Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
Vom Netzwerk:
beugte, um mich zu vergewissern, daß er wirklich tot war, sah ich eingekrallt im verfärbten Fleisch seines Halses die gebleichten Fingerknochen eines menschlichen Skeletts, und während ich sie noch anschaute, lösten sich die einzelnen Knochen, sprangen hüpfend von der Leiche weg, den Flur entlang und hinaus in die Nacht, um sich wieder mit dem gespenstischen Besucher zu vereinen, der aus dem Grabe gekommen war, um seine Verabredung mit Amos Stark einzuhalten.

Der Fischer von Falcon Point
    H. P. Lovecraft und August Derleth

    An der Küste von Massachusetts, wo er wohnte, flüstert man sich über Enoch Conger so manches zu - und gewisse andere Dinge werden nur mit gesenkter Stimme und hinter
    vorgehaltener Hand angedeutet - Dinge von unüberbietbarer Fremdartigkeit, die sich in den Worten der Seeleute aus der Hafenstadt Innsmouth die Küste hinauf und hinab verbreiten.
    Denn er lebte nur ein paar Meilen von jener Stadt entfernt an der Küste in Falcon Point, das so hieß, weil man dort die Wanderfalken und Zwergfalken und manchmal sogar die großen Geierfalken zur Wanderzeit sehen konnte, wie sie an dieser einsamen Landzunge vorbeizogen, die in das Meer hinausragte.
    Dort lebte er, bis man ihn nicht mehr sah, denn niemand kann behaupten, daß er starb.
    Er war ein kräftig gebauter Mann, breitschultrig, mit einem Brustkorb wie ein Faß und langen, muskulösen Armen. Selbst in mittleren Jahren trug er einen Bart, und langes Haar krönte seinen Kopf.
    Seine Augen waren von kaltblauer Farbe und saßen tief in seinem kantigen Gesicht, und wenn er seinen Regenumhang mit passendem Hut trug, sah er aus wie jemand, der vor einem Jahrhundert von einem alten Schoner abgemustert hatte. Er war ein schweigsamer Mann, der aus Neigung allein in einem Haus aus Stein und Treibholz lebte, das er sich selbst auf dem windumtosten Stück Land erbaut hatte, wo er die Stimmen der Möwen und Seeschwalben, des Windes und der See, und, wenn die Zeit dafür war, die Zugvögel aus fernen Landen hören konnte, die vorbeizogen, manchmal in unsichtbaren Höhen. Es hieß von ihm, daß er ihnen antwortete, daß er mit Möwen und Seeschwalben redete, mit dem Wind und der tosenden See, und mit anderen Geschöpfen, die unsichtbar waren und von denen nur die seltsamen Töne zu hören waren, die klangen wie die gedämpften Geräusche, die große, froschartige Tiere machten, die in den Morasten und Sümpfen des Festlands unbekannt waren.
    Conger lebte vom Fischfang, und es war ein karges Leben, doch gab er sich damit zufrieden. Tag und Nacht warf er sein Netz im Meer aus, und was es emporholte, schaffte er nach Innsmouth oder Kingsport oder noch weiter, um es zu verkaufen. Aber eines Nachts, es war mondhell, da brachte er keine Fische nach Innsmouth, sondern kam nur selbst, die Augen weit aufgerissen und starr, als hätte er zu lange in die untergehende Sonne geblickt und wäre erblindet. Er betrat die Taverne am Rand der Stadt, die er aufzusuchen pflegte, saß allein an einem Tisch und trank Bier, bis einige Neugierige, die an sein Erscheinen gewöhnt waren, sich zu ihm an den Tisch gesellten und, mit Hilfe von Alkohol, seine Zunge lösten, auch wenn er redete, als führe er Selbstgespräche und seine Augen sie nicht zu sehen schienen.
    Und er erzählte, daß er in jener Nacht ein gewaltiges Wunder erlebt hatte. Er war mit seinem Boot zum Teufelsriff mehr als eine Meile vor Innsmouth hinausgefahren, hatte sein Netz ausgeworfen und viele Fische emporgeholt - und dazu etwas -
    etwas, das eine Frau war und doch keine Frau, etwas, das zu ihm wie ein Mensch sprach, aber mit den Kehllauten eines Frosches, begleitet von Flötenmusik, wie sie in den Frühlingsmonaten in den Sümpfen angestimmt wurde, etwas, das eine weite Mundöffnung, aber sanfte Augen hatte und das unter dem langen Haar, das vom Kopf wehte, Schlitze aufwies, die Kiemen glichen, etwas, das um sein Leben flehte und ihm das eigene Leben versprach, wenn er einer solchen Hilfe je bedurfte.
    »Eine Meerjungfrau«, warf jemand lachend ein.
    »Sie war keine Meerjungfrau«, sagte Enoch Conger, »denn sie hatte Beine, auch wenn zwischen ihren Zehen

    Schwimmhäute saßen, und sie hatte Hände, auch wenn zwischen ihren Fingern Schwimmhäute saßen, und die Haut ihres Gesichts war wie meine, obwohl ihr Körper die Farbe des Meeres zeigte.«
    Sie lachten ihn aus und spotteten, aber er hörte sie nicht. Nur einer von ihnen lachte nicht, denn er hatte seltsame Geschichten von gewissen Wesen gehört, die

Weitere Kostenlose Bücher