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Aussicht auf Sternschnuppen

Aussicht auf Sternschnuppen

Titel: Aussicht auf Sternschnuppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Koppold
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Gesicht.
    „Ich habe es ja gesagt, was Walter nicht weiß, ist nicht passiert. Hier in Vinci wohnen keine Schauspieler, aber in Lamporecchio, in der Casa Mediovale, einem todschicken Laden. Nur fünf Kilometer von hier.“
    „Danke!“, jubelte ich und fiel Nele um den Hals, obwohl ich normalerweise nicht zur Überschwänglichkeit neigte. „Gibt es hier in Vinci einen Taxidienst?“
    Nele lachte. „Nein, aber Alfredo, ein Rentner, verdient sich gerne etwas dazu.“
    „Kannst du mir sagen, wo er wohnt?“
    „Ich bringe dich hin.“

    Alfredo wohnte in einem kleinen Häuschen, das so stark mit Efeu begrünt war, dass nur noch Fenster und Türen von der eigentlichen Fassade zu sehen waren. Er schien noch nicht lange wach zu sein, denn er empfing uns im Unterhemd und mit einer Zahnbürste in der Hand. Schnell erklärte ihm Nele unser Anliegen, doch er wackelte bedauernd mit seinem Kopf, der auf einem mageren Truthahnhals saß.
    „Alfredo kann dich erst um halb elf fahren. Er geht gleich mit seiner Frau in die Sonntagsmesse.“
    „Um halb elf erst“, wiederholte ich enttäuscht. „Solange möchte ich nicht warten. Kann er nicht ausnahmsweise auf seinen Kirchgang verzichten?“
    „Vergiss es! Die Sonntagsmesse hier in Vinci ist ein gesellschaftliches Ereignis.“
    Sie wandte sich wieder an Alfredo, doch dieser schüttelte erneut den Kopf.
    „Ich habe ihn gefragt, ob er dir nicht einfach sein Auto vermieten könnte“, übersetzte Nele, „aber er meint, das würde seine Frau nicht erlauben. Er könnte dir aber sein Fahrrad anbieten.“
    Alfredo nickte und zeigte auf ein rotes Kinderfahrrad, das an der Hauswand lehnte und dessen Sattel und Lenker zwanzig Zentimeter nach oben gestellt worden waren. Ich musste unwillkürlich lachen bei dem Gedanken, wie ich mit diesem Gefährt bei der schicken Casa Medievale vorfahren würde.

    Zehn Minuten später saß ich auf Neles blauer, angerosteter Vespa in Richtung Lamporecchio. Die Schaltung des Rollers funktionierte glücklicherweise automatisch, und so musste ich nur Gas geben, lenken und bremsen. Die Vorstellung, mit der Vespa zu Nils zu fahren, war zwar kaum weniger absurd als die Fahrt mit einem Kinderfahrrad, aber wenigstens würde ich nicht verschwitzt und außer Atem bei ihm ankommen und mein Ziel in weniger als einer Stunde erreichen.
    Tatsächlich benötigte ich lediglich eine Viertelstunde bis nach Lamporecchio. Die Vespa musste manipuliert sein, denn selbst die steilsten Hügel schoss sie mit 80 km/h hinauf.
    Ich blieb vor einer Bäckerei mit bunt verpackten Ostereiern im Fenster stehen und zog den Zettel aus der Hosentasche, auf dem Nele mir die genaue Adresse aufgeschrieben hatte.
    Die Via Capalla fand ich recht schnell, mehr Schwierigkeiten hatte ich mit der Hausnummer 35, denn die Nummern der Häuser im Ort reichten nur bis zur 23. Ziellos kurvte ich mehrere kleine Seitenstraßen hoch und wieder hinunter, bis ich endlich an einem alten Bauern vorbeikam, der eine Ziege an der Leine neben sich herführte.
    „La Case Medievale?“, fragte ich ihn.
    Das sonnengegerbte Gesicht des Mannes verzog sich zu einem Lächeln, das braune Zähne offenbarte.
    „Oh, La Casa Medievale, bellissima.“
    Er zeigte auf eine steil ansteigende Straße durch einen Olivenwald, die ich zuvor schon einmal gefahren war, die mir aber zu holprig und unbefestigt erschien, als dass sie tatsächlich zu einem Hotel führen könnte.
    Also setzte ich meinen Weg fort, vorbei an rot blühendem Klatschmohn und gelben Ranunkeln, und hoffte inständig, dass mir auf der engen, uneinsichtigen Straße kein Auto entgegen raste. Mir kam ein Auto entgegen, und das schon nach weniger als zwei Minuten, doch meine Befürchtungen, über den Haufen gefahren zu werden, erwiesen sich als unbegründet. Die sonnenbebrillte Fahrerin des schicken silbergrauen Cabrios hupte nämlich schon mehrere Meter vor der Kurve, so dass ich mich und den Roller noch schnell am Seitenrand in Sicherheit bringen konnte.
    Als ich die Hoffnung schon fast aufgegeben hatte, doch noch auf ein Stück Zivilisation zu stoßen, erschien auf einmal ein Gehöft aus Natursteinen im Hang und gleich darauf zwei weitere. Erst als ich das letzte Haus passiert hatte und in einer schmalen Einbuchtung wenden wollte, fiel mir das Schild an einem Olivenbaum auf, auf dem stand Parking Casa Medievale . Ich hatte mein Ziel erreicht.
    Ich folgte dem Schild einige Meter den Berg hinab und stellte den Roller auf einem gekiesten Platz neben der Hundehütte

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