Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ausweichmanöver (German Edition)

Ausweichmanöver (German Edition)

Titel: Ausweichmanöver (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Hartmann
Vom Netzwerk:
sehen. Das hatte der ja auch nicht nötig. Sobald er von der Leiter herunter war, brauchte er sich nur ganz normal zu benehmen.“
    „Es könnte also auch einer der Zeugen sein?“
    „Nein, die waren die ganze Zeit zusammen, sagen sie.“
    Mausig unterbrach sie. „Zeugen wertlos. Was haben wir noch?“
    Ich dachte darüber nach, wo Timo so schnell einen Blaumann aufgetrieben hatte. Ganz einfach, da, wo er das Gewehr versteckt hatte.
    „Ollner?“
    Ich schreckte auf.
    „Der Verdächtige heißt Timo Fleck, ein 18-jähriger Gymnasiast, …“
    „Sohn von Anwalt Gernot Fleck?“
    „Ja.“
    „Wie unangenehm.“
    „Wieso?“
    „Wir kennen uns schon recht lange, nicht befreundet, das nicht. Hm, Beweise?“
    „Nur Indizien. Eine Drohung, kein Alibi, vom Erdboden verschwunden?“ Jetzt sprach ich schon wie er.
    „Zur Fahndung ausgeschrieben?“
    Ich schüttelte den Kopf. Es ging auch ganz ohne Worte.
    „Die Mutter zeigte sich kooperativ. Wir haben ihn in die Vermisstendatei eingetragen.“
    Mausig erhob sich. „War das alles? Meine Herren, Sie machen mir meine Aufgabe nicht leicht. Wie sagt man möglichst viel, wenn man eigentlich gar nichts zu sagen hat? Ich möchte lieber nicht in meiner Haut stecken.“
    Ich auch nicht, dachte ich und spürte auf einmal, wie kaputt ich war.
    Mausig verließ den Raum, langsam, fast zögerlich. Wahrscheinlich übte er die Formulierungen für die Pressekonferenz.
    „Kofi, ich fahr nach Hause und leg mich hin. Soll ich dich morgen früh um acht wieder abholen?“
    „Tu das, ich gehe noch eine Runde durch die Innenstadt.“
    Das kannte ich. Früher, in meinem Kiez, bin ich oft einfach so herumspaziert, von Kneipe zu Restaurant und Supermarkt, hier ein paar Sätze, da ein Espresso, und ganz nebenbei wertvolle Informationen sammeln.
    Sollte ich mitgehen? Quatsch. Ich würde ihm nur alles vermasseln. Niemand kannte mich hier, niemand vertraute mir. Ich würde gar nichts hören.
    Trotzdem beschloss ich, nicht heimwärts zu fahren. Ich ging über die Straße und lief hinunter zum Weserkai. Dort setzte ich mich in die Hafenbar und bestellte mir eine Currywurst mit Pommes und Zwiebeln und ein Allersheimer. Das Museumsschiff „Stör“ neben dem Schwimmbad am Ufer gegenüber erinnerte mich daran, dass ich noch kein bisschen Sport getrieben hatte, seit ich nach Holzminden gezogen war.
    Es war kühl, und ich knöpfte meine Jacke zu.
    Warum war ich so unruhig?
    War dieser Heckmann noch in Gefahr?
    Übersahen wir etwas?
    Erst als mein Essen auf dem Tisch stand, merkte ich, wie ausgehungert ich war.
    Um mich herum saßen Menschen. Sie unterhielten sich, lachten. In den Strandkörben saßen Jugendliche, Musik lief. Ob sie in der Jugendherberge wohnten? Es waren wohl kaum Campe-Schüler. Wie die den Abend verbrachten?

Donnerstag, der 16. Juni 2011

20
    Auf dem Weg zum Bäcker hatte Sebastian sich, wie jeden Tag, die BILD geholt, und einen „Täglichen Anzeiger“, den las er sonst nicht. Eine Zeitung mit Trauerrand gab es echt selten. Die beiden Schokohörnchen, die er sich jeden Morgen holte und in den Kaffee stippte, ließ er unbeachtet auf dem Küchentisch liegen.
    Ein Mädchen!
    Er musste husten. Wieso ein Mädchen? Er las die Bildunterschrift. Michelle Hüttner. Er überflog den Text. „… Erkenntnissen der Ermittler … zweites Opfer … obwohl Gordon Willig versucht hatte, seine Freundin mit seinem Körper zu schützen … Glück, nur zwei Todesopfer zu beklagen …“
    Sebastian fühlte sich benommen. Ihm war so schwindelig, dass er sich an der Tischkante festhalten musste. Wieso denn ein Mädchen? Er betrachtete noch einmal das Bild. Hübsch noch dazu. Dann fiel sein Blick auf den toten Jungen. Den kannte er gar nicht. Wie hieß der? Philip Gutschke? Nie gehört! Da musste doch irgendwo auch etwas über die Verletzten stehen. Er hatte doch gesehen, dass er den Russenscheißer getroffen hatte. Noch einmal las er den Text. „Valentin Shekovietz und Gordon Willig befinden sich noch im Krankenhaus, die vier anderen Schülerinnen und Schüler wurden von herumfliegenden Splittern verletzt und konnten das Krankenhaus noch am selben Abend verlassen.“ Sebastian hätte gern ein Foto von diesem Gordon gesehen. War das der Name von dem Rothaarigen, der ihm zusammen mit dem anderen Wichser die Tour mit dem Volvo vermasselt hatte?
    Das musste er unbedingt herausfinden.
    Dann fiel sein Blick wieder auf das Mädchen. Nee, das hatte er nicht gewollt. Er kniff die Augen zusammen, fixierte

Weitere Kostenlose Bücher