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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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Nachmittag kam. Ull kletterte, bis er erschöpft war, dann streckte er sich im Gras aus. Wie er dalag, ging ihm vieles durch den Kopf. Er wunderte sich über das seltsame Leben und hoffte leidenschaftlich, die verlorene Kolonie jenseits der Berge zu finden. Aber zu guter Letzt schlief er ein.
    Als er erwachte, schienen ihm die Sterne ins Gesicht, und er fühlte sich erfrischt. Jetzt, da die Sonne für einige Zeit untergegangen war, bewegte er sich schneller fort, aß ein wenig und beschloß, sich zu beeilen, ehe der Wassermangel unerträglich werden würde. Er hatte kein Wasser mitgenommen, denn die letzten Menschen, die immer an ein und derselben Stelle gewohnt und nie Gelegenheit gehabt hatten, ihr wertvolles Wasser fortzutragen, stellten keinerlei Behälter gleich welcher Art her. Ull hoffte, sein Ziel an einem Tag zu erreichen und damit dem Durst zu entkommen; und so eilte er unter den hellen Sternen dahin, rannte zuweilen in der warmen Luft und verfiel dann wieder in einen langsamen Trab.
    Und so ging es weiter, bis die Sonne aufstieg, und doch hatte er noch immer nicht die Bergausläufer hinter sich gebracht, vor ihm ragten drei hohe Gipfel auf. In ihrem Schatten ruhte er neuerlich aus. Er kletterte den ganzen Morgen weiter, und gegen Mittag bezwang er den ersten Gipfel, auf dem er eine Zeitlang rastete und das Gebiet vor der nächsten Kette erkundete.
    Ull ruhte auf einer zerklüfteten Gratkante und blickte weit über das Tal hinaus. Im Liegen konnte er in eine große Ferne sehen, aber in all der stillen Weite war keinerlei Bewegung zu erkennen...
    Die zweite Nacht kam, und Ull befand sich noch immer zwischen den wilden Gipfeln, das Tal und der Ort, wo er sich ausgeruht hatte, lagen weit hinter ihm. Er hatte die zweite Gebirgskette jetzt fast schon hinter sich gelassen und eilte noch immer dahin. Tagsüber hatte ihn der Durst überkommen, und er bedauerte seinen Leichtsinn. Und doch hätte er nicht bei der Leiche bleiben können, allein im Grasland. Er versuchte, sich das klarzumachen, und so eilte er immer weiter, müde, aber entschlossen.
    Und jetzt waren es nur noch ein paar Schritte, bevor sich die Gratwand vor ihm teilen und den Blick auf das Land dahinter freigeben würde. Ull stolperte erschöpft den steinigen Pfad hinunter, stürzte und schlug sich noch mehr auf. Es lag knapp vor ihm, dieses Land, von dem das Gerücht ging, daß hier Menschen gehaust hatten, dieses Land, von dem er in seiner Jugend erzählen gehört hatte. Der Weg war lang, aber sein Ziel war groß. Ein Gesteinsbrocken von gewaltigen Ausmaßen versperrte ihm die Sicht. Er erkletterte ihn voll Bangen. Nun, zu guter Letzt, lag im Licht der untergehenden Sonne sein langgesuchtes Ziel vor ihm. Sein Durst und seine schmerzenden Muskeln waren vergessen, als er voller Freude sah, daß sich ein kleines Häufchen von Gebäuden an der gegenüberliegenden Felswand festklammerte.
    Ull ruhte sich nicht aus, sondern rannte, taumelte und kroch, vom Gesehenen angespornt, die letzte halbe Meile dahin. Er bildete sich ein, zwischen den primitiven Hütten Gestalten erkennen zu können.
    Die Sonne war beinahe untergegangen, die verhaßte, vernichtende Sonne, welche die Menschheit dahingerafft hatte.
    Die Einzelheiten konnte er nicht klar erkennen, aber die Hütten kamen immer näher.
    Sie waren sehr alt, denn Lehmblöcke überdauern lange in der schweigenden Trockenheit der sterbenden Welt. Wahrhaftig, wenig veränderte sich bis auf die Lebewesen - die Gräser und diese letzten Menschen.
    Vor ihm schwang eine Tür auf groben Scharnieren hin und her. Im schwindenden Licht trat Ull ein, zu Tode erschöpft, und suchte schmerzlich nach den erwarteten Gesichtern.
    Dann fiel er weinend zu Boden, denn an dem Tisch lehnte ein vertrocknetes, uraltes Skelett.
    Endlich erhob er sich, rasend vor Durst, unter unerträglichen Schmerzen, nachdem er die schrecklichste Enttäuschung erlitten hatte, die einem Sterblichen widerfahren konnte. Er war damals das letzte Lebewesen auf dem Globus. Sein war das Erbe der Erde - alle Länder, und alle waren gleichermaßen nutzlos für ihn. Er raffte sich auf, ohne in dem reflektierten Licht die verschwommene weiße Form anzublicken, und trat durch den Eingang. Er wanderte durch das leere Dorf, suchte nach Wasser und besichtigte traurig diesen seit langem verlassenen Ort, den die stets gleichbleibende Luft so gespenstisch konserviert hatte.
    Hier war eine Behausung - dort eine primitive Stätte, wo etwas angefertigt worden war-

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