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Autobiografie einer Pflaume - Roman

Titel: Autobiografie einer Pflaume - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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hat.
    Was das Wort Adoption bedeutet, das musste ich die Brüder Chafouin gar nicht fragen. So ein Wort ist zu einfach für das Wörterbuchspiel. Sogar ich weiß, was es bedeutet.
    «Die Hexe wird es nicht erlauben», sagt Camille, die eine Hand voll Gras ausreißt.
    «Mach dir keine Sorgen, Raymond spricht mit dem Richter, und alles wird gut.»
    «Du kennst sie nicht, sie wird Monsieur Clerget um den Bart gehen und ihm Schauermärchen auftischen, und ich bleibe in Fontaines.»
    «Ohne dich gehe ich nicht weg.»
    Und wir sehen uns mit weit aufgerissenen Augen an.
     
     
    Die Hexe macht mir keine Sorgen. Sie wird ganz sicher weggepustet wie ein Blatt im Sturm, und keiner wird sich die Mühe machen, sie aufzuheben. Sie kann dem Richter ruhig um den Bart gehen, den er gar nicht hat, denn Monsieur Clerget hat sie auf dem Kieker, seit er die Kassette gehört hat, und er weiß, dass sie lügt, sobald sie den Mund aufmacht.
    Aber mir fällt es entsetzlich schwer, so ein großes Geheimnis für mich zu behalten, und jedesmal wenn ich mit Simon oder mit Ahmed spreche, komme ich mir vor wie ein Verräter.
    Und Camille geht es genauso.
    Es ist schlimmer, als wenn man sich wie eine Petze vorkommen müsste.
    Simon ist nicht doof, und er sieht mir an, dass ich mich verändert habe, seit ich von dem Ausflug ans Meer zurückgekommen bin.
    Ich sage zu ihm:«Du hast zu viel Phantasie, Simon», aber Simon schaut mich nur an, als wäre ich nicht mehr sein Freund, und das tut weh.

    Ich habe Raymond mit dem Telefon angerufen, und er hat zu mir gesagt:«Nur Mut, mein Pfläumchen, du musst nur noch ein paar Tage durchhalten.»
    «Wie viele Tage?», habe ich gefragt und meine Finger zum Zählen gespreizt.
    «Höchstens zwanzig. Nach der Kirmes von Fontaines.»
    Ich habe die Hand wieder zugemacht. Für zwanzig Tage habe ich nicht genug Finger.
    Béatrice hat Camille sogar gefragt, warum sie mir dauernd ins Ohr flüstert.«Habt ihr was gegen mich?»
    «Nein.»
    «Und warum darf ich dann nicht mehr mit dir spazieren gehen?»
    «Darum.»
    «Gehst du weg?»
    Da wäre Camille fast die Luft weggeblieben.
    «Wohin denn?»
    «Ans Meer. Seit du am Meer warst, bist du so komisch. Du isst fast nichts mehr, du tuschelst die ganz Zeit mit Pflaume, und in der Schule schaust du immer aus dem Fenster, als wolltest du am liebsten wegfliegen. Alice hat mich schon gefragt, und sogar die Jungen wollten wissen, ob ich irgendwas wüsste. Ich habe gesagt: ‹Ja, aber das geht euch nichts an, es ist eine Sache unter Mädchen.›»
    «Das hast du gesagt?»
    «Na ja, ich wollte nicht als dumme Kuh dastehen.»
    Und Camille hat sie ganz fest gedrückt.«Du bist keine dumme Kuh, Béatrice. Und ich verspreche dir hoch und heilig, dass ich dir als Erster alles sagen werde.»
    «Und wann?»
    «Bald.»
    «Bist du mir auch nicht böse, wenn ich vor den anderen so tue, als wäre ich schon eingeweiht?»

    «Nein.»
    «Und warum weinst du dann?»
    «Ich weine doch nicht.»
    «Und was hast du dann im Auge?»
    «Ach, das ist nur ein bisschen Staub.»
    «In Fontaines gibt es keinen Staub. Hast du etwa nicht gesehen, wie die Damen überall mit dem Staubsauger hinfahren? Sogar unter die Betten.»
    «Aber diesen Staub haben sie eben nicht gefunden.»
    Jujube stellt als Einziger keine Fragen. Seine Eltern besuchen ihn oft in Fontaines, wenn sie ihn nicht nach Paris mitnehmen.
    Er hat nie mehr Bauchweh und nie mehr ein Pflaster am Finger und gibt mächtig an.«Bald ziehe ich mit meinen Eltern in ihr riesengroßes Haus, wo ich ein riesengroßes Zimmer für mich ganz allein habe. Und jede Menge Spielsachen und einen Garten für mich ganz allein. Und später heirate ich und habe Kinder und kann euch dann nicht mehr besuchen …»
    Simon ist der Kragen geplatzt.«Du nervst total, Jujube. Kein Schwein interessiert sich für dein riesengroßes Haus und deinen Garten für dich ganz allein. Du hast noch nie einem anderen was abgegeben, und keine Frau ist so dumm, einen wie dich zu nehmen mit deinem Holzkopf, der wie ein vertrockneter Keks aussieht, und mit deinem Wanst wie von einem Mastschwein, und Kinder wirst du keine haben, und das ist ihr Glück, und hier wirst du niemandem fehlen.»
    Manchmal ist Simon richtig hart. Man sollte meinen, er hätte eine Haut aus Leder.
    Und seit er mich anschaut, als wären wir keine Freunde mehr, ist er zu allen gemein. Jujube hat nicht mal versucht, ihm eine zu scheuern, sondern ist mit offenem Mund dagestanden und hat geweint wegen dem Holzkopf, der wie

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