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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Noch als sich dieser Gedanke in ihr formte, war Igraine…
anderswo.
    …
Wo war sie? Sie sah den Schein einer kleinen Lampe und entdeckte im zuckenden Licht den Herzog inmitten etlicher Köpfe – Männer, die sich in einer kleinen Steinhütte im Moor zusammendrängten. Gorlois sagte gerade: »Unter Ambrosius habe ich viele Jahre lang an Uthers Seite gekämpft, und wenn ich ihn überhaupt kenne, dann verläßt er sich auf seinen Mut und den Augenblick der Überraschung. Seine Männer kennen das Wetter in Cornwall nicht; sie werden nicht wissen, daß es sich bald nach Mitternacht aufklärt, wenn die Sonne im Sturm untergeht. Deshalb werden sie sich vor den ersten Sonnenstrahlen nicht von der Stelle rühren. Aber bei Sonnenaufgang wird Uther sich auf den Weg machen, in der Hoffnung, uns in der Frühe zu überraschen. Wenn es uns jedoch gelingt, sein Lager in den Stunden vor Sonnenaufgang zu umzingeln, ist die Überraschung auf unserer Seite. Sie werden sich auf den Abmarsch vorbereiten und an nichts Böses denken. Mit etwas Glück haben wir sie niedergemacht, ehe sie ihre Schwerter ziehen können. Ist Uthers Heer erst einmal zerschlagen, wird er die Flucht ergreifen, Cornwall verlassen, um nie mehr zurückzukehren, falls er nicht selbst unter den Toten ist.«
    Im schwachen Licht der Lampe sah Igraine, daß Gorlois die Zähne fletschte wie ein Raubtier. »Und wenn er tot ist, werden sich seine Soldaten wie ein Bienenschwarm zerstreuen, dessen Königin gestorben ist.«
    Igraine spürte, wie sie zurückwich. Selbst körperlos, als Geist glaubte sie, daß Gorlois sie dort sehen
mußte.
Und tatsächlich, er hob den Kopf, runzelte die Stirn und fuhr sich über das Gesicht.
    »Ich spüre einen Luftzug… es ist kalt hier«, murmelte er.
    »Wie könnte es auch anders sein? Hier drinnen ist es so eisig wie in einem Grab, während dieser Schneesturm draußen tobt«, schimpfte einer seiner Männer.
    Aber noch ehe er ausgesprochen hatte, war Igraine verschwunden. Körperlos schwebte sie im Nirgendwo, zitterte und widerstand dem starken Drang, nach Tintagel zurückzukehren. Sie sehnte sich nach dem Gefühl ihres Körpers und des Feuers und wollte nicht wie ein toter Geist zwischen den Welten wandern …
    Uther! Wie konnte sie Uther erreichen, um ihn zu warnen? Zwischen ihnen gab es kein Band, noch nicht einmal einen leidenschaftlichen Kuß, der ihre Körper verbinden und den körperlosen Geist anziehen würde. Gorlois hatte sie des Ehebruchs beschuldigt, und wieder wünschte Igraine mit Inbrunst, es wäre so gewesen. Körperlos und blind irrte sie in der Dunkelheit, im Nirgendwo umher; sie wußte, schon der Anflug eines Gedankens würde sie in die Halle nach Tintagel zurückversetzen, wo ihr Körper eiskalt vor dem erloschenen Feuer lag. Verzweifelt kämpfte sie darum, in dieser tödlichen, au-genlosen Dunkelheit zu bleiben und betete wortlos:
Laß mich Uther finden.
Doch sie wußte, daß die seltsamen Gesetze der Welt, in der sie sich befand, dies nicht erlaubten. Diesen Leib, der sie umhüllte, band nichts an Uther.
Aber meine Bindung zu Uther ist stärker als das körperliche Band, denn sie hat mehr als ein Leben überdauert!
Igraine spürte, daß sie mit etwas Unfaßlichem argumentierte, als wende sie sich an einen höheren Richter als den, der die Gesetze dieses Lebens machte. Die Dunkelheit schien auf ihr zu lasten; sie spürte, daß sie nicht mehr atmen konnte. Irgendwo unter ihr erfror ihr Körper, den sie verlassen hatte, und hörte auf zu atmen. Etwas in ihr schrie:
Kehr um, kehr um! Uther ist ein Mann, er braucht deine Hilfe nicht.
Sie gab sich selbst Antwort und kämpfte darum, hier draußen zu bleiben, wo sie war:
Er ist doch nur ein Mensch und nicht gewappnet gegen Verrat!
    Nun legte sich auf die bedrückende Dunkelheit eine tiefe Finsternis. Igraine wußte, sie blickte jetzt nicht auf ihr unsichtbares Ich, sondern auf etwas anderes. Frierend, zitternd und zerschlagen hörte sie nicht mit den Ohren ihres Körpers, spürte aber mit jedem Nerv ihres ganzen Wesens den Befehl:
Kehr um! Zurück! Du hast kein Recht hier zu sein. Die Gesetze sind gemacht, und sie sind unumstößlich. Du darfst nicht straflos hier bleiben!
    Igraine hörte sich in die merkwürdige Dunkelheit sagen:
»Wenn es sein muß, will ich die Strafe auf mich nehmen.« »Warum versuchst du, an einen Ort zu gelangen, der dir verboten ist?« »Ich muß ihn warnen!«
erwiderte sie heftig; und plötzlich öffnete sich etwas in Igraine wie ein Schmetterling,

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