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Azazel

Titel: Azazel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isaac Asimov
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sich. »Ist er in schlechte Gesellschaft geraten? Hat er Schulden gemacht? Oder sich mit einer ältlichen Kellnerin eingelassen?«
    »Schlimmer! Viel schlimmer!« sagte der alte Antiochus Schnell mit versagender Stimme. »Er hat es mir selbst nie erzählt - wahrscheinlich fehlte ihm der Mut dazu -, aber einer seiner Kommilitonen hat sich mit einem schockierten Brief vertraulich an mich gewandt. George, alter Freund, mein armer Sohn - ich will es geradeheraus sagen und nichts beschönigen - studiert Differenzialrechnung!«
    »Er studiert Differenz...«, ich konnte es nicht über mich bringen, dieses schreckliche Wort auszusprechen.
    Der alte Antiochus Schnell nickte verzweifelt. »Und Volkswirtschaft. Er besucht tatsächlich Kurse und ist sogar beim Lernen beobachtet worden.«
    »Gütiger Himmel!« sagte ich entsetzt.
    »Ich kann es immer noch nicht fassen, George. Wenn Artaxerxes' Mutter davon erfahren würde, wäre das ihr Ende. Sie ist eine sensible Frau und nicht bei bester Gesundheit. Im Namen unserer alten Freundschaft beschwöre ich dich, George, der Tate University einen Besuch abzustatten und der Sache auf den Grund zu gehen. Wenn der Junge von irgend jemandem zu diesem Lerneifer überredet wurde, bring ihn irgendwie wieder zu Verstand -um seiner Mutter und seiner selbst willen, wenn schon nicht für mich.«
    Mit Tränen in den Augen schüttelte ich ihm die Hand. »Nichts wird mich aufhalten können«, sagte ich. »Kein anderer Gedanke soll mich von dieser heiligen Pflicht ablenken. Und wenn es mich den letzten Tropfen Blut kostet - und da wir gerade bei Kosten sind: Ich brauchte einen Scheck.«
    »Einen Scheck?« sagte der alte Antiochus Schnell mit bebender Stimme. Er war schon immer einer großer Geizhals gewesen.
    »Hotelzimmer«, sagte ich, »Essen, Getränke, Trinkgelder, Inflation und allgemeine Unkosten. Es ist für deinen Sohn, mein alter Freund, nicht für mich.«
    Nachdem ich den Scheck schließlich erhalten hatte und im Tate angekommen war, verlor ich keine Zeit und verabredete ein Treffen mit dem jungen Artaxerxes. Ich erlaubte mir gerade einmal ein gutes Abendessen, einen hervorragenden Brandy, eine erholsame Nacht und ein gemütliches Frühstück, bevor ich ihn in seinem Zimmer aufsuchte.
    Der Anblick dieses Zimmers erschütterte mich zutiefst. An sämtlichen Wänden befanden sich Regale, die nicht etwa mit irgendwelchem gefälligen Schnickschnack gefüllt waren, mit Flaschen, die der Kunst des Winzers Ehre gemacht hätten, oder gar mit Fotos reizender Mädchen, die auf unerklärliche Weise ihrer Kleidung verlustig gegangen waren - nein, in den Regalen standen Bücher.
    Eines dieser Bücher lag ganz unverhohlen aufgeschlagen auf dem Schreibtisch, und ich glaube, daß er eben noch darin geblättert hatte. Sein rechter Zeigefinger machte einen verdächtig staubigen Eindruck, und er versuchte, ihn ungeschickt hinter seinem Rücken zu verbergen.
    Aber Artaxerxes' Anblick war noch erschütternder. Natürlich erkannte er in mir einen alten Freund der Familie. Ich hatte ihn neun Jahre lang nicht mehr gesehen, doch in dieser Zeit hatten sich meine vornehme Haltung und mein frisches, offenes Antlitz nicht verändert. Vor neun Jahren war Artaxerxes jedoch ein unscheinbarer zehnjähriger Junge gewesen. letzt war er zwar nicht mehr wiederzuerkennen, aber immer noch ein vollkommen unscheinbarer Jugendlicher von neunzehn Jahren. Er war kaum einen Meter sechzig groß, trug eine große, runde Brille und machte einen ausgemergelten Eindruck.
    »Wieviel wiegst du?« fragte ich ihn geradeheraus.
    »Achtundvierzig Kilo«, flüsterte er.
    Ich starrte ihn mit aufrichtigem Mitleid an. Er war ein achtundvierzig Kilo leichter Schwächling. Er mußte geradezu zur Zielscheibe von Spott und Verachtung werden.
    Doch dann wurde mir ganz weich ums Herz, als ich dachte: der arme, arme Junge! Wie sollte er mit einem solchen Körperbau an jenen Aktivitäten teilnehmen, die für eine ausgewogene Collegeausbildung unerläßlich sind? Fußball? Leichtathletik? Ringkampf? Sackhüpfen? Wenn einer der anderen Jungen rief: »Ich kenne da eine alte Scheune. Wir könnten uns Kostüme nähen und dort ein Musical aufrühren!« - was sollte er dann tun? Konnte er mit solchen Lungen überhaupt singen außer einen dünnen Sopran?
    Er mußte geradezu gegen seinen Willen in die Schande abgleiten.
    Leise, beinahe sanft sagte ich: »Artaxerxes, mein junge, stimmt es, daß du Differenzialrechnung und Volkswirtschaft studierst?«
    Er nickte: »Und

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