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Autofab

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Titel: Autofab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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soll. Der Commissioner will, daß sie verbessert wird, damit er schneller eingreifen kann. Da könnten Sie sich anschließen.«
    »Mach ich. Wann ungefähr?«
    »Sagen wir, vier Uhr. Eingang B, Ebene 6. Ich – hol Sie ab.«
    »Schön«, willigte Anderton ein. »Hoffentlich sind Sie immer noch dafür zuständig, wenn ich komme.«
    Rasch hängte er ein und verließ die Zelle. Einen Augenblick später zwängte er sich durch die dichte Traube von Menschen, die sich in dem nahegelegenen Cafe drängten. Dort würde ihn niemand finden.
    Er mußte dreieinhalb Stunden warten. Und es würde ihm sehr viel länger vorkommen. Es schien ihm, als habe er in seinem ganzen Leben noch nicht so lange gewartet, als er schließlich zum vereinbarten Zeitpunkt mit Page zusammentraf.
    Pages erste Worte waren: »Sie sind wohl verrückt geworden. Verflucht noch mal, wieso sind Sie zurückgekommen?«
    »Ich bleib nicht lang.« Angestrengt schlich Anderton durch den Affenblock und verriegelte systematisch eine Tür nach der anderen. »Lassen Sie niemand rein. Ich kann kein Risiko eingehen.«
    »Sie hätten aussteigen sollen, als Sie noch am Drücker waren.« Von heftiger Besorgnis erfüllt lief Page hinter ihm her. »Witwer bringt sein Schäfchen ins trockene, für den ist das ein Kinderspiel. Er hat’s geschafft, daß jetzt das ganze Land Ihren Kopf fordert.«
    Anderton ignorierte ihn und ließ die Hauptkontrollbank der Analysemaschinen aufschnappen. »Von welchem der drei Affen stammt der Minderheiten-Bericht?«
    »Fragen Sie mich nicht – ich bin weg.« Auf dem Weg zur Tür blieb Page kurz stehen, deutete auf die Gestalt in der Mitte und verschwand dann. Die Tür ging zu; Anderton war allein.
    Der in der Mitte. Den kannte er genau. Die zwergenhafte, verkrümmte Gestalt saß seit fünfzehn Jahren in einem Wust aus Kabeln und Relais. Sie blickte nicht auf, als Anderton näher kam. Mit leeren, glasigen Augen betrachtete sie eine Welt, die noch nicht existierte, blind gegen die physische Realität um sie herum.
    »Jerry« war vierundzwanzig Jahre alt. Er war ursprünglich als hydrozephaler Idiot eingestuft worden, aber im Alter von sechs Jahren hatten die Psycho-Tester die Präkog-Begabung festgestellt, tief unter den zerfressenen Gewebeschichten verborgen. Er war in einem regierungseigenen Ausbildungszentrum untergebracht worden, wo die latente Begabung gefördert wurde. Mit neun Jahren war die Begabung so weit entwickelt, daß sie ein brauchbares Stadium erreicht hatte. »Jerry« jedoch blieb zurück im ziellosen Chaos des Schwachsinns; das keimende Talent hatte seine Persönlichkeit völlig verschlungen.
    Anderton hockte sich hin und fing an, die Schutzschilde abzumontieren, die die in den Analysemaschinen untergebrachten Bandspulen sicherten. Anhand von Schaltplänen verfolgte er die Leitungen von den Endstufen der integrierten Rechner zurück zu dem Punkt, wo »Jerrys« Anschluß abzweigte. Nach ein paar Minuten hatte er mit zitternden Händen zwei Halbstunden-Bänder zutage gefördert: Daten, die erst vor kurzem ausgesondert worden waren und nicht mit Mehrheitsberichten übereinstimmten. Er sah in der Kodetabelle nach und wählte den Bandabschnitt, der speziell seine Karte betraf.
    Ganz in der Nähe stand ein Bandabtaster. Mit stockendem Atem legte er das Band ein, setzte den Transportmechanismus in Gang und lauschte. Es dauerte bloß einen Augenblick. Schon nach den ersten Sätzen des Berichts war klar, was passiert war. Er hatte, was er wollte; er konnte aufhören zu suchen.
    »Jerrys« Visionsphasen waren durcheinandergeraten. Aufgrund der Unberechenbarkeit der Präkognition erforschte er einen anderen Zeitbereich als seine Genossen. Für ihn war der Bericht, daß Anderton einen Mord begehen würde, lediglich ein Vorgang, der, genau wie alles andere, integriert werden mußte. Diese Behauptung – und Andertons Reaktion darauf – war nichts weiter als eine Dateneinheit.
    Offensichtlich hatte »Jerrys« Bericht den Mehrheitsbericht außer Kraft gesetzt. Nachdem er die Information erhalten
    hatte, er werde einen Mord begehen, würde Anderton es sich anders überlegen und davon absehen. Die Vorhersage des Mordes hatte den Mord neutralisiert; dem Verbrechen war schlicht dadurch vorgebeugt worden, daß er die Information erhalten hatte. Schon war ein neuer Zeitpfad erzeugt. Doch »Jerry« war überstimmt worden.
    Mit zitternden Fingern spulte Anderton das Band zurück und ließ den Aufnahmekopf einrasten. Er machte eine

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