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Ausweichmanöver (German Edition)

Ausweichmanöver (German Edition)

Titel: Ausweichmanöver (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Hartmann
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Wintergarten der Familie Fleck. Frau Jutta Fleck, zerdrückte Frisur, Jogginganzug, hatte darauf bestanden, einen Kaffee und Kekse zu servieren. Nun setzte sie sich auf die Stuhlkante eines Korbsessels. Sie drehte den Ehering um ihren Finger. „Es geht um meinen Sohn Timo, haben Sie gesagt.“
    „Haben Sie schon gehört, was heute in Holzminden geschehen ist?“
    Wir hatten sie augenscheinlich aus dem Bett geklingelt. Sie wirkte noch immer etwas verschlafen, hatte sich aber inzwischen vollständig angezogen, wohl während der Kaffee durchlief. Wir hatten uns ein wenig umgeschaut.
    Ein gepflegter Garten mit Teich.
    „Wetten, dass da Kois drin schwimmen.“
    „Ich wette nicht mit dir.“ Ich stand vor der Bücherwand. „Schon mal was von Adorno gelesen? Ich wusste gar nicht, dass der so viel geschrieben hat.“
    „Mit dem Grill, der hier steht, könntest du ’ne ganze Kompanie versorgen.“
    Als ich Schritte auf dem Parkett hörte, gab ich Kofi ein Zeichen. Wir hatten uns wieder gesetzt, bevor sie bei uns angekommen war.
    „Sie haben den ganzen Vormittag geschlafen?“
    „Ich bin gegen drei Uhr mit der Lufthansa aus London in Hannover angekommen. Ich habe mich erst so gegen halb sechs hingelegt.“
    „War ihr Sohn da schon aufgestanden?“
    „Das weiß ich nicht. Er war nicht zu Hause.“
    „Wie meinen Sie das?“
    Sie wischte sich über die Augen. „Hören Sie, Timo ist 18, er hat eine Freundin und eine ganze Reihe Freunde. Wenn mein Mann und ich nicht zu Hause sind, übernachtet er oft woanders.“
    „Wir haben eine Zugehfrau, offiziell angemeldet natürlich, die sauber macht und dafür sorgt, dass immer genug zu essen im Kühlschrank steht und Timo morgens frische Brötchen bekommt. Klara kann Ihnen genau sagen, wann er das letzte Mal im Haus war. Im Allgemeinen meldet er sich bei ihr ab, damit sie sich nicht unnötig bemüht.“
    „Sie selbst hatten wie lange keinen Kontakt zu ihm?“ Ich fand, sie machte sich das alles ein bisschen einfach. Kein Wunder, dass der Junge auf komische Gedanken kam, wenn sich keiner um ihn kümmerte.
    Frau Fleck sah genervt aus.
    „Sie verstehen das falsch. Wir haben gestern Abend gescyped.“
    „Gewas?“
    Kofi mischte sich ein. „Übers Internet unterhalten, mit Bild.“ Er wandte sich an Frau Fleck. „Wir wollen nicht um den heißen Brei herum reden. Heute Morgen hat jemand ein Blutbad auf dem Schulhof des Campe-Gymnasiums angerichtet.“
    „Und nun verdächtigen Sie meinen Sohn, weil ich in London Plüschtiere einkaufe, statt mit Timo in den Zoo zu gehen?“ Sie unterbrach sich. „Mein Gott, ein Blutbad, was bedeutet das? Wurde jemand … getötet?“
    Kofi antwortete leise: „Zwei tot, sechs verletzt.“
    „Und Timo? Ist ihm was passiert?“
    „Nein, nein, Julia und er hatten die Schule kurz vorher verlassen.“
    „Gut! Und die anderen? Auch Campe-Schüler?“
    Kofis Augen fragten mich, ob er die Namen verraten durfte. Ich hatte nichts dagegen. Sobald sie Fernseher oder Radio anstellte, würde sie sie sowieso erfahren.
    „Philip Gutschke und Michelle Hüttner. Kannten Sie die beiden?“
    „Ja, seit vielen Jahren. Oh, mein Gott, wie furchtbar, die armen Eltern. Ich muss … mein Beileid aussprechen.“ Sie sah auf. „Das soll Timo getan haben? Warum sollte er so etwas machen? Das ist völlig unlogisch.“ Ihre Stimme drohte zu kippen.
    „Er hatte Stress mit einem Lehrer.“
    „Nicht er hatte Probleme mit Herrn Heckmann, sondern Julia. Hat der Heckmann ihn beschuldigt?“
    „Wie kommen Sie darauf?“
    Zum ersten Mal merkte ich ihr eine gewisse Unsicherheit an. Wusste sie von dem Autodiebstahl? Sie war erstaunlich gut informiert.
    „Timo lässt sich nicht den Mund verbieten.“ Leiser fügte sie hinzu: „Er hat Probleme mit Autorität.“
    Nette Umschreibung.
    „Ist Ihr Sohn Mitglied in einem Sportschützenverein?“
    „Nein, ist er nicht, war er auch nie. Eine Zeitlang hatte er ein Faible fürs Mittelalter, da hat er sich ein LARP-Schwert und einen Morgenstern aus Latex gekauft. Ansonsten hat er nichts mit Waffen am Hut. Er hat auch verweigert.“ Sie lachte hohl. „Als einer der Letzten.“
    „Was ist ein LARP-Schwert?“
    Kofi mischte sich ein. „LARP-Schwerter bestehen aus Kunststoff mit einem Fiberglaskern, sehen von Weitem aus wie echt, sind aber ziemlich weich. Kann man prima mit kämpfen. Zum Spaß.“
    Ich war mir sicher, dass er auch eins besaß. Später sollte ich es mir einmal anschauen. Schließlich fand ich selbst das Mittelalter

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