Ausweichmanöver (German Edition)
Schlüssels aus, reinigte ihn, wechselte die Batterien, aktualisierte den Code und erstellte dann eine Sicherungskopie des Schlüssels, die er in eine abschließbare Schublade legte, damit niemand Unbefugtes die Schlüssel fand.
Gegen 10 Uhr war er mit seiner Arbeit fertig. Frau Gambach bat ihn noch darum, in Stahle bei einem Mann vorbeizuschauen, der einen 2001er zum Ausschlachten inseriert hatte. Sebastian biss sich auf die Lippen. Wegen der Berichterstattung über den Überfall auf das Gymnasium hatte er gar nicht auf die Anzeigen geachtet. Wenn er schon mal unter der Woche eine Tageszeitung hatte, hätte er sie sicher damit überraschen können. Er überlegte, ob er sich jeden Tag einen „Anzeiger“ holen sollte.
Er war schon fast zur Tür hinaus, als Frau Gambach ihn noch einmal zurückrief. Sie hielt einen Umschlag in der Hand. „Sebastian, würden Sie noch einen Blumenstrauß besorgen. Um elf findet am Campe ein Trauergottesdienst für die ermordeten Schüler statt, und Herr Heckmann ist einer unserer guten Kunden. Da sollten wir unsere Anteilnahme beweisen. Sehen Sie zu, dass sie die Karte im Blumenladen ordentlich befestigen, damit man auch weiß, dass der Strauß von uns ist.“
Sebastian nahm die Karte. „Aber, aber, wieso Heckmann? Was hat der Heckmann damit zu tun?“
Sie lächelte ihn an. „Haben Sie das nicht gelesen? Wahrscheinlich nicht. Verstehe. Die Polizei geht davon aus, dass der Täter es auf Herrn Heckmann abgesehen hatte.“
„Dann hat er aber ziemlich schlecht geschossen, oder?“
Frau Gambach sah ihn vorwurfsvoll an. „Herr Posner! Man hört, dass der Herr Heckmann ziemlich streng ist, und nun hat einer seiner Schüler versucht, ihn abzuknallen. Timo Fleck heißt er, kennst du den? Der soll auch den neuen XC von Herrn Heckmann auf dem Gewissen haben.“
‚Ich bin aus dem Schneider, aus dem Schneider’, jubelte Sebastian innerlich. ‚Die verdächtigen einen von sich.’
„Nee, nee, kenne ich nicht. Woher auch. Kenne keinen vom Gymmi.“
„Ich dachte, weil wir diesen Praktikanten vom Campe hatten, Valentin oder? Ihr habt euch doch ganz gut verstanden.“ Er schaute sie so ausdruckslos an, dass sie abwinkte. „Schon gut. Sie können gehen.“
Er nickte und versuchte, seine Wut unter Kontrolle zu bringen. Mit Valentin gut verstanden? Hatte sie den Schuss nicht gehört? Wo der überall herumgeschnüffelt hatte. Bloß gut, dass ihm das aufgefallen war. Frau Gambach war viel zu vertrauensselig.
Plötzlich fiel ihm etwas ein. Hatte ihm Frau Gambach gerade den Namen des Wichsers verraten, der den Heckmann-Wagen geklaut hatte? Timo Fleck. Den würde er finden.
Er fühlte sich tief innen drin so glücklich wie schon lange nicht mehr. Besser ging’s doch gar nicht. Vielleicht musste er ihn gar nicht erschießen. Vielleicht kam er ins Gefängnis, obwohl er unschuldig war. Geile Strafe. Obwohl. Der hatte bestimmt ein Alibi. Und Eltern. Die würden ihm einen guten Anwalt besorgen, und schwupps war er wieder frei. So nich, Alter. So nich.
Nachdem er einen Blumenstrauß besorgt hatte, fuhr er zum Campe-Gymnasium und erschrak. In der Billerbeck standen lauter Übertragungswagen. ZDF, SAT.1, RTL, NDR, cool, waren die alle wegen ihm hier? Er musste grinsen. Wie geil war das denn? Ein Mann mit einer riesigen Kamera auf der Schulter kam auf ihn zu. Sebastian versuchte sofort, seine Gesichtsmuskeln zu kontrollieren. Traurig war er, unendlich traurig. Dann fiel ihm Michelle ein, und er wurde automatisch traurig.
Der Mann stellte ihm ein paar Fragen. Dabei hielt er ihm ein Felldingsmikro vors Gesicht. Sebastian beantwortete die Fragen so, wie er dachte, dass man sie als offizieller Vertreter eines Autohauses beantworten sollte. Frau Gambach wäre sicher stolz auf ihn. Zu spät fiel ihm ein, dass er sich das Logo des Senders nicht gemerkt hatte. Wenn er sich heute Abend im Fernsehen sehen könnte, das wäre was. Er musste unbedingt seine Mutter anrufen.
Er ging über den Parkplatz und um das Haus herum. Er schaute nur einmal vorsichtig zum Dach des weißen Hauses hinüber. Ganz schön hoch. Kein Wunder, dass er so wenig getroffen hatte. Und diese Bäume. Schnell ging er weiter. Bloß nicht auffallen. Die Büsche, davor jede Menge Leute.
Mit seinem Strauß in der Hand machten die Menschen ihm Platz. Er ging bis nach vorne und staunte. Das ganze Rund war vollgestellt mit Kerzen, Blumen und Bildern. Plüschtiere waren da, Trommelstöcke und so ein schwarzes T-Shirt. Ein paar Mädchen
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