Australien 03 - Tal der Sehnsucht
paar Drinks für die Gäste auf der Tennisparty ihrer Mutter zu mixen, und er war dicht neben ihr stehen geblieben, als sie einen Krug selbst gemachter Limonade aus dem Kühlschrank geholt hatte. Er hatte sie mit seinen schmelzenden dunkelbraunen Augen angesehen und ihr versichert, sie sei »der Fang des ganzen Distrikts«. Dann hatte er sie geküsst. Rosemarys Knie waren so abrupt eingeknickt, dass sie befürchtet hatte, den Limonadekrug fallen zu lassen.
»Huch! Mum wird toben, wenn ich den kaputt mache«, war alles, was ihr noch einfiel, aber gleichzeitig schien sich alles um sie zu drehen, und ein Lächeln sprang auf ihre Lippen, als sie zu Sam aufsah.
Rosemary wälzte sich in ihrem Bett herum und erweckte noch einmal jenen Tag zum Leben, an dem Sam ihre Knie zum Einknicken gebracht hatte.
Währenddessen knickten hinter dem Glenelg Hotel zwischen Stapeln von leeren Bierfässern und Kartons einem ganz anderen Mädchen die Knie ein.
Jillian Rogers hatte den Kopf in den Nacken gelegt, mit beiden Händen Sams muskulöses Hinterteil umfasst und ihr Becken mit aller Kraft gegen seines gedrängt. Sams Hände waren unter ihrem Top, wo sie ihre kleinen, festen Brüste kneteten, und seine Zunge hatte sich tief in ihren warmen, nach Jim Beam schmeckenden Mund geschoben. Genau in diesem Augenblick jagte ein Pick-up um die Ecke des Pubs, und beide verharrten, auf frischer Tat ertappt, im Scheinwerferstrahl wie zwei kopulierende Karnickel auf der Landstraße. Dann trompetete die Hupe die Erkennungsmelodie von »Ein Duke kommt selten allein«.
»Dubbo, du Arschloch!«, beschwerte sich Sam. »Ich dachte schon, ich wäre aufgeflogen.«
Jillian warf das dunkle Haar zurück und lachte.
Dubbo beugte sich aus dem Seitenfenster. In der Dunkelheit waren sein rundliches, rotes Gesicht, der sandblonde Schopf und sein gutmütiges Grinsen nur mit Mühe auszumachen.
»Los, steigt schon ein. Die Party findet bei mir zu Hause statt. Dann kann ich endlich auch mit dem Schnaps anfangen.« Dann hupte er um des Hupens willen noch mal.
Sam nahm Jill bei der Hand und führte sie zum Pick-up.
»Aber die Pferde, Sam«, protestierte sie.
»Die sind im Rennstall gut aufgehoben. Dubbo muss mich nur vor dem Morgengrauen aufwecken, dann fahre ich sofort los und hole sie ab.«
Er rannte hinten an Dubbos glänzenden schwarzen Holden Pick-up und begann, die Leine um die Persenning zu lösen.
»Was machst du da?«, fragte Jillian unsicher.
»Bis zu Dubbo nach Hause sind es gute vierzig Minuten. Mein Schlafsack liegt schon hinten. Wie wär’s, wenn wir im Liegen rausfahren?« Sam lächelte sie frech an.
Dubbo verdrehte die Augen. Er war den ganzen Abend nüchtern geblieben, und jetzt durfte er heimfahren, während es sich sein Kumpel hinten gut gehen ließ.
»Typisch«, brummelte er und tastete nach seinen Zigarettenpapieren. Manchmal konnte er nicht anders, als sauer auf Sam zu sein. Wie konnte ein Typ nur so viel Glück im Leben haben? Die besten Pferde, das beste Land, die besten Hunde, die besten Frauen… und noch dazu mehrere gleichzeitig. Er besaß sogar den besten Pick-up. Dubbo ließ sein Feuerzeug aufflammen und paffte seine Selbstgedrehte, während er aus der Stadt fuhr. Er war mit Sam aufgewachsen, er war mit ihm aufs Internat gegangen, und er würde seinen Freund nie hintergehen. Aber Sams Verlobte tat ihm dennoch Leid. Ein so wahnsinnig hübsches und nettes Mädchen. Sehr ruhig, aber sie hatte eindeutig was Besseres verdient als das hier.
Trotzdem schaute Dubbo, während er durch die Nacht raste, immer wieder in den Rückspiegel, um zu beobachten, wie sich die Abdeckung rhythmisch hob und senkte.
Kapitel 3
R osemary bog langsam mit dem alten Volvo ihrer Mutter auf die breite Hauptstraße von Casterton. Nach den Exzessen vom Vortag wirkte der ganze Ort verkatert, und die Straße war ungewöhnlich leer. Bob stellte gerade erst die Schilder auf den Gehweg vor seinem Zeitungsladen. Er starrte Rosemary nach, als sie vorbeifuhr, und klappte dann den Ständer auf, auf dem Nicole heiratet wieder zu lesen war und darunter, in winzigen Buchstaben: behauptet Wahrsagerin .
Beim Imbiss hängte Johnno eben die Eisflaggen heraus, während seine Frau Doreen lethargisch den Staub vom Gehweg fegte. Als Rosemary vorbeifuhr, hielt sie inne und stützte sich auf ihren Besen.
Rosemary parkte hinter dem Büro des Chronicle neben Duncans schnittigem roten Flitzer. Bevor sie die wacklige Hintertreppe hochstieg, drehte sie sich noch einmal um und
Weitere Kostenlose Bücher