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Ausgespielt

Ausgespielt

Titel: Ausgespielt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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im Schaukelstuhl. Die Küche war pieksauber, die Armaturen glänzten, und die Arbeitsflächen waren blitzblank. Der Backofen war aus, und auf dem Herd standen weder Töpfe noch Pfannen. Es roch nach nichts. Das war völlig untypisch für Henry. Keine Spur von seinem täglichen Backprojekt, keine Essensvorbereitungen im Gang.
    »Ich habe deine Zeitung mitgebracht.«
    »Danke.«
    Ich legte sie auf den Küchentisch. »Darf ich mich zu dir setzen?«
    »Von mir aus. Im Kühlschrank steht noch eine halbe Flasche Wein, falls du Interesse hast.«
    Ich nahm ein Weinglas aus dem Schrank und holte die wieder verkorkte Flasche Chardonnay aus der Kühlschranktür, Dann goss ich mir ein Glas ein und sah zu ihm hinüber. Er hatte sich nicht geregt. »Alles in Ordnung?«
    »Mir geht’s gut.«
    »Ah. Das ist schön. Die Küche sieht nämlich ein bisschen trist aus. Vielleicht mache ich mal Licht.«
    »Wie du willst.«
    Ich ging zur Wand und drückte auf den Schalter, was aber auch nichts brachte. Das Licht wirkte so trübe und matt wie Henrys Benehmen. Ich setzte mich und stellte mein Weinglas 184
    auf den Tisch. »Was war denn gestern Abend los? Ich habe gesehen, dass Matties Wagen weg war und kein Licht brannte.
    Seid ihr zusammen irgendwo gewesen?«
    »Sie ist nach San Francisco gefahren, und ich habe einen Spaziergang gemacht.«
    »Wann ist sie gefahren?«
    »Ich habe nicht so darauf geachtet. Sechzehn Uhr
    zweiunddreißig«, erwiderte er.
    »Ziemlich spät für sechs Stunden Fahrt. Wenn sie noch zum Abendessen irgendwo angehalten hat, ist sie wahrscheinlich erst gegen Mitternacht zu Hause angekommen.«
    Henry schwieg.
    »Zum Mittagessen war sie aber noch da, oder? Bist du mit den beiden ins Kunstmuseum gegangen?«
    »Es ist nicht nötig, darüber zu diskutieren. Eigentlich gibt es nichts zu sagen. Ich würde das Thema lieber fallen lassen.«
    »Sicher. Kein Problem«, sagte ich. »Gehst du zum
    Abendessen zu Rosie? Ich habe es eigentlich vor.«
    »Damit ich Gefahr laufe, Lewis zu begegnen? Ich glaube nicht.«
    »Wir könnten woanders hingehen. Bei Emile’s-at-the-Beach ist es immer nett.«
    Er sah mich mit dermaßen waidwundem Blick an, dass es kaum auszuhalten war. »Sie hat Schluss gemacht.«
    »Ehrlich?«
    »Sie hat gesagt, ich sei unmöglich. Sie hat gesagt, sie kann mein schlechtes Benehmen nicht ertragen.«
    »Was war der Auslöser dafür?«
    »Nichts. Es kam aus heiterem Himmel.«
    »Vielleicht hatte sie einen schweren Tag hinter sich.«
    »Keinen so schweren wie ich.«
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    Ich saß da und starrte auf den Boden, während mich eine Woge der Enttäuschung überkam. Ich hatte mir so schöne Hoffnungen für die beiden gemacht. »Weißt du, was mir schwer fällt? Ich würde so gern daran glauben, dass uns erfreuliche Dinge passieren können. Vielleicht nicht jeden Tag, aber ab und zu.«
    »Ich auch«, sagte er. Dann stand er auf und verließ den Raum.
    Ich wartete eine Weile, und als klar war, dass er nicht zurückkommen würde, goss ich meinen Wein in die Spüle, wusch das Glas ab und ging. Am liebsten hätte ich William den Hals umgedreht und, wenn ich schon dabei war, Lewis gleich mit dazu. Mit meinem eigenen Schmerz hätte ich besser umgehen können als mit dem von Henry. Meine düstere
    Stimmung war wahrscheinlich zumindest teilweise auf
    Schlafmangel zurückzuführen, auch wenn ich es nicht so empfand. Ich empfand die Trostlosigkeit als tief und dauerhaft, eine Düsternis, die wie Schlick aus den tiefsten Tiefen aufgerührt wird. Henry war ein großartiger Mensch, und Mattie war mir ideal für ihn erschienen. Wahrscheinlich hatte er sich unmöglich benommen, aber sie auf ihre Art im Grunde genauso.
    Was hätte es sie denn gekostet, ein bisschen sensibler mit der Situation umzugehen? Es sei denn, sie hatte von Anfang an nicht besonders viel investiert, dachte ich. Und dann war sie eben sofort geflüchtet, als es schwierig wurde. Da ich selbst Fluchttendenzen hatte, konnte ich es ihr nachfühlen. Das Leben war schon schwer genug, ohne dass man die Gereiztheit anderer über sich ergehen lassen musste.
    Ich betrat meine Wohnung und sah nach dem Anruf-
    beantworter. Eigentlich hatte ich auf eine Nachricht von Cheney gehofft, doch das Lämpchen blinkte nicht, also konnte ich mir das abschminken. Trotz meiner vorherigen Selbstsicherheit war ich nicht besonders scharf darauf, herumzusitzen und auf seinen Anruf zu warten. Es war Zeit zum Abendessen, aber ich hatte genauso wenig Lust wie Henry, zu Rosie zu gehen. William

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