Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
ten wurden, während der Wagen mit ungebremstem Tempo weiterschoß.
    Die beiden Sitze zerbrachen. Morells kopfloser Torso flog nach hinten und wurde aus dem zersplitternden Heckfenster geschleudert, während der plötzlich fahrerlose Wagen ausbrach, eine komplette und dann noch eine halbe Pirouette vollführte und schließlich mit ungeheurer Wucht in das Pförtnerhäuschen neben dem Tor krachte. Praktisch in der gleichen Sekunde explodierte der Tank, und der Wagen, die Pförtnerloge und ein Teil des angrenzenden Zaunes wurden von einem orangeroten Feuerball verschlungen, der sich brüllend in den Himmel wälzte...
    48. Kapitel

Es war kein wirklicher Herzschlag, sondern das Geräusch der Maschinen, die in einem anderen Teil der Fabrik arbeiteten, das seinen Weg durch den Boden bis hierher fand, aber Mark gefiel die Vorstellung – sie hatte etwas Unheimliches, aber nichts Erschreckendes, sondern genau jene Art von sanftem Grusel, die er mochte.
    Der Gedanke ließ ein leises Lächeln auf seinem Gesicht entstehen. Er war nicht der einzige, der Gruselgeschichten mochte, von Claudia vielleicht einmal abgesehen, die seine Begeisterung für solcherlei Dinge nie geteilt hatte. Aber nach dem heutigen Abend würde sie sie bestimmt auch mögen. Er würde ihr eine Geschichte zeigen, daß es ihr dem Atem verschlug. Und nicht nur ihr.
    Mark sah ungeduldig auf die Uhr. Es war fast zwölf. Er hatte den anderen gesagt, daß sie um Mitternacht hier sein sollten – die einzig passende Uhrzeit für das, was er vorhatte -, aber nun war es fast soweit, und noch ließ sich keiner der anderen sehen. Mark hoffte, daß sie alle kommen würden. Er hatte mit jedem einzelnen telefoniert und ihnen klargemacht, wie wichtig es war, daß die kamen, und sie alle hatten zugesagt.
    Anderseits wußte er, daß er sich nicht darauf verlassen konnte. Es war nicht das erste Mal, daß sie sich heimlich hier trafen, ohne daß sein Vater oder Onkel Löbach etwas davon erfuhren, aber meistens wurde der eine oder andere doch aufgehalten. Mark war mit seinen zwölf Jahren zwar nicht der älteste der Gruppe, aber doch einer der reifsten. Von dem knappen Dutzend das sie waren zählte keiner mehr als fünfzehn Jahre, und das war ein Alter, in dem es manchmal nicht einfach war, sich mitten in der Nacht aus dem Haus zu schleichen, noch dazu, ohne daß die Erwachsenen etwas merkten. Stefan und Klaus zum Beispiel waren gar nicht begeistert davon gewesen, daß er sie so überraschend hierher zitiert hatte, und noch dazu, ohne daße er ihnen sagte, warum eigentlich. Die beiden waren nicht nur Mitglieder ihrer Meditationsgruppe, sondern nebenbei auch noch aktive Fußballspieler – Mark verachtete Fußball – und hatten morgen ein anstrengendes Turnier vor sich, und sie hatten ihm ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, daß das, weswegen er sie hierher beorderte, besser wirklich wichtig sein sollte, wenn er sich nicht gehörigen Ärger einhandeln wollte.
    Was das anging, machte sich Mark keine Sorgen. Wenn sie erst einmal sahen, war er ihnen zu bieten hatte, würden sie ihren bescheuerten Fußball garantiert auf der Stelle vergessen.
    Marks Hände strichen fast liebkosend über den Einband des Buches, das auf seinem Schoß lag. Er hatte ein Stück Papier als Lesezeichen hineingelegt, so daß er es gleich an der richtigen Stelle aufklappen konnte. Nicht, daß das nötig gewesen wäre. In den letzten zwei Tagen hatte Mark die entsprechende Seite so oft aufgeschlagen, daß er sie wahrscheinlich sogar mit verbundenen Augen gefunden hätte. Sein Blick fiel zum unzähligsten Mal auf die kunstvolle Zeichnung, die das obere Drittel des Blattes bedeckte, und dann las er den Text darunter. Er hatte ihn rot eingekreist um ihn schneller wiederzufinden, aber mittlerweile kannte er ihn auswendig.
    Fast behutsam klappte er das Buch wieder zu, stand auf und trug es zu dem kleinen Sekretär neben der Tür. Er legte es aufgeschlagen darauf, breitete aber einige Papiere darüber aus, damit keiner der anderen es durch Zufall sah, wenn er hereinkam. Schließlich wollte er sich nicht selber den Spaß verderben – und ihnen die Überraschung.
    Sein Blick glitt ein letztes Mal prüfend durch den Raum. Er war mit seinen Vorbereitungen zufrieden – aber es war ja schließlich auch genug Arbeit gewesen. Er hatte allein zwei Tage gebraucht, um die benötigte Anzahl von Kerzen zusammenzubekommen; und gute drei Stunden um sie alle anzuzünden. Es waren genau sechshundertsechsundsechzig. Ihr Licht

Weitere Kostenlose Bücher