Azathoth - Vermischte Schriften
ist kalt, von der stinkenden Eiseskälte des Grabens... eine friedliche Benommenheit überkommt mich... ich muß diese Lähmung bekämpfen; sie untergräbt meine Entschlossenheit, eher zu sterben als den hinterlistigen Einflüsterungen nachzugeben... Ich gelobe mir erneut, bis zum Ende Widerstand zu leisten... ein Ende, das nicht mehr fern sein kann, wie ich weiß...
Der Wind ist kälter als je zuvor, als wäre so etwas möglich...
ein Wind, beladen mit dem Gestank totlebendiger Wesen... 0
barmherziger Gott, der Du mir das Augenlicht genommen hast!... ein Wind, so kalt, daß er verbrennt, wo er erfrieren lassen sollte... er ist zum glühendheißen Schirokko geworden...
Unsichtbare Finger halten mich gefaßt... Geisterfinger, denen es an der körperlichen Kraft fehlt, mich von meiner Schreibmaschine wegzuzerren... Eisesfinger, die mich in einen faulen Wirbel des Lasters zwingen... Teufelsfinger, die mich hinunter in einen Strudel ewiger Niedertracht reißen... tote Finger, die mir den Atem abschneiden und meinen blinden Augen das Gefühl geben, daß sie vor Schmerz zerplatzen...
gefrorene Punkte drücken sich in meine Schläfen... harte, knochige Knöpfe, die Hörnern ähneln... der stürmische Atem eines seit langem toten Wesens küßt meine fiebrigen Lippen und versengt meine heiße Kehle mit einer gefrorenen Flamme.
Es ist dunkel... nicht die Dunkelheit, die Teil von Jahren der Blindheit ist... die undurchdringliche Dunkelheit
sündendurchtränkter Nacht... die pechschwarze Dunkelheit des Fegefeu... ich sehe... spes mea Christus!... es ist das Ende...
Dem sterblichen Geist ist es nicht gegeben, einer Macht zu widerstehen, die menschliche Vorstellungskraft übersteigt. Dem unsterblichen Geist ist es nicht gegeben, das zu erobern, was die Tiefen ausgelotet und aus der Unsterblichkeit einen flüchtigen Augenblick gemacht hat. Das Ende? Nein, wahrhaftig nicht! Es ist bloß ein seliger Anfang...
»Bis zur Neige«
Robert H. Barlow und H. P. Lovecraft
Der Mann ruhte auf einer zerklüfteten Gratkante und blickte weit über das Tal hinaus. Im Liegen konnte er in eine große Ferne sehen, aber in all der stillen Weite war keinerlei Bewegung zu erkennen.
Nichts regte sich in der staubigen Ebene, in dem
feingemahlenen Sand längst ausgetrockneter Flußläufe, in denen einst die reißenden Ströme der jugendlichen Erde ihren Lauf genommen hatten. In dieser Endzeitwelt, dem Endstadium menschlichen Daseins auf dem Planeten, gediehen kaum noch Pflanzen. Seit ungezählten Äonen hatten Trockenheit und Sandstürme die Länder verwüstet. Bäume und Sträucher waren kleinem, knorrigem Gebüsch gewichen, das sich im seiner Genügsamkeit lange hielt; aber auch dieses Gebüsch ging wieder zugrunde unter dem Ansturm grober Gräser und der zähen, harten Vegetation einer befremdlichen Evolution.
Als sich die Erde der Sonne näherte, verdorrte und tötete die allgegenwärtige Hitze mit mitleidlosen Strahlen. Das war nicht auf einmal passiert; Äonen waren vergangen, ehe die Veränderung zu erkennen war. Und in diesem frühen Zeitalter war die vielseitige Menschengestalt der allmählichen Veränderung gefolgt und hatte sich an die immer trockener werdende Luft angepaßt. Dann war der Tag gekommen, da es die Menschen nicht mehr in ihren heißen Städten aushielten, und ein allmählicher Rückzug setzte ein, langsam, aber gezielt. Die Städte und Niederlassungen in Äquatornähe waren als erste betroffen, andere kamen später hinzu. Der verweichlichte und erschöpfte Mensch konnte der erbarmungslos zunehmenden Hitze nicht mehr standhalten. In seiner jetzigen Verfassung versengte sie ihn, und die Evolution verlief zu langsam, um neue Widerstandskräfte in ihm wachsen zu lassen.
Doch die großen Städte am Äquator wurden den Spinnen und Skorpionen erst später überlassen. In den Anfangsjahren gab es viele, die ausharrten und merkwürdig anmutende Schilde und Panzer gegen die Hitze und die tödliche Trockenheit ersannen.
Diese furchtlosen Gemüter schirmten bestimmte Gebäude gegen die näherrückende Sonne ab und verwandelten sie in Zufluchtswelten en miniature, in denen kein Schutzpanzer benötigt wurde. Sie erfanden wunderbar scharfsinnige Vorrichtungen, so daß sich der Mensch eine Zeitlang in den rostenden Türmen halten konnte, womit sie hofften, die alten Länder retten zu können, bis die sengende Hitze vorüber wäre.
Denn viele wollten den Aussagen der Astronomen keinen Glauben schenken und warteten auf die
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