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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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daß, auch wenn es augenscheinlich in nahezu vorstellbaren Tiefen - vielleicht Tausende von Metern tief - lebte, sein Gehirn und seine wichtigsten Organe doch auf eine aufregend übermäßige Entwicklung hinwiesen, die mit nichts zu vereinbaren war, was man für das Fischgeschlecht bislang für erwiesen gehalten hatte.
    Am Morgen des 20. Juli steigerte sich die Sensation noch durch den Verlust des Schiffes und seines merkwürdigen Schatzes. In dem Sturm der vorangegangenen Nacht hatte es sich von der Verankerung losgerissen, war für immer dem Anblick der Menschen entschwunden und hatte die Wache mit sich genommen, die trotz des drohenden Unwetters an Bord geschlafen hatte. Kapitän Orne unternahm mit Unterstützung breiter wissenschaftlicher Kreise und einer großen Anzahl von Fischerbooten aus Gloucester eine gründliche und erschöpfende Suche zur See, erreichte aber nur, daß das Interesse und das Gerede zunahmen. Am 7. August gab man alle Hoffnung auf, und Kapitän Orne war zum Hotel Wavecrest zurückgekehrt, um seine geschäftlichen Angelegenheiten an der Martin's Beach abzuschließen und sich mit bestimmten Wissenschaftlern zu beraten, die zurückgeblieben waren. Das Grauen begann am 8.
    August.
    Es war in der Dämmerung, als graue Seevögel niedrig über der Küste dahinschwebten und der aufgehende Mond seinen glitzernden Pfad über die Gewässer zog. Man muß sich die Szene genau merken, denn jeder Eindruck zählt. Am Strand befanden sich mehrere Spaziergänger und ein paar verspätete Badegäste; Nachzügler aus der fernen Hüttenkolonie, die bescheiden auf einem grünen Hügel im Norden aufragte, oder aus dem benachbarten, an die Klippen gelehnten Hotel, dessen imposante Türme zeigten, daß es sich dem Reichtum und der großen Welt verpflichtet fühlte.
    In Sichtweite befand sich noch eine andere Gruppe von Zuschauern, die müßigen Gäste auf der hohen, von Laternen erleuchteten Veranda des Hotels, die die Tanzmusik aus dem prächtigen Tanzsaal im Inneren zu genießen schienen. Diese Zuschauer, darunter Kapitän Orne und die Angehörigen der Wissenschaftler, schlössen sich der Strandgruppe aus zahlreichen Hotelgästen an, bevor das Grauen weit
    fortgeschritten war. Es gab wahrlich keinen Mangel an Zeugen, auch wenn ihre Erzählungen von Furcht und Zweifel über das Gesehene verwirrt sind.
    Es ist nicht genau belegt, wenn die Sache begann, doch behauptet die Mehrzahl der Zuschauer, daß der Fast-Vollmond
    »ungefähr ein Drittel Meter« über den tiefhängenden Dünsten des Horizonts stand. Sie erwähnen den Mond, weil das, was sie sahen, mit ihm auf unmerkliche Weise verbunden zu sein schien
    - eine Art verhaltenes, aber sichtliches, bedrohliches Gewoge, das vom fernen Horizont über die schimmernde Mondlichtbahn hereinzurollen schien, das sich aber anscheinend legte, ehe es die Küste erreichte.
    Den meisten fiel diese kleine Welle erst auf, als das spätere Geschehen sie daran erinnerte; sie scheint jedoch deutlich erkennbar gewesen zu sein, denn sie unterschied sich der Höhe und der Bewegung nach von den sie umgebenden Wellen.
    Manche nannten sie verschlagen und berechnend. Während sie noch listig unter den schwarzen Riffs draußen im Meer verlief, drang aus dem Geglitzer der Meereswogen ein Todesschrei; ein Schrei voller Bedrängnis und Verzweiflung, der Mitleid erweckte, auch wenn er es verspottete. Zwei Strandwächter, die damals Dienst taten, reagierten als erste auf den Schrei; stämmige Burschen in weißen Badeanzügen, die
    Berufsbezeichnung in großen roten Buchstaben auf der Brust.
    So vertraut ihnen das Rettungshandwerk und Schreie Ertrinkender waren, konnten sie nichts Vertrautes an dem unirdischen Klang entdecken. Mit berufsmäßigem Pflichtgefühl kümmerten sie sich jedoch nicht um diese Seltsamkeit und gingen wie üblich vor.

    Der eine von ihnen ergriff einen Rettungsring, der mit dem daran befestigten aufgewickelten Seil immer bereit lag, und rannte rasch den Strand entlang zu der Stelle, wo sich die Menge sammelte; dort warf er den hohlen Ring, nachdem er ihn um den Kopf gewirbelt hatte, um Schwung zu holen, weit in die Richtung hinaus, aus der das Geräusch gekommen war. Sobald der Rettungsring in den Wellen verschwand, versuchte die Menge neugierig einen Blick auf das unglückliche Wesen, dessen Notlage so groß gewesen war, zu erhaschen, begierig darauf, wie die Rettung mit dem starken Seil glückte.
    Es zeigte sich jedoch bald, daß die Rettung keine rasche und leichte

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