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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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Weise meiner Morde, so daß sich niemand auch nur träumen lassen würde, sie wären alle das Werk ein und desselben Paares blutbefleckter Hände. Die Nachwirkungen jedes nächtlichen Unternehmens waren eine ekstatische Stunde verrückter und ungetrübter Wonnen, eine Lust, die immer durch die Möglichkeit erhöht wurde, daß ihr ergötzlicher Born später, im Zusammenhang mit meiner normalen Tätigkeit, meiner lustvollen Obhut zugeteilt werden würde. Manchmal kam es zu diesem doppelten Gipfel der Wonne - o seltene, köstliche Erinnerung!
    In langen Nächten, da ich mich an den Schutz meines Zufluchtsortes klammerte, fühlte ich mich durch die Grabesstille herausgefordert, neue und unaussprechliche Arten zu ersinnen, die Toten, die ich liebte, mit meinen Gefühlsbezeugungen zu überschütten die Toten, die mir Leben gaben!
    Eines Morgens kam Mr. Gresham weit früher als gewöhnlich und fand mich auf einer kalten Grabtafel ausgestreckt tief in ghulischem Schlaf, meine Arme um den kalten, steifen, nackten Körper einer stinkenden Leiche gelegt! Er weckte mich aus meinen wollüstigen Träumen, seine Augen füllten sich mit einer Mischung von Abscheu und Mitleid. Sanft, aber fest erklärte er mir, daß er mich entlassen müßte, daß meine Nerven überansprucht seien, daß ich eine lange Erholungspause von den abstoßenden Aufgaben brauchte, die mein Beruf mit sich brachte, daß meine empfängliche Jugend von der entsetzlichen Atmosphäre meiner Umwelt zu sehr in Mitleidenschaft gezogen sei. Wie wenig wußte er von dem dämonischen Verlangen, das mich zu meinem abscheulichen Tun antrieb! Ich war klug genug zu erkennen, daß dieses Argument bloß seinen Glauben an meine potentielle Verrücktheit stärken würde - es war weit besser fortzugehen, als die Entdekkung des Motives, das meinem Handeln zugrunde lag, herauszufordern.
    Nach diesem Vorfall wagte ich es nicht mehr, lange an ein und derselben Stelle zu bleiben, aus Furcht, eine unvorsichtige Handlung würde mein Geheimnis vor einer mißbilligenden Welt offenlegen. Ich ließ mich von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf treiben. Ich arbeitete in Leichenschauhäusern, in der Nähe von Friedhöfen, einmal in einem Krematorium - überall, wo mir die Möglichkeit offenstand, den Toten nahe zu sein, nach denen ich so lechzte.
    Dann brach der Weltkrieg aus. Ich war einer der ersten, der über den Ozean fuhr, einer der letzten, der zurückkehrte. Vier Jahre blutroter Schlachthofhölle... krankmachender Regenmorast und faulige Schützengräben... das
    ohrenbetäubende Detonieren heulender Granaten... das monotone Schwirren teuflischer Gewehrkugeln... der rauchende Wahnsinn der Brunnen Phlegethons... die erstickenden Dämpfe mörderischer Gase... groteske Überreste zerschmetterter und zerfetzter Körper... vier Jahre transzendenter Befriedigung.
    In jedem Wanderer steckt der latente Drang, an die Stätten seiner Kindheit zurückzukehren. Einige Monate später wanderte ich über die vertrauten Nebenstraßen von Fenham.
    Leerstehende, heruntergekommene Farmhäuser säumten die Straßenränder, und die Jahre hatten für den Ort selbst einen ähnlichen Rückschritt gebracht. Nur noch eine Handvoll Häuser waren bewohnt, darunter auch das eine, das ich mein Heim genannt hatte. Die von Unkraut überwucherte, verstopfte Einfahrt, die zerbrochenen Fensterscheiben, die verwilderten Äcker, die sich hinter dem Haus erstreckten, alles bestätigte stumm das, was vorsichtige Nachforschungen zutage gefördert hatten - daß dort jetzt ein verkommener Trunkenbold wohnte, der eine kümmerliche Existenz von den wenigen Aufträgen fristete, die ihm die paar Nachbarn aus Mitgefühl für die unterdrückte Frau und das unterernährte Kind zukommen ließen, die sein Los teilten. Alles in allem war der Glanz, den meine Umgebung in der Jugend hatte, völlig verflogen. Daher lenkte ich meine Schritte, durch einen abirrenden närrischen Gedanken ausgelöst, nach Bayboro.
    Auch hier hatten die Jahre Veränderungen bewirkt, aber in umgekehrter Richtung. Die Kleinstadt, an die ich mich erinnerte, hatte sich trotz ihrer Entvölkerung in der Kriegszeit beinahe verdoppelt.
    Instinktiv suchte ich den früheren Ort meiner Beschäftigung auf, den ich noch immer vorfand, aber mit einem unbekannten Namen und der Bezeichnung »Nachfolger von« über der Tür, denn die Grippeepidemie hatte Mr. Gresham hinweggerafft, während die jungen Leute in Übersee waren. Eine
    schicksalshafte Laune trieb mich, um Arbeit zu

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