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Ausziehen!

Ausziehen!

Titel: Ausziehen! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois Greimann
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ablehnte.«
    Ich entspannte mich etwas. Zumindest hatte ich die richtige Exfrau getroffen, und in der hintersten Ecke meines Hirns war ich mir sicher, dass jemand, der den Namen Gerald trug, nicht wirklich gefährlich sein konnte.
    »Hat er seinen Vater gehasst?«
    »Ich weiß es nicht.« Sie seufzte. »Sein Vater war in der Politik. Ein starker Befürworter härterer Gesetze und der Todesstrafe. Er war auch dafür, Kinder vor Gericht wie Erwachsene zu behandeln - Verantwortung für alle Altersstufen und so ein blödes Zeug -, aber als Gerald in Schwierigkeiten geriet …« Sie schüttelte den Kopf.
    Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Unser Gerald - in Schwierigkeiten! Gott bewahre! Ich suchte nach einem Weg, wie ich sie dazu bringen konnte, weiterzuerzählen. »Eltern neigen oft dazu, die eigenen Kinder im Gegensatz zu denen anderer Leute in einem völlig anderen Licht zu sehen.«
    »Tja, das kann sehr hart sein. Ich …« Sie lachte. »Ich entwickle ja sogar Beschützerinstinkte gegenüber meinem Hund!« Sie kraulte wieder ihren Retriever, aber ihr Blick wanderte in die Ferne. »Sein Vater hat dafür gesorgt, dass er nicht ins Gefängnis musste, aber manchmal habe ich mich schon gefragt, ob es nicht besser für ihn gewesen wäre, wenn …« Zögernd hielt sie inne. Mir fielen mittlerweile bald die Augen aus dem Kopf.
    Gefängnis! Rivera!
    »Er hat es Gerald immer wieder spüren lassen. Wissen Sie, alles, was er tat, war einfach nie gut genug für seinen Vater.«
    Das wollte mir einfach nicht in den Kopf gehen.
    »Was hat er denn gemacht?« Mein Mund sprach, ohne dass das Hirn folgen konnte.
    »Nichts Schlimmes«, sagte sie und zuckte kurz anmutig mit den Schultern. »Er war einfach nur jung damals.« Sie begann, mir auszuweichen. Die Therapeutin in mir bestand darauf, die Sitzung langsam zu beenden, die Cocktail-Kellnerin schlug vor, ihr ein Taxi zu rufen, und die Tatverdächtige befahl, bloß die Klappe zu halten, wenn ich nicht die nächsten zwanzig Jahre meine Toilette mit einer Zellengenossin teilen wollte. »Er ist einfach an die falschen Leute geraten. Sie wissen ja, wie so was läuft.«
    Nein. Erzähl mehr. Womöglich habe ich ein wenig gesabbert. »Die Jugend ist oft eine schwierige Zeit.«
    »Erzählen Sie mir davon.«
    Wahrscheinlich war sie selbst immer noch ein Teenie.
    »Jedenfalls hat der Senator ihn da rausgehauen, ihn die Sache aber niemals vergessen lassen, bis heute nicht. Ein strenger Verfechter der Disziplin.« Sie malte mit ihren Fingern Anführungszeichen in die Luft.
    »Also …« Ich versuchte, so locker und zwanglos wie möglich zu klingen. »Das ist also dann der Grund, warum Gerald zur Polizei gegangen ist? Um andere so zu disziplinieren, wie er selbst diszipliniert worden ist?«
    »O nein!« Sie wirkte schockiert. Entsetzt. »Er wollte wirklich etwas bewegen, Los Angeles zu einem sicheren Ort zum Leben machen. Vielleicht wollte er uns vor dem beschützen, was er mal gewesen war, aber …« Sie seufzte. »Der Herr sei allen gnädig, die vom geraden Weg abkommen, besonders, wenn sie jemandem schaden, den er gerne hat.«

15
    Schönheit ist eine rein oberflächliche Sache.
Aber es interessiert doch keine Sau,
was da drunter ist.
    Michael McMullen
     
     
    D ie nächsten Tage zogen sich wie Kaugummi. Ich hielt Sitzungen, tuckerte durch Chestnut Hill und rang mit meinem Garten. Schlafen konnte ich nicht viel. Visionen von Rivera, der mich in einem riesigen Topf mit den restlichen Kriminellen von L.A. kochte, verfolgten mich in meinen Träumen. Seltsamerweise schienen sich die Gründe dafür jedoch zu ändern. Im einen Augenblick beschuldigte er mich, in die Privatsphäre seiner Familie (oder Exfamilie) eingedrungen zu sein, während er mich im nächsten für Bomstads steifen Abgang verantwortlich machte. So oder so war es keine angenehme Vorstellung, als Fleischbeilage vor mich hin zu köcheln.
    Komisch, aber als ich aufwachte, hatte ich Hunger und einen Riesenappetit auf Eintopf.
    Da die Waage jedoch stoisch darauf beharrte, dass ich immer noch keine Twiggy-Proportionen erreicht hatte, packte ich mir mein Lunch-Paket, einen Brombeerjoghurt und Pflaumen, und machte mich auf den Weg zur Arbeit.
    Drei Wochen waren nun schon seit Bomstads Tod vergangen. Und diese Wochen waren mit Abstand die seltsamsten in einem an sich schon relativ seltsamen Leben gewesen. Der Donnerstag tröpfelte so vor sich hin, daher kümmerte ich mich um meine Patientenakten, kaufte mir eine Packung Virginia Slims und

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