicht gerade ein Romantiker, und er war nicht gerade der Mann, der einem millionenschweren Ehemann seine wunderschöne junge Gattin stehlen könnte. Als er ein Porträt von Grace in Ihrem Haus aufgehängt hat, da haben Sie die Augen zugemacht und stur an das Endziel gedacht. An die Erfindung – und das Geld, das hereinströmen würde, wenn Snow-Coroway Engineering an die Börse ging. Sie haben getan, was Sie für nötig hielten, um ihm zu helfen, seine geistige Blockade zu überwinden. Wenn seine Muse eben ein Plätzchen über Ihrem Kamin brauchte, dann sei’s drum.«
Lindsey Snow sah ihre Mutter entsetzt an. »Du wusstest Bescheid? Von Anfang an?«
Ihre Mutter antwortete nicht.
Clevenger wartete einen Moment. »Natürlich wusste sie Bescheid«, sagte er.
Theresa Snows Züge verhärteten sich zu einer abstoßenden Fratze mit stählernem Blick und leicht gebleckten Zähnen. Zum ersten Mal war ihr Äußeres ein Spiegel dessen, was sie war – eine Frau, die dreifach verschmäht worden war, einmal von der Liebe ihres Mannes zum Erfinden, dann von seiner abgöttischen Liebe zu seiner Tochter, dann von seiner Leidenschaft für eine andere Frau.
Clevenger wandte sich an Coroway. »Und Sie wussten noch etwas über John Snow. Weil er Ihnen auch das erzählt hatte. Sie wussten, dass die Chancen gut standen, dass er nach seiner Operation ein ganz anderer Mann wäre, dass er von vorn anfangen wollte. Er wollte ein neues Kapitel beginnen.«
»Ich muss hier nicht sitzen und mir diesen Unsinn anhören«, wütete Coroway.
»Doch, das müssen Sie«, entgegnete Clevenger. »Sie müssen es, weil es nicht Theresa ist, der etwas zur Last gelegt wird. Sie wusste, dass Grace Baxter ihren Mann verführte. Sie wusste, dass die ganze Sache ein eingefädeltes Spiel war. Aber das ist kein Verbrechen. Sie sind derjenige, der ihn erschossen hat.«
Heller setzte sich auf und blitzte Coroway wütend an. »Sie mieses Dreck–«
Clevenger legte die Hand auf Hellers Arm.
Coroway sagte nichts.
»Denn, sehen Sie, jeder hier mag sich der einen oder anderen Sache schuldig gemacht haben, Collin, aber Sie sind der Einzige, der ins Gefängnis wandern wird. Denn Sie haben auf eigene Faust gehandelt.«
»Ich habe ihm die Waffe gegeben«, sagte Kyle mit bebender Stimme.
Clevenger sah ihn an, dann blickte er wieder zu Coroway. »Kyle hat Ihnen die Waffe seines Vaters gegeben. Und er fühlt sich deswegen sehr schuldig. Denn tief in seinem Herzen wusste er genau, was Sie damit tun würden. Er hatte sehr ernsthaft überlegt, es selbst zu tun.«
Coroway sah Kyle an.
»Mörder erkennen einander«, sagte Clevenger zu Coroway. »Sie haben den Köder geschnappt. Er hat Sie benutzt.«
»Sie können nichts davon beweisen«, hielt Coroway dagegen.
»Wir können und wir werden«, konterte Clevenger.
»Ich sehe keine juristische Gefahr für meinen Klienten«, meldete sich Jack LeGrand zu Wort, aber in seiner Stimme klang Beklommenheit durch. »Wir werden jetzt gehen, wenn Sie nichts dagegen einzuwenden haben.«
»An Ihrer Stelle würde ich damit noch warten«, bemerkte Clevenger. Er zeigte auf Lindsey und Kyle. »Denn, sehen Sie, diese Kinder hatten es sehr schwer mit ihrem Vater. Und sie hatten nicht die Absicht, ihn an Grace Baxter zu verlieren. Also hat Lindsey ihren Bruder angestiftet, Baxters Abschiedsbrief zur Beacon Street Bank zu bringen – damit Mr. Reese lesen konnte, dass seine Frau ohne ihren Liebhaber, John Snow, nicht weiterleben wollte. Sie dachten, das würde das Ende für die Affäre bedeuten.« Er sah Reese in die Augen. »Das ist der Abschiedsbrief, den Sie auf den Nachttisch gelegt haben, nachdem Sie Ihre Frau ermordet hatten. Auch Sie haben den Köder geschnappt.«
»Wir gehen«, verkündete LeGrand und stand auf.
Reese rührte sich nicht. Tief im Herzen will jeder die Wahrheit erfahren.
LeGrand ließ sich wieder auf seinen Stuhl sinken.
»Der Plan hat wirklich gut funktioniert«, fuhr Clevenger fort. »John Snow hat sich immer wieder mit Grace Baxter in einer Suite im Four-Seasons-Hotel getroffen. Sie haben schnell herausgefunden, dass Snow Sie nicht hinhielt. Er konnte tatsächlich keine endgültige
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