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Ausgesetzt

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Titel: Ausgesetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James W. Nichol
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die Hand lang genug ins Wasser zu halten, um eine Elritze aus einem Ködereimer zu fischen; von Herumplanschen im See, wie diese kleinen Mädchen es taten, konnte gar nicht die Rede sein. Aber da waren sie, völlig durchnässt, auch das Haar klatschnass, und alberten mit einem Schwimmreifen und einer Luftmatratze herum. Das hieß, dass Mary’s Point nicht in der Nähe von Parry Sound oder dem French River oder irgendwo in der Gegend, in der man ihn gefunden hatte, liegen konnte. Er wusste nicht, was sich diese Polizisten eigentlich vorgestellt hatten, Mary’s Point konnte gar nicht im Norden sein.
    Es war schon nach eins, als er sich in sein Bettzeug einrollte und einschlief.
     
    Am nächsten Morgen war die Katze wieder da. Er rief seine Mutter aus einer Telefonzelle an, um ihr seine Adresse zu geben, und versprach, sich umgehend ein Telefon anzuschaffen. Und die Möbel kamen. Alles ließ sich gut an.
    Er goss der Katze etwas Milch in die Bratpfanne, wuchtete das Kunstledersofa und die Kommode im Wohnzimmer genau dorthin, wo er sie haben wollte, stellte den Fernseher auf die Kommode und trug den schwarzglänzenden Tisch und die beiden Stühle in die Küche. In Feierstimmung taufte er die Katze Kerouac, zu Ehren seines Lieblingsschriftstellers und der Eingebung, seinen Umzug nach Toronto damit zu tarnen, dass er etwas von der Welt sehen wollte.
    Am Spätnachmittag hatte Walker wieder eine lange, ergebnislose Suche auf dem Arbeitsmarkt in Toronto hinter sich. Als er die Parliament Street überquerte, dampfte die Straße regelrecht, und er wäre nicht überrascht gewesen, wenn die Ledersohlen seiner Schuhe zu rauchen begonnen hätten. In seinen Augen tanzten Sonnenflecken. Er hatte Kopfschmerzen. Kein Lüftchen regte sich. In seinem ganzen Leben war er noch nirgends gewesen, wo es so heiß war.
    Gedankenverloren starrte er auf eine Garage, die zurückgesetzt auf einem großen Grundstück stand. Der einstöckige Ziegelbau mit abgerundeten Ecken, dessen gelber Anstrich abblätterte, hatte zwei Garagentore und ein schief über der Eingangstür hängendes Holzschild, auf dem »A. P. Taxis« stand und darunter, etwas kleiner, »Inhaber und Betreiber A. Piattelli«.
    Wie zum Beweis standen zwei blau-weiß lackierte Taxis davor, über und über mit der Aufschrift »A. P. Taxis 752-8641« verziert, und ein paar andere Autos standen neben der Garage.
    Am anderen Ende des Gebäudes stand ganz für sich allein ein makelloser rosa Cadillac Eldorado Baujahr 1958 und glänzte in der Sonne wie ein Traum von Kalifornien.
    Walker schlenderte vorbei, besah sich den Cadillac und fragte sich, wo denn die Plüschwürfel waren, die eigentlich vom Rückspiegel herunterbaumeln sollten. Dabei bemerkte er ein Schild hinter der schmutzigen Fensterscheibe an der Vorderseite der Garage. Es war handgeschrieben, große, mit einem breiten roten Markierstift rasch hingemalte Lettern: HILFE !
    Walker blieb stehen. Er war unschlüssig, was er tun sollte. Die Polizei rufen? Sich um eine Stelle bewerben?
    Er sah sich das Gebäude genauer an. Beide Garagentore standen offen, und in einer der Garagen konnte er undeutlich die Bewegungen eines Mannes ausmachen. Der Mann trat unter einen auf einer Hebebühne aufgebockten Wagen. Walker hörte das Geräusch des Luftschlauchs an einer Fettpresse. Alles sah normal aus. Kein Überfall, keine Brandstiftung oder Körperverletzung im Gange. Er beschloss hineinzugehen.
    Als er die Eingangstür aufstieß, blies ihm ein Schwall kalter Luft von einer ächzenden Klimaanlage entgegen. Am anderen Ende des Raums sah er eine Frau hinter einer hohen Holztheke sitzen, die ihm ihren breiten Rücken zuwandte. Ihr borstiges graues Haar stand in die Höhe, als ob es vergeblich auf jemanden wartete, der es bürstete. Sie sprach in ein Funksprechgerät.
    »Romeo? Wo bist du, o Romeo?«, fragte sie. Ein unverständliches Krächzen antwortete ihr. Sie tat einen letzten langen Zug von ihrer Zigarette und stopfte sie in einen überquellenden Aschenbecher.
    »Was war mit diesem letzten Anruf?«, wollte sie wissen. Mehr Gekrächze.
    »Na, du hast einfach zu lang gebraucht. Ich kann die Leute nicht an allen vieren fesseln, weißt du, Romeo. Ich kann sie nicht ewig warten lassen. Die haben zweimal nachgefragt.« Noch mehr Gekrächze.
    Walker betrat den Raum. Der Holzboden war abgenutzt und verzogen. Verblichene Kalender aus mehreren Jahrzehnten, die Werbung machten für alles, von Autowachs bis zu einem Beerdigungsinstitut in der King

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