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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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längst vergangenen Ereignissen reden. Der Tonfall, in dem sie ganz gewöhnliche Ereignisse zu beschreiben pflegen, hat etwas Bedrohliches, Ominöses - die ausgesprochen unangebrachte Neigung, sich heimlichtuerisch, vielsagend, vertraulich zu geben und manchmal in ehrfurchtsvolles Flüstern zu verfallen - was den Zuhörer auf hinterhältige Weise verwirrt. Alte Yankees reden oft so. In diesem Fall jedoch bekommt dieses düstere, geheimnisvolle Verhalten noch zusätzliche Bedeutung durch den melancholischen Anstrich des halbverfallenen Dorfes und die triste Art der zutage tretenden Geschichte. Man spürt im Innern das reine Grauen, das dem vereinsamten Puritaner und seinen seltsamen Verdrängungen zugrunde liegt man spürt es und sehnt sich danach, so rasch wie möglich in reinere Luft zu entkommen.
    Die Faulenzer flüstern bedeutsam, daß das Haus mit den verschlossenen Fensterläden der alten Miss Sprague gehört -
    Sophie Sprague, deren Bruder am 17. Juni begraben wurde, vor Zeiten, im Jahr '86.
    Sophie war nach diesem Begräbnis nie wieder die alte - nach dem Begräbnis und dem anderen, das sich am selben Tag ereignete -, und schließlich rührte sie sich gar nicht mehr aus dem Haus. Sie läßt sich jetzt nicht einmal sehen, sondern hinterlegt Mitteilungen unter der Matte der Hintertür und läßt sich ihre Einkäufe durch Ned Pecks Jungen aus dem Laden bringen. Sie fürchtet sich vor irgend etwas - am meisten vor dem alten Friedhof in Swamp Hollow. Sie ist nicht dorthin zu kriegen, seit ihr Bruder - und der andere - dort zur letzten Ruhe gebettet wurden. Kein Wunder allerdings in Anbetracht der Art und Weise, wie sich der verrückte Johnny Dow aufführt. Er treibt sich den ganzen Tag auf dem Friedhof herum und zuweilen auch des Nachts und behauptet, mit Tom zu reden -
    und dem anderen auch. Dann marschiert er an Sophies Haus vorbei und brüllt ihr dies und das zu - und das ist der Grund, warum sie die Fensterläden nicht mehr aufmacht. Er behauptet, Wesen von irgendwo seien darauf aus, sie irgendwann zu erwischen. Dem müßte man ein Ende machen, aber man darf mit dem armen Johnny nicht zu hart ins Zeug gehen. Außerdem hatte Steve Barbour schon immer seine eigenen Meinungen.
    Johnny redet mit zweien der Gräber. Das eine ist das Tom Spragues. Das andere, am entgegengesetzten Ende des Friedhofs, ist das Henry Thorndikes, der am selben Tag begraben wurde. Henry war Totengräber des Dorfes - der einzige weit und breit - und in Stillwater nie sehr beliebt. Ein Stadtmensch aus Rutland, hatte das College besucht und steckte voller Bücherwissen. Las merkwürdige Sachen, von denen niemand sonst je gehört hatte, und mischte Chemikalien, gewiß nicht zum Spaß. Versuchte immer, etwas Neues zu erfinden -
    ein neumodisches Balsamieröl oder eine närrische Arznei.
    Einige Leute behaupteten, er hätte Arzt werden wollen, aber das Studium nicht geschafft, und hätte deshalb den nächstbesten Beruf ergriffen. Natürlich gab es in einem Ort wie Stillwater nicht viel zu tun für einen Totengräber, aber Henry betrieb nebenbei noch Landwirtschaft.
    Von gemeiner, krankhafter Neigung - dazu ein heimlicher Trinker, wenn man nach den leeren Flaschen in seinem Müll gehen konnte. Kein Wunder, daß Tom Sprague ihn haßte, ihn aus der Freimaurerloge ausschloß und ihn abwies, als er sich an Sophie heranmachen wollte. Seine Tierversuche waren gegen Natur und Bibel. Wer konnte den Zustand vergessen, in dem jener Collie aufgefunden wurde, und was mit Mrs. Akeleys Katze passiert war? Und dann war da noch die Sache mit Deacon Leavitts Kalb, bei der Tom eine Bande von Dorfjungen angeführt hatte, um Rechenschaft zu fordern. Das Merkwürdige daran war, daß das Kalb schließlich doch lebendig wurde, obwohl Tom es steif wie einen Schürhaken vorgefunden hatte.
    Manche behaupteten, daß Tom der Belämmerte war.
    Thorndike war jedoch möglicherweise anderer Ansicht, da er die Faust seines Feindes Tom zu spüren bekommen hatte, ehe man den Irrtum entdeckte.

    Tom war zu der Zeit natürlich halb betrunken. Er war bestenfalls ein bösartiger Raufbold und schüchterte seine arme Schwester mit Drohungen ein. Aus diesem Grund ist sie vielleicht noch immer ein so verängstigtes Wesen. Die beiden lebten allein, und Tom hätte sie nie verlassen, weil das bedeutet hätte, den Besitz zu teilen. Die meisten Burschen fürchteten ihn zu sehr, als daß sie sich Sophie nähern mochten - er war über zwei Meter groß -, Henry Thorndike jedoch war

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