138 - Der schwarze Druide
Es war ein herrlicher Augusttag, vielleicht etwas zu kühl für die Jahreszeit, aber doch dazu verlockend, mal so richtig blauzumachen.
Die Bäume zeigten »herbstliche Tendenzen« und warfen die ersten gelb gewordenen Blätter ab. Sie waren in diesem Jahr zu früh damit dran, aber man konnte sie natürlich nicht daran hindern. Die Natur macht eben, was sie will.
Ich stand am Fenster und blickte zum Nachbarhaus hinüber. Dort wohnte mein Freund, der Parapsyschologieprofessor Lance Selby. Zur Zeit war das Haus wieder einmal verwaist.
Lance Selby war eine gefragte Kapazität und viel auf Reisen. Diesmal hatte er London verlassen, weil man ihn zu einer Gastvorlesung nach Yale eingeladen hatte. Er hatte sich darauf gut vorbereitet, wie ich wußte.
Vor Tagen hatte er mir im Kampf gegen die Schattenwesen geholfen, die von der Tigerfrau Agassmea gesandt worden waren. [1]
Diese Wesen hätten mich bestrafen sollen, weil ich in Südafrika zwei Killerkatzen erledigt hatte.
Agassmea - inzwischen zur Königin der Raubkatzen avanciert - hatte den Tod der beiden Mörderleoparden rächen wollen. Glücklicherweise hatte das Ganze nicht so geklappt, wie sie sich das vorgestellt hatte.
»Frühstück ist fertig, Tony!« rief Vicky Bonney und riß mich damit aus meinen Gedanken.
»Ich komme!« gab ich zurück und wandte mich vom Fenster ab.
Der Frühstückstisch war mit Liebe gedeckt und ließ nichts vermissen. Vicky hatte sich damit sehr viel Mühe gegeben.
Ich küßte sie dankbar auf die Schläfe, ihr blondes Haar kitzelte meine Nase. »Du bist ein echter Schatz«, sagte ich.
»Du weißt, was eine Frau gern hört«, gab meine Freundin schmunzelnd zurück.
»Es ist wahr. Wenn ich dich nicht hätte…«
»Hättest du eine andere.«
»Mit keiner anderen würde es so sein wie mit dir«, behauptete ich.
Vicky lachte, und ihre blauen Augen blitzten. »Ja, ja, ich weiß. Ich bin einmalig.«
»Sehr richtig. Jedenfalls für mich.«
»Wollen wir uns nicht setzen und frühstücken? Es wird ja alles kalt«, sagte Vicky betont nüchtern.
Wir setzten uns an den Tisch und hatten an diesem geruhsamen Morgen die Muße, das Frühstück mal zu »zelebrieren«. Diese Gelegenheit ergab sich nicht oft, deshalb genossen wir sie doppelt.
Das Radio war eingeschaltet, und der Wetterbericht konnte sich hören lassen.
»Laß uns ins Grüne fahren und den Tag genießen«, schlug ich vor. »Wenn man den Wetterfröschen glauben darf, wird es nur noch wenige Tage geben, die so schön sind. Angeblich ist bereits eine Kaltfront im Anmarsch.«
Vicky ließ sich leicht überreden. Wenn die Sonne so verlockend in ihr Arbeitszimmer lachte, war ihre Arbeitslust nicht besonders groß.
Unsere hartnäckige Suche nach Mr. Silver hatte bisher kein Ergebnis gebracht. Sie hatte sich festgefahren. Niemand wußte, was wir noch unternehmen konnten, um den Ex-Dämon wiederzufinden.
Zero, einer der Grausamen 5, hatte die Schwächephase des Hünen geschickt genutzt. Er hatte Mr. Silver mit Eis ummantelt und entführt. [2]
Wir wußten nicht, ob Mr, Silver noch lebte oder tot war.
Wir wollten ihn aber auf jeden Fall zurückholen - ob lebend oder tot. Er sollte nicht für alle Zeiten in diesem von Zero geschaffenen Eisblock gefangen bleiben.
Der Industrielle Tucker Peckinpah, mein Partner, betrieb die Suche weiter. Sowie er etwas in Erfahrung brachte, würde er mich informieren, doch bis jetzt konnte er mir mit keinem wertvollen Hinweis dienen.
Alle, die sich an der Suche beteiligten, traten auf der Stelle. Es hatte den Anschein, als würde sich Mr. Silver an einem Ort befinden, den wir nie entdecken konnten.
Nach dem Frühstück war ich Vicky beim Abräumen behilflich. Meine Freundin erwähnte meinen magischen Ring, der jetzt an Agassmeas Finger steckte.
Die Katzenkönigin hatte ihn von Höllenfaust, dem Anführer der Grausamen 5, bekommen.
»Wirst du versuchen, ihn dir wiederzuholen?« fragte Vicky.
Ich nickte. »Bei der erstbesten Gelegenheit werde ich Agassmea zwingen, mir mein Eigentum wiederzugeben.«
»Zuerst gehörte er dir… Dann trugen ihn Frank Esslin und Höllenfaust… Besteht nicht die Gefahr, daß sie den Ring negativ beeinflußt haben, daß er sich verändert hat, nicht mehr so ist wie früher?«
»Darauf kann ich dir erst antworten, wenn ich ihn wiederhabe.«
»Er könnte sich dann gegen dich wenden«, sagte Vicky.
»Er darf dennoch nicht in Agassmeas Besitz bleiben. Sollte sich herausstellen, daß er für mich kein Schutz mehr ist,
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