Avalons Geisterschiff
mir den Linken vor. Er hatte bereits seinen Säbel angehoben. Zum Schlag ließ ich ihn nicht kommen. Die geweihte Kugel jagte mitten in das Gesicht.
Der Kopf verwandelte sich in eine weiche Masse, die sich überall verteilte. Ich bekam zum Glück nichts davon ab, aber ich hatte noch einen Gegner. Es waren Templer gewesen, doch sie hatten den falschen Weg eingeschlagen, und ein Zauberer – wahrscheinlich Merlin – hatte sie für alle Zeiten verflucht.
Ich setzte deshalb auf mein Kreuz, das längst nicht mehr in meiner Tasche steckte. Die Lampe hatte ich zur Seite gelegt. Ihr heller Finger leuchtete weiter, aber er strahlte in eine andere Richtung.
Ich war schneller als der zweite Angreifer. Bevor dieser bei mir war, überraschte ich ihn. Denn ich wollte sehen, wie mein Kreuz auf eine derartige Gestalt reagierte.
Perfekt.
Es kam zum kurzen Kontakt. Ich sah das helle Licht vor meinen Augen glänzen, und innerhalb des Scheins sackte dieser uralte Templer-Pirat zusammen. Er wurde zu dem, was er längst hätte sein müssen: zu zerbröselndem Staub, der auf dem Boden als grauweißes Puder zurückblieb.
Geschafft, der Weg war frei. Mein Kreuz leuchtete nicht mehr. Ich hängte es vor meine Brust und nahm die kleine Leuchte. Auf dem Deck wollte ich nicht im Dunkeln herumirren.
Bevor ich die Treppe nahm, leuchtete ich noch kurz in das Mannschaftsquartier hinein. Die Hängematten waren leer. Kein Zombie mehr. Sie alle, einschließlich des Kapitäns, befanden sich auf dem Deck, und ich stellte mir die Frage, was sie dort suchten.
Ich würde es bald wissen, und das Gefühl, das mich überfiel, war alles andere als ein gutes...
***
Carlotta, das Vogelmädchen, sah alles, nur wurde sie selbst nicht gesehen, denn sie hatte den Schutz der Dunkelheit ausgenutzt und schwebte im Schatten des Segels in der Luft.
Sie hatte sich gefragt, ob Earl Cameron wahnsinnig war, dass er sich in eine derartige Gefahr begab. Wahrscheinlich traf das zu. Er war wahnsinnig, eine andere Antwort gab es nicht für sie. Oder er hatte sich einfach überschätzt.
Alles lief genau nach dem Plan der Gestalten, die trotz allem lebten. Sie holten sich ihre Beute und schleiften sie über das Deck hinweg bis zu einer bestimmten Stelle. Dort wurde Cameron nicht losgelassen, sondern zu seiner Hinrichtung vorbereitet. Es war das Grauen schlechthin. Carlotta konnte sich vorstellen, welch eine Angst in dem Mann tobte, und es war ihr auch klar, dass sie Cameron nicht so ohne weiteres sterben lassen konnte.
Sie musste eingreifen, aber da gab es trotzdem noch ein Problem. Das war sie selbst, denn Earl Cameron sollte nicht merken, wer sie gerettet hatte und auf welch eine Weise das geschehen war. Ihr Geheimnis musste bewahrt bleiben.
Carlotta kreiste nicht. Es war zu gefährlich, sich so zu bewegen. Irgendeine der Gestalten hätte nur einen Blick in die Höhe werfen müssen, dann war es um die Rettung des Mannes geschehen. So musste sie sich etwas anderes einfallen lassen.
Jedenfalls war der Punkt der Überraschung überaus wichtig. Die andere Seite durfte auf keinen Fall zur Tat schreiten.
Carlotta sah es als eine ihrer wichtigsten Aufgaben an, die sie bisher erledigt hatte. Noch wurde dem Mann nichts getan. Man hatte ihn nur vom Boden weggeholt, hingestellt und hielt ihn jetzt fest. Sein Hals lag frei. Da konnte die Gestalt mit der Jacke und dem verdammten Säbel perfekt ausholen.
Sie tat es auch!
Carlotta schwebte nicht mehr in der Luft. Sie hatte einen Bogen geflogen, der allerdings nicht zu groß gewesen war, weil sie schnell an ihr Ziel gelangen wollte.
Noch wurde sie von der Dunkelheit verborgen. Man hätte schon sehr genau hinschauen müssen, um ihren Umriss erkennen zu können, aber das tat keines der toten Glotzaugen.
Für sie war nur das Opfer wichtig.
Der Anführer holte aus, nachdem er zurückgetreten war und sich etwas gedreht hatte. Wenn er zuschlug, würde Earl Cameron in den nächsten Sekunden ohne Kopf sein.
Für das Vogelmädchen gab es keine langen Überlegungen mehr. Auch kein großartiges Abschätzen. Hier konnten keine Pläne mehr gewälzt werden. Jetzt musste sie handeln.
Und sie startete...
***
Ich schlich die Treppe hoch!
Ja, ich setzte bewusst leise meine Füße auf, denn ich wusste nicht, wie gut das Gehör dieser Gestalten war. Und vorwarnen wollte ich sie auf keinen Fall.
Meine Leuchte hatte ich wieder weggesteckt. Ich wollte die Dunkelheit ebenso ausnutzen wie die andere Seite.
Vor mir wurde es heller. Im Bauch des
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