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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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gegangen. Eine Flammenwand stieg aus dem Feuersee des Kraters, bog sich und schäumte wie ein Brecher vor dem Sturm, und große Flammenfetzen wurden nach Leo gerissen und schwebten wie feurige Wolken davon. Ayesha kniete neben dem toten Leo, blickte in sein bleiches, lächelndes Gesicht, sprach jedoch kein einziges Wort. Schließlich erhob sie sich und sagte:
    »Die Dunkelheit nähert sich, mein lieber Holly, jene tiefe Dunkelheit, die der Vorbote der strahlenden Dämmerung ist. Lebe wohl! Ich muß mich für eine kleine Weile von dir trennen. In deiner Stunde des Todes, doch nicht vorher, sollst du mich rufen, und ich werde zu dir kommen. Jetzt bitte ich dich, nichts zu tun und nicht zu sprechen, bis alles vorüber ist, damit nicht, wenn ich nicht mehr hier bin, um dich zu beschützen, eine Präsenz dich bemerkt und tötet.
    Glaube nicht, daß ich geschlagen bin, denn von nun an ist mein Name ›Sieg‹! Denke nicht, daß Ayeshas Kraft verbraucht und ihre Geschichte zu Ende ist, denn du hast nur eine einzige Seite ihrer Geschichte gelesen. Denk nicht einmal, daß ich heute noch jenes Gefäß von Stolz und Sünde bin, die Ayesha, die du verehrt und gefürchtet hast, da ich durch die Liebe und das Opfer meines Herrn meine Seele wiedergewonnen habe. Denn wisse, daß seine Seele und die meine, wie zu Anbeginn, wieder eins sind.«
    Sie blickte eine Weile nachdenklich den toten Leo an, dann setzte sie hinzu: »Freund, nimm dieses Zepter als Erinnerung an mich, doch hüte dich, seine geheimen Kräfte zu benutzen, bevor du mich mit seiner Hilfe in deiner letzten Stunde zu dir rufst!« Und sie gab mir das juwelenbehangene Sistrum, das sie in ihrer Hand hielt.
    »Und jetzt küsse seine Stirn«, sagte sie dann, »tritt zurück und sei still!«
     
    Wie schon einmal, vor einer Ewigkeit, wie es mir vorkam, wurde das Feuer im Vulkankrater dunkler, und dann – obwohl ich kein Gebet hörte, doch die Klänge einer machtvollen Musik aus der Stille des Dunkels tönten – sah ich wieder die geflügelte Flamme gegen den scharfen Wind herauffliegen, bis sie über dem Kopf Ayeshas schwebte.
    Ihre Schwingen schienen sich über Ayesha zu falten, und sie erlosch. Lange Minuten verstrichen, bis das erste Licht der Dämmerung auf die Felsplattform fiel.
    Seht! Sie war leer! Verschwunden war der Leichnam Leos, und verschwunden war auch Ayesha, die Königliche, die Göttliche.
    Wohin war sie gegangen? Ich weiß es nicht. Doch dieses habe ich gesehen: als das erste Licht des neuen Tages auf den Gipfel des Berges fiel und die Feuerwand sich wieder aus dem Schlund des Vulkans erhob, um es zu begrüßen, glaubte ich zwei strahlende Gestalten in ihnen zu sehen, und ihre Gesichter waren die von Ayesha und Leo.
    Immer und immer wieder während der langen Monate, die nun folgten, während ich den Winter in den Hallen und Höhlen des Tempels zubrachte, versuchte ich, dieses Rätsel zu lösen. Wohin war sie gegangen? fragte ich mich bei Tag und bei Nacht. Ich fragte es den Himmel; ich fragte es den Geist Leos, dessen Nähe ich oft spürte.
    Aber ich erhielt keine Antwort, und ich selbst wage nicht, eine zu suchen. So wie Ayeshas Ursprung und ihre Leben in ein tiefes, geheimnisvolles Dunkel gehüllt sind – denn die Wahrheit darüber habe ich nie erfahren – so blieb auch ihr Tod ein unlösbares Geheimnis, oder vielmehr ihr Fortgang, denn ich kann mir nicht vorstellen, daß sie tot ist. Bestimmt ist sie noch, wenn nicht auf Erden, dann in irgendeiner anderen Sphäre.
    Das glaube ich jedenfalls, und wenn meine Stunde kommt, und sie nähert sich sehr rasch, werde ich erfahren, ob dieser Glaube ein Irrtum war, oder ob sie zu mir kommen wird, um mich zu führen, so wie sie es mir mit ihren letzten Worten geschworen hat. Dann werde ich auch das erfahren, was sie Leo enthüllen wollte, als er starb, die Bedeutung ihres Seins und ihrer Liebe.
    Ich werde geduldig warten, bis es soweit ist, denn es wird nicht lange dauern.
     
    Oros und alle anderen Priester waren sehr gut zu mir. Denn selbst, wenn ihre Güte nicht von Herzen gekommen sein sollte, fürchteten sie sich, den Befehlen ihrer toten Königin zuwiderzuhandeln, der sie eines Tages darüber Rechenschaft abzulegen haben würden. Als Gegenleistung half ich ihnen, so gut ich es konnte, bei den Plänen für die Errichtung einer neuen Regierung für das eroberte Land Kaloon und beriet sie auch in mehreren anderen Fragen.
    Und so vergingen diese langen Monate des Wartens, bis endlich der Schnee schmolz und der

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