Ausgesaugt
Mäuse gegeben, damit ich ihm einen runterhole. Und als ich gerade am Machen war, hat er seine Zähne in meinen Hals geschlagen und angefangen zu saugen.
(Lachen)
Ach, ihr hättet dabei sein müssen.
Dieser Typ. Den hätte ich gerne in die Finger gekriegt. Dafür hab ich eine Menge anderer unangenehmer Leute in die Finger gekriegt. Aber ich bin nicht nachtragend.
(Lachen)
Tut mir leid, aber die Witze bleiben so schlecht, das kann ich euch versichern.
Wisst ihr, was das Komische am Älterwerden ist? Die Sachen, die einem mal Spaß gemacht haben, sind irgendwann langweilig oder dumm oder einfach nur traurig. Andererseits kriegen die Sachen, die früher nicht besonders lustig waren, irgendwie eine leichtere Note. Nein, falsch. Nicht leichter. Es ist eher so, dass man plötzlich über Dinge lacht, über die man vorher nicht lachen konnte. Man hat gar keine andere Wahl. Ansonsten kann man sich gleich Abflussreiniger hinter die Binde kippen.
(Lachen)
Ich sag ja, viel lustiger wird’s nicht.
Um ehrlich zu sein: So viel zu lachen hatte ich schon seit einer Ewigkeit nicht. Also, natürlich nicht wirklich seit einer Ewigkeit . So alt bin ich nun auch wieder nicht. Aber seltsamerweise finde ich das Ganze irgendwie ziemlich lustig.
Zum Beispiel, wenn ich an euch denke, wer auch immer ihr seid. Wie ihr euch das gerade anhört. Entweder denkt ihr jetzt, das ist der schlechteste Scherz aller Zeiten, oder ihr glaubt mir – und dann ist es sowieso zu spät. Wenn ihr das hört, ist die Bombe bereits geplatzt und alle wissen es, oder auch nicht. Egal, ich erzähl’s euch trotzdem.
Okay.
Ich fang mal mit ein paar Fakten an. Habt ihr gewusst, dass eine schwangere Frau ungefähr vierzig Prozent mehr Blut in sich hat als eine, die nicht schwanger ist? Sagen wir, die Frau wiegt um die sechzig Kilo. Ihr Blut macht etwa sieben Prozent ihres Gewichts aus. Also rund vier Liter. Schon in den beiden ersten Dritteln der Schwangerschaft nimmt die Blutmenge um vierzig Prozent zu. Im letzten Drittel sind es dann alles in allem fast sechseinhalb Liter.
So viel Blut wie ein ziemlich dicker Mann.
Damit kann man locker drei bis vier Monate auskommen.
Man bringt jemanden unter die Erde und kann dafür sechzig bis neunzig Tage auf der Erde bleiben.
Wobei – strenggenommen bringt man ja zwei unter die Erde.
Was sind diese zusätzlichen vierzig Prozent wert? Vierzig Prozent mehr Blut als bei einem gewöhnlichen Menschen mit seinen fünf Litern. Was ist das wert?
Was ist das Blut einer Schwangeren und ihres Babys wert?
(Lachen)
Ich lache nicht, weil ich das besonders lustig finde. Mir ist nur der Abflussreiniger ausgegangen.
Okay.
Erzähl einfach nur, was passiert ist. Das hat sie gesagt. Als wäre ich so ein großer Redner. Na ja, immer noch besser, als alles aufzuschreiben. Wenn ihr meine Sauklaue entziffern müsstet, würdet ihr in Tränen ausbrechen, statt zu lachen.
Okay.
Das war übrigens keine rhetorische Frage. Ich weiß, wie viel das Blut einer Schwangeren wert ist. Etwa zwanzig Riesen. In Dollar.
Es gibt natürlich noch andere Möglichkeiten, dafür zu bezahlen. Mit eigenen Körperteilen, die nie wieder nachwachsen.
Was soll ich sagen? So ist es passiert, und so werde ich es erzählen.
Okay.
Ich bin ein Vampyr. Mit Y, nicht mit I. Fragt mich jetzt nicht, wieso man das so schreibt. Ist wohl Tradition. Egal – Vampyre mit Y, das sind die einzig wahren. Die mit I sind Kinderkacke.
Ich gehöre zu der Sorte, vor denen ihr Angst haben solltet.
Als alles anfing, führte ich noch ein ziemlich normales Leben. Ich hauste in einer Mietwohnung, genau wie ihr. Nicht ganz – im Gegensatz zu euch hatte ich einen Kühlschrank voll mit Blut. Am Ende musste ich mich in der Kanalisation verkriechen. Tja, als Vampyr ist man ständig vom sozialen Abstieg bedroht.
Klingt ziemlich bescheuert. Vampyre in der Kloake.
Ist es aber nicht.
Das ist mein Leben.
(Lachen)
Seht ihr, ich lache trotzdem drüber.
Egal.
Folgendes ist passiert.
Es ist nur ein kleines bisschen mehr Wärme als üblich, aber ich spüre sie genau. Außerdem wittere ich abgestandene Luft. Wärme und Kohlendioxid – eine Kombination, die auf einen lebenden Organismus schließen lässt. Irgendetwas atmet ein und aus, Luft füllt die Lunge, Sauerstoff wird verbraucht. Bei allem, was warm und lebendig ist, steht eins in jedem Fall fest: Es ist mit Blut gefüllt.
Vor mir im Dunkeln bewegt sich ein lebender Körper.
Zumindest lebt er im Moment noch.
Ich hätte
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