Ausreißer
abwarten, um endlich auf dem Rad zu sitzen und mit den anderen talentierten Fahrern
das Spezialtraining zu beginnen. Und das Beste war: Herr Dietrich hatte versprochen, dass Jabali vom Sponsor monatlich 200 Euro Taschengeld erhalten würde. Das war mehr als das Fünffache seines normalen Taschengeldes von seinen Eltern!
Aber das war nicht das Entscheidende. Das Entscheidende war: Es war das erste Geld seines Lebens, das Jabali mit Sport verdiente.
Er fühlte sich auf dem besten Weg zu einem Profi!
Kaum dachte er das, als es an der Haustür klingelte.
Jabali hörte, wie seine Mutter die Tür öffnete, und die Stimme des Besuchers: sein Trainer Jan! Was wollte der denn hier?
Um diese Zeit bei ihm zu Hause?
Jabali lief aus seinem Zimmer in den Flur.
Jan machte sich gar nicht erst die Mühe einzutreten. »Ich wollte nicht groß stören«, entschuldigte er sich. Und übergab Jabali
ein Paket.
»Deine Ausrüstung! Fürs Erste. Dann musst du morgen nach dem Training nicht alles nach Haus schleppen. Zieh an, was dir am
besten passt, und komm dann gleich in Ausrüstung zum Training, okay?«
»Okay«, versprach Jabali.
Jan verabschiedete sich, und Jabali rannte gleich in sein Zimmer, um sich alles anzusehen. Auf den ersten Kennerblick erkannte
er sofort, was er da bekommen hatte: die teuersten Funktionsunterhemden,die man sich vorstellen konnte. Hemden, die trotz ihres Federgewichts wärmten, in denen man aber kaum schwitzte. Schon oft
hatte sich Jabali ein solches Hemd zu Weihnachten gewünscht, aber nie bekommen.
»Dafür wächst du zu schnell aus solch einem teuren Hemd heraus«, fanden seine Eltern immer.
Jetzt lagen auf seinem Bett drei davon. Daneben ein Radtrikot mit kurzen, eines mit langen Ärmeln, eine Windstopper-Weste,
eine Regenweste, eine lange, eine kurze und eine halblange Radhose, Radschuhe, Handschuhe mit und ohne Finger, ein Halstuch
und ein Helm. Auf jedem Kleidungsstück war das Logo der Cornflakes-Firma aufgedruckt.
Jabali fühlte sich wie ein Profi.
Viereinhalb Asse?
Am nächsten Tag war es so weit. Mit etwas zittrigen Knien traf Jabali auf sein neues Team. Sieben andere Jungs in seinem Alter,
manche vielleicht sogar etwas älter, waren schon da, saßen auf ihren Rädern und warteten auf Jabali, der sich ein wenig verspätet
hatte.
Jabali war mit dem Rad gekommen. Ein normales Stadtrad, mit dem er lange nicht mehr gefahren war. Normalerweise lief er. Aber
er fand es standesgemäßer, wenn er schon Radkleidung trug, dann auch mit dem Rad zu kommen. Die Klickschuhe hatte er im Rucksack.
Die anderen Jungs zogen verächtliche Mienen, als sie Jabalis alte Klappermühle sahen.
Jan begrüßte ihn mit einem breiten Schmunzeln, schob das nagelneue Super-Rennrad vor sich her und lachte Jabali an: »Nimm
lieber das hier!«
Jabali tauschte das Rad, und während er danach auch die Schuhe wechselte, zeigte Jan mit einer Armbewegung in die Runde. »Und
das ist dein neues Team: Sven und Ole vom Grünheim-Gymnasium.«
Jabali hätte sich fast verschluckt. Grünheim-Gymnasium! Wenn Michael jetzt hier wäre!, dachte Jabali. Dann würde in wenigen
Minuten entweder eine Rangelei losgehen oder Michael nie wieder ein Wort mit ihm reden. Jabali nahm sich vor, die Grünheimer
so lange wie möglich vor seinen Freunden geheim zu halten.
Entsprechend frostig fiel auch die Begrüßung der beiden Grünheimer aus. Sie schienen schon zu wissen, von welcher Schule Jabali
kam.
»Kai, Lars, Max«, stellte Jan weiter vor. »Sowie Ronald und Torben.«
»Hallo«, grüßte Jabali. »Ich bin Jabali!«
»Wie lange fährst du schon?«, wollte Sven sofort wissen.
»Zwei Monate«, gab Jabali unumwunden zu.
Sven und Ole schauten sich verächtlich an. Die anderen sahen verwundert zu Jan, der sofort abwinkte. »Wartet es ab, Jungs.
Wartet es ab!«
Dann wandte er sich an Jabali. »Die anderen fahren alle schon einige Jahre. Wir haben sie aus den verschiedenen Radclubs zusammengesammelt.
Du bist der einzige Neueinsteiger!«
»Aha!«, sagte Jabali nur leise. Auch das hatte er vorher nicht gewusst.
»Was fährst du denn für einen Schnitt?«, bohrte Ole nach.
»Im Schnitt zwischen dem ersten und zweiten Platz«, gab Jabali geistesgegenwärtig zurück. Natürlich wusste er, dass Ole nach
seiner Durchschnittsgeschwindigkeit gefragt hatte. Jabali war zwar ein Neuling im Radsport, aber die psychologischen Tricks
vor Wettkämpfen kannte er vom Laufen zur Genüge.
Mit seiner Antwort
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