Ausziehen!
Krieger mit gefühlvollen Augen und sauberen Fingernägeln. Mit einem übertrieben bescheidenen Lächeln und italienischen Slippern. Ein Krieger mit einem Tagebuch, das erst noch entdeckt werden musste und in Wirklichkeit vielleicht niemals -
Mein Hirn kam ruckartig zum Stillstand, als die Wahrheit Schritt für Schritt in meinen gut gekühlten Verstand einsickerte. Ein Krieger würde sein Tagebuch ganz bestimmt nicht in irgendeinem Bankschließfach oder im modrigen Keller eines Verwandten verstecken. Ein Krieger wäre stolz auf seine Eroberungen, zufrieden mit seinen Heldentaten.
Ein Krieger würde sein Tagebuch unter Einsatz seines Lebens bewachen. Wahrscheinlich dort, wo er seine Eroberungen machte, in seinem Schlafzimmer. Seine zahlreichen Eroberungen, über die er seine arme, unterbezahlte Therapeutin belügen würde. Die gleiche Therapeutin, die …
Ach, zum Teufel damit. Der entscheidende Punkt war, dass sich das Tagebuch in seinem Haus befand. Ich musste es einfach nur finden.
16
Denk dran, Fräulein, escargots sind nichts anderes als Schnecken, die ihre Nase hoch tragen.
Connie McMullen, als sie von dem Wunsch ihrer Tochter erfuhr, ein Studium zu absolvieren
D as Bezirkspolizeirevier war groß und laut. Ich hatte über ein Dutzend Möglichkeiten nachgedacht, wie ich in Bomstads Haus einbrechen könnte, aber alle erforderten entweder einen Catsuit oder einen Dietrich. Da ich weder einen Catsuit besaß noch wusste, was genau ein Dietrich war, hatte ich mich letztendlich für eine etwas bequemere Methode entschieden. Ich würde Rivera meine professionelle Unterstützung anbieten. Sollte das nichts bringen, könnte ich ja immer noch auf Erpressung umsatteln. Schließlich schien es doch eher unwahrscheinlich zu sein, dass seine jugendlichen Fehltritte bekannt und breitgetreten werden sollten.
Eigentlich hatte ich vorgehabt, bei ihm zu Hause vorbeizuschauen, aber die Polizeistation bot wenigstens ein Minimum an Sicherheit. Denn selbst wenn Rivera herausgefunden haben sollte, dass ich im Privatleben seiner Exfrau herumgeschnüffelt hatte, so wäre ich doch durch die Anwesenheit der anderen Polizeibeamten gegen seinen Zorn gefeit. Oder?
»Ist Lieutenant Rivera zu sprechen?«, fragte ich. Ich sprach mit meiner Nasalstimme, wie Elaine es nannte.
Die Frau hinter der Empfangstheke musterte mich von Kopf bis Fuß. »Sie wollen zu Lieutenant Rivera?« Sie hatte lockige, braune Haare, ein eckiges Gesicht und eine insgesamt recht quadratische Figur. Ich war sehr dafür, mehr Frauen bei der Polizei einzustellen, aber falls mir mal irgendwer zu Hilfe eilen sollte, dann hoffte ich, dass es nicht ausgerechnet diese hier wäre, da sie nicht sonderlich leichtfüßig aussah. Aber mir stand es wohl kaum zu, über physische Fähigkeiten zu urteilen. Eine ziemlich kleine Rechtsanwaltsgehilfin war einmal ins Warthog gestürmt gekommen und hatte mich beschuldigt, mit ihrem Ehemann geflirtet zu haben. Nun wog besagter Ehemann an die dreihundert Pfund und bewegte sich wie ein Schnabeltier, was ich ihr - undiplomatisch, wie ich in jüngeren Jahren leider war - auch sagte.
Sie erwischte mich wie eine Abrissbirne. Treten konnte sie auch ziemlich ordentlich. Zwei Türsteher und eine Reihe einfallsreicher Drohungen waren nötig, um sie von mir loszureißen.
Ich lächelte die Polizeibeamtin an und fragte mich insgeheim, ob ich es wohl mit ihr im Armdrücken aufnehmen konnte. Es ist nicht etwa so, dass ich von besonderem Konkurrenzdenken geprägt bin, aber hin und wieder prüfe ich ganz gern mal nach, wie es so um mich bestellt ist. »Ja«, antwortete ich mit der gebotenen Höflichkeit, »wenn er im Hause ist.«
Sie musterte mich wieder von Kopf bis Fuß, legte den Kopf auf die Seite, bedachte mich mit einem »Das könnte interessant werden«-Blick und drehte sich um.
Ich ließ die Augen durch den Raum schweifen, während ich mich bemühte, möglichst lässig und vielleicht ein wenig überlegen auszusehen. Ich glaube, es gelang mir ganz gut.
»Sie wollen mich sprechen?«
Ich sah auf. Rivera stand in all seiner dienstlichen Pracht und Herrlichkeit vor mir. Er trug einen leichten, grauen Pullover, den er in die schwarze Hose gestopft hatte. Sein Bauch, wenn man das überhaupt so nennen konnte, schien hart wie Kandiszucker zu sein. Das Gesicht, das er dazu machte, sah dagegen weniger attraktiv aus.
»Ja.« Ich versuchte es mit einem Lächeln, aber aufgrund meiner derzeitigen Verfassung brachte es ihn nicht gerade dazu, in
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