Ausweichmanöver (German Edition)
Kopf. „Kommen Sie rein, wenn’s denn sein muss.“
Im Flur hing ein Traumfänger direkt neben zwei Gewehren. Kofi zeigte mit dem Finger auf das untere. „Der Bärentöter, stimmt’s?“
Der Mann, der vor uns hergegangen war, drehte sich um. Sein bisher missmutiges Gesicht hellte sich auf.
„Den Henrystutzen habe ich im Schlafzimmer. Werfen Sie mal ein Auge drauf, aber nicht erschrecken.“
Er zog eine Tür links von uns auf. Ein riesiger, zotteliger Bär mit einem Tablett auf den Pfoten stand da. Darauf lag ein Gewehr mit silbernen Nieten auf dem Kolben. Daneben stand ein weiteres, wohl dieser Henrystutzen.
Das Bett war frisch gemacht. Auf den Nachtschränken standen jeweils ein Wecker, eine Lampe und ein Glas. Die Gläser verkehrt herum auf Untersetzern. Eine Wand bedeckte der Kleiderschrank. Über dem Bett hing ein großes gerahmtes Plakat von Buffalo Bill.
Herr Sproy hatte meinen Blick bemerkt. „Das ist ein Original“, sagte er stolz.
Kofi hatte den Henrystutzen in der Hand und zielte auf den Federschmuck neben dem Fenster.
Mich fröstelte. Hier war nur Raum für die Devotionalien dieses Mannes. Alles sah kalt und unbewohnt aus. Wo war die Frau geblieben?
Als wir ins Wohnzimmer traten, tauchte sie wieder auf. Mit einem Tablett. Aufgeräumt sagte Herr Sproy: „Eigentlich müsste ich Ihnen ja ein Friedenspfeifchen anbieten, aber sie möchte nicht, dass hier geraucht wird, wegen der Gardinen.“ Er verdrehte die Augen.
Sofa und Sessel waren mit gewebten Decken mit Indianermustern bedeckt. An den Wänden, in der Schrankwand, überall Cowboys und Indianer.
Er klappte das Barfach in der Schrankwand auf. „Ein Feuerwasser?“
Wir lehnten ab, er schenkte sich einen Whisky ein.
Ich hatte gar nicht gewusst, dass es solche verspiegelten Barfächer noch gab. Dann betrachtete ich die Schränke genauer. Achtziger Jahre. Gleich nach der Hochzeit gekauft, nicht bei Ikea, sondern in einem richtigen Möbelhaus, für die Ewigkeit.
„Wobei soll meine Tochter Zeugin gewesen sein?“
„Mir wäre es lieber, wenn Ihre Frau sich auch zu uns setzen würde.“
„Muss das sein? Sie hat zu tun.“
„Es muss sein.“
Er seufzte, ich merkte jedoch, dass seine Geduld nachließ.
„Moni, setz dich her“, brüllte er.
Seine Frau huschte herein und setzte sich auf die Lehne seines Sessels.
Kofi räusperte sich. „Heute Morgen hat es einen Überfall auf das Campe-Gymnasium gegeben.“ Er reagierte gar nicht, sie hielt sich den Mund zu, die Augen vor Schreck geweitet. „Ihrer Tochter ist nichts passiert. Sie hatte die Schule etwa eine Stunde vorher verlassen.“
„Sie hat was?“
Herr Sproy sprang so abrupt auf, dass seine Frau von der Lehne rutschte. Sie rappelte sich auf. „Beruhige dich, Rolf.“
„Die kann was erleben, wenn sie nach Hause kommt. Schwänzen gibt’s bei uns nicht.“
Kofis Körper spannte sich an. Ich kam ihm zuvor. „In diesem Fall kann man von Glück reden, dass sie während des Anschlags nicht auf dem Hof war. Es hat Todesopfer und Verletzte gegeben.“
Er brummte etwas wie: „Hoffentlich hat es die Richtigen erwischt.“ Seine Frau hingegen fragte: „Freunde von Julia?“
„Ja, leider.“
Er mischte sich ein.
„Was soll Julia gesehen haben, wenn sie gar nicht mehr in der Schule war?“
„Könnte sie dem Täter begegnet sein, als sie die Schule verlassen hat?“ Frau Sproy war sichtlich geschockt. „Wo ist Julia jetzt?“
„Bist du blöd, oder was? Wenn Sie das wüssten, wären sie nicht hier.“
„Sie kennen Julias Freund?“
Die Frau nickte, ein Lächeln schlich sich in ihre Mundwinkel.
„Ist der Kerl tot?“
Er rieb sich die Hände. „Man müsste sich glatt bei dem Täter bedanken.“
„Rolf!“
„Ist doch wahr.“
„Nein, Timo Fleck hat es nicht getroffen. Er hat mit oder kurz nach Ihrer Tochter die Schule verlassen.“
In Rolf Sproys Gesicht arbeitete es. Konnte es sein, dass man sehen konnte, wenn er angestrengt nachdachte?
„Er ist der Täter. Was für ein Früchtchen. Ich hab’s schon immer gesagt, ein Arschvoll zur rechten Zeit hat noch niemandem geschadet.“
Kofi konnte kaum noch an sich halten.
„Das würde der Junge nicht tun“, murmelte Frau Sproy.
„Halt’s Maul. Soweit kommt es noch, dass du mir hier vor allen Leuten widersprichst und den Bastard auch noch in Schutz nimmst.“
Sie verließ, leise weinend, die Stube. Kofi erhob sich und folgte ihr. Rolf Sproy wollte ihn aufhalten, besann sich anders, als er meinen Blick
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