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Azazel

Titel: Azazel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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Grund, den Rest meines Lebens auf dem Rücken im Schnee zu verbringen.«
    »Nun komm schon, Septimus, stell dir vor, daß du wieder Gewicht hast und dann steh auf.«
    Er machte wie üblich ein finsteres Gesicht und sagte: »Ich soll mir also einfach vorstellen, daß ich wieder etwas wiege, ja?« Aber er tat es und kam unbeholfen auf die Füße.
    Er sank einige Zentimeter tief in den Schnee ein, und als er vorsichtig versuchte, einen Fuß vor den anderen zu setzen, hatte er dabei nicht mehr Schwierigkeiten, als dies normalerweise zu erwarten wäre.
    »Wie machst du das, George?« fragte er mit einer Achtung in der Stimme, die er mir bisher nicht entgegengebracht hatte. »Ich hätte nicht gedacht, daß du Wissenschaftler bist.«
    »Die CIA zwingt mich dazu, meine umfassenden wissenschaftlichen Kenntnisse zu verbergen«, erklärte ich. »Jetzt stell dir vor, daß du Stück für Stück leichter wirst, während du läufst. Deine Spuren sollten dabei immer flacher und der Schnee immer rutschiger werden. Bleib stehen, wenn du das Gefühl hast, daß er gefährlich glatt wird.«
    Er gehorchte, denn wir Wissenschaftler üben mit unserem überlegenen Intellekt einen starken Einfluß auf gewöhnliche Sterbliche aus. »Jetzt«, sagte ich, »versuch ein wenig hin und her zu rutschen. Wenn du stehenbleiben willst, stell dir einfach vor, daß du wieder schwerer wirst -Und zwar langsam, sonst fällst du vornüber.«
    Er hatte den Trick sofort heraus, denn er war ein sportlicher Typ. Er hatte mir einmal erzählt, daß er sämtliche Sportarten beherrschte, mit Ausnahme des Schwimmens. Als er drei Jahre alt gewesen war, hatte ihn sein Vater ins Wasser geworfen, in dem wohlmeinenden Versuch, ihm ohne ermüdenden Unterricht das Schwimmen beizubringen. Zehn Minuten Mund-zu-Mund Beatmung waren nötig, um Septimus wiederzubeleben. Er sagte, daß er sich seither vor dem Wasser fürchtete und auch eine Abneigung gegen Schnee hegte. »Schnee ist einfach nur gefrorenes Wasser«, sagte er und vertrat damit dieselbe Ansicht wie Azazel.
    Seine Abneigung gegen Schnee schien sich jedoch unter den neuen Umständen gelegt zu haben. Mit einem ohrenbetäubenden »Hui!« schlitterte er umher und machte sich hin und wieder schwerer, wenn er eine Drehung vollzog, um mit einer aufspritzenden Schneefontäne zum Stehen zu kommen.
    »Warte!« sagte er, stürzte ins Haus und - ob du's glaubst oder nicht - kehrte mit Schlittschuhen zurück, die er an seinen Stiefeln befestigt hatte.
    »Ich habe auf meinem See Schlittschuhlaufen gelernt«, erklärte er, während er die Stiefel anzog, »aber es hat mir nie Spaß gemacht. Ich hatte immer Angst, das Eis könnte einbrechen. Jetzt kann ich gefahrlos über Land Schlittschuh lauten.«
    »Aber denk daran«, sagte ich besorgt, »es funktioniert nur über H 2 0 Molekülen. Wenn du auf ein Stück nackte Erde stößt oder auf freiliegendes Pflaster, wirst du sofort wieder dein normales Gewicht besitzen. Du könntest dich verletzen.«
    »Keine Angst«, erwiderte er, kam auf die Füße und lief los. Ich sah zu, wie er beinahe einen Kilometer weit über die schneebedeckte Einöde seines Landes raste, und an meine Ohren drang ein fernes Krächzen: »Schneemann bau'n und Schneeballschlacht, Winter ist so schön, hat geschneit die ganze Nacht ...«.
    Du mußt wissen, daß Septimus die Höhe eines Tones nur errät und dabei ständig falsch liegt. Ich hielt mir die Ohren zu.
    Für mich brach der wohl glücklichste Winter meines Lebens an. Die ganze Zeit über saß ich in dem warmen und gemütlichen Haus, als und trank wie ein König, las erbauliche Bücher und versuchte dabei, gewitzter zu sein als der Autor und herauszufinden, wer der Mörder war, während ich mir mit großer Genugtuung die Verärgerung meiner Gläubiger in der Stadt vorstellte.
    Durch das Fenster konnte ich beobachten, wie Septimus seine endlosen Runden über den Schnee drehte. Er sagte, er fühle sich dabei wie ein Vogel und hätte eine Freude an der Weite des Raums wie nie zuvor. Nun ja, jedem das seine.
    Ich warnte ihn jedoch davor, sich in der Öffentlichkeit zu zeigen. »Es würde mich in Gefahr bringen«, sagte ich, »denn die CIA würde diese privaten Experimente nicht gutheißen. Mich selbst kümmert diese Gefahr nicht, weil die Wissenschaft für jemanden wie mich über allem steht. Wenn allerdings jemand beobachten sollte, wie du über den Schnee gleitest, würdest du gewaltige Aufmerksamkeit erregen, und Dutzende von Journalisten würden über dich

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