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Autobiografie einer Pflaume - Roman

Titel: Autobiografie einer Pflaume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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mir.»
    «Was sollen wir erzählen?»
    «Spiel jetzt nicht die Pflaume. Ich sehe doch, dass ihr beide todunglücklich seid. Was ist los?»
    «Nichts», sagt Camille.
    «Das sollte man nicht meinen, wenn man euch wie die geprügelten Hunde herumschleichen sieht.»
    «Es ist nichts weiter, Geneviève», sage ich.

    «Warum geht ihr nicht mit euren Kameraden spielen?»
    «Die wollen nichts von uns wissen», entfährt es Camille.
    «Wieso wollen die nichts von euch wissen?»
    «Nicht mal Béatrice spricht ein Wort mit mir», schnieft Camille.
    «Nimm’s dir nicht zu Herzen, meine Kleine.»Und Madame Papineau wischt ihr mit ihrem Taschentuch die Tränen weg.
    «Tut mir einen Gefallen. Wartet in meinem Büro auf mich. Ich komme gleich nach.»
     
     
    Im Büro von Madame Papineau ist es kühl.
    Camille hält ihr Gesicht vor den Ventilator, und ihre langen braunen Haare wehen im Luftstrom.
    Ich schaue die Wände voller Kinderzeichnungen an, als im Flur fröhliches Lärmen ertönt.
    Die Direktorin führt das Grüppchen herein und macht die Tür hinter sich zu.
    Ein bisschen verlegen schauen wir uns alle an.
    Béatrice will den riesengroßen Stoffhasen nicht loslassen, hinter dem sie völlig verschwindet.
    «Gut. Kinder, ich habe euch hier versammelt, weil Pflaume und Camille sich von euch ein bisschen vernachlässigt fühlen. Ich warte. Wer möchte etwas sagen?»
    «Das liegt nicht an uns, Madame», sagt Boris.«Sie gehen weg.»
    «Das bedeutet aber nicht, dass sie euch nicht mehr lieb haben», sagt die Heimleiterin.«Ich bin mir sicher, dass es ihnen genauso wehtut wie euch.»
    «Ich will nicht lebenslänglich in einem Schrank eingesperrt sein», heult Ahmed.
    Simon durchbohrt ihn mit dem Blick, und auf seinen Lippen lese ich:«Halt bloß die Klappe.»
    «Können wir zur Kirmes zurückgehen?», fragt Antoine.

    «Ja, wenn ihr Pflaume und Camille mitnehmt», antwortet die Heimleiterin.
    «Zwingen Sie sie nicht, Madame», sagt Camille.«Ich wollte euch nur sagen, wie gern ich euch alle habe. Dich, Alice, und dich, Béatrice, werde ich nachts schrecklich vermissen. Und du, Simon, wirst mir fehlen, weil du mir so viele Sachen beigebracht hast, und dir, Ahmed, verspreche ich den schönsten Schlafhasen der Welt. Und euch, Brüder Chafouin, beneide ich um die Gelassenheit, mit der ihr Schmerzen ertragt. Für die Leute, die Augen haben und trotzdem nichts sehen, würde ich mir am liebsten das Wort ‹zerbrechlich› eintätowieren lassen. Und du, Jujube, kommst in eine echte Familie, deine eigene, und brauchst keine Pflaster und Wehwehchen mehr. Ja, ihr werdet mir alle fehlen. Und ich weiß, dass es für euch nicht mehr wie früher sein wird. Aber für Pflaume und mich auch nicht. Und nur weil wir uns seltener sehen werden, verliert ihr nicht euren Platz in meinem Herzen.»
    «Du wirst mir auch fehlen», sagt Béatrice.
    «Mir auch», schnieft Alice.
    «Darf ich dir einen Kuss geben, Pflaume?», fragt Simon.
    «Ööh, ja, wenn du willst.»
    «Ich auch?», fragen die Brüder Chafouin wie aus einem Mund.
    Und wir drücken einander und verzeihen einander alles Mögliche, und Simon sagt sogar zu Ahmed:«Das mit dem lebenslänglichen Schrank war nur ein Scherz», aber Ahmed gibt keine Antwort, weil er die Klappe halten muss, und auf einmal merken wir, dass die Direktorin nicht mehr da ist.
    Jujube setzt sich an ihren Platz und probiert ihre Brille auf und dreht den Bleistift zwischen den Fingern.
    Simon ruft:«Sag Geneviève zu mir!», und Boris:«Wenn ihr mit dem Blödsinn nicht sofort aufhört, wisst ihr, was euch erwartet! », und Antoine:«Treppendienst!», und alle drei tun so, als würden sie den Sessel putzen.

    Béatrice und Alice gehen wie die Direktorin, mit erhobenem Kopf, und lassen ihre Arme so hängen, wie sie es tut.
    Camille kommt zu mir und sagt:«Bitte lächeln, wenn Sie fotografiert werden», und sie tut so, als hätte sie einen Fotoapparat in der Hand.
    Sofort hören die anderen auf, die Direktorin nachzuäffen, und stellen sich ganz dicht zu mir und machen die grauenhaftesten Grimassen.
    «Fertig?», sagt Camille.«Achtung, gleich kommt das Vögelchen! »
    Und sie drückt auf den eingebildeten Auslöser, und dieses Foto, so viel wissen wir, werden wir immer bei uns tragen.
    Wir laufen alle zu den Kirmesständen.
    Endlich spüre ich die heiße Sonne auf meiner Haut, und ich blicke zum Himmel hinauf: blau und beinahe wolkenlos.
    Es macht mir nichts mehr aus.
    Ich will den Himmel nicht mehr umbringen.
    Auf der Erde

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