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Azathoth - Vermischte Schriften

Azathoth - Vermischte Schriften

Titel: Azathoth - Vermischte Schriften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Phillips Lovecraft
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neue Tore des Weltraums und Seins und der Lebensformen auf den Kern des unbekannten Kosmos zu.
    Ich erinnere mich an die Nacht, da ich die fünf konzentrischen Feuerkreise auf dem Fußboden zog und im Innersten stand und jene ungeheuerliche Litanei anstimmte, die der Sendbote aus der Tartarei mitgebracht hatte. Die Mauern schmolzen hinweg, und ich wurde von einem schwarzen Wind durch Abgründe von bodenlosem Grau mitgerissen, Meilen unter mir die
    nadelscharfen Spitzen unbekannter Berge. Nach einiger Zeit herrschte völlige Schwärze, und dann bildete das Licht von Abermillionen Sternen seltsame, fremdartige Sternbilder.
    Schließlich erblickte ich unter mir eine grün beleuchtete Ebene, und darauf unterschied ich die verzerrten Türme einer Stadt, in einem Stil erbaut, der mir nie zu Gesicht gekommen war, der mir nie bei meiner Lektüre oder im Traum begegnet war. Als ich näher an diese Stadt heranschwebte, erblickte ich ein großes quadratisches Gebäude aus Stein auf einem offenen Platz und spürte, wie eine entsetzliche Furcht mich in ihre Fänge nahm.
    Ich schrie und kämpfte, und nach einer Zeit der Bewußtlosigkeit fand ich mich in meiner Dachkammer wieder, der Länge nach ausgestreckt über fünf leuchtenden Kreisen auf dem Boden. Die Wanderungen jener Nacht hatten nichts Seltsameres an sich als die Wanderungen vieler früherer Nächte, doch war das Grauen größer, denn ich wußte, daß ich diesen Abgründen und Welten draußen näher war als je zuvor. In der Folge war ich bei meinen Beschwörungen vorsichtiger, denn ich verspürte nicht den Wunsch, vom Körper und von der Erde in unbekannten Abgründen, aus denen ich niemals zurückkehren könnte, abgeschnitten zu werden...
    (ungefähr um 1934)

Das Ding im Mondlicht
    Morgan ist kein Literat. Die Wahrheit sieht vielmehr so aus, daß er nicht einmal zusammenhängend Englisch sprechen kann.
    Das ist der Grund, warum ich über die Worte staune, die er geschrieben hat, auch wenn andere gelacht haben.
    An dem Abend, als es passierte, war er allein. Unvermutet überkam ihn ein unüberwindbarer Drang zu schreiben, er griff zur Feder und schrieb folgendes:
    Mein Name ist Howard Phillips. Ich lebe in der College Street 66 in Providence, Rhode Island. Am 2.4. November 1927 - ich weiß nicht einmal, welches Jahr jetzt sein mag - versank ich in Schlaf und träumte, und seit damals bin ich nicht imstande, wieder wach zu werden.
    Mein Traum setzte ein in einem naßkalten, vom Schilf überwachsenen Sumpf, der unter einem grauen Herbsthimmel lag. Gegen Norden zu ragte ein Kliff aus flechtenüberzogenem Gestein auf. Von einem unklaren Drang getrieben, stieg ich eine Spalte oder Rinne in dieser überhängenden Steilwand empor, und beim Klettern bemerkte ich zahllose furchterregende Höhlen, zur Rechten und zur Linken, bis in die Tiefen des Felsplateaus aufgesperrte schwarze Rachen.
    An mehreren Stellen war der Durchgang überdacht, weil die Felsen über der engen Spalte ganz nahe zusammentraten; diese Stellen waren stockdunkel, so daß man unmöglich irgendwelche Höhlen erkennen konnte, die dort vorhanden sein mochten. In einem solchen dunklen Abschnitt überkam mich eine
    einzigartige Furcht, als verschlängen feine, körperlose Ausdünstungen aus dem Abgrund meinen Geist. Es war jedoch zu dunkel, als daß ich die Quelle meiner Beunruhigung entdeckt hätte.
    Schließlich gelangte ich auf eine Hochebene mit
    moosbewachsenem Fels und kargem Boden, erhellt von einem schwachen Mondlicht, das das erlöschende Tagesgestirn abgelöst hatte. Als ich mich umblickte, gewahrte ich kein lebendes Wesen, aber ich spürte eine höchst merkwürdige Bewegung weit unter mir, unter den flüsternden Binsen des Pestsumpfes, den ich erst vor kurzem hinter mir gelassen hatte.
    Nachdem ich eine Strecke gegangen war, stieß ich auf die rostigen Schienen einer Straßenbahn und die wurmzerfressenen Pfosten, die noch immer die schlaff durchhängende Oberleitung hielten. Als ich diesen Gleisen folgte, traf ich bald auf einen gelben Waggon mit Plattform und der Nummer 1852- ein gewöhnlicher, vorn und hinten steuerbarer Typ, wie er von 1900
    bis 1910 üblich war. Es saß niemand darin, doch stand er offensichtlich zur Abfahrt bereit, der Stromabnehmer war ausgefahren, und die Druckluftbremse pochte ab und zu unter dem Boden. Ich stieg ein und sah mich vergebens nach dem Lichtschalter um - und dabei fiel mir auf, daß der Steuerhebel fehlte, was darauf hindeutete, daß sich der Wagenführer für kurze

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