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AZRAEL

AZRAEL

Titel: AZRAEL Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Dachgeschoß erreichten.
    Mogrods Wohnung lag hinter einer von nur zwei Türen, die es hier oben gab. Beide standen offen, so daß Bremer erkennen konnte, daß die andere Hälfte des Dachstuhles nicht ausgebaut, sondern einfach ein großer, mit Gerumpel und – dem Geruch nach zu schließen - Abfällen vollgestopfter Raum war. Schatten bewegten sich in dem fensterlosen Raum, und die Geräusche, die er hörte, machten ihm klar, daß seine Kollegen offensichtlich damit beschäftigt waren, den Speicher zu durchsuchen. Wonach? Und warum eigentlich, wenn es sich tatsächlich um einen so klaren Fall von Selbstmord handelte, wie Sendig auf dem Weg hierher behauptet hatte?
    Sendig blieb schwer atmend auf der letzten Stufe stehen, wischte sich mit dem Jackenärmel den Schweiß von der Stirn und sagte: »Scheint, als hätte ich dem verstorbenen Herrn Mogrod doch unrecht getan. Ich kann mir jedenfalls keine Penthouse-Wohnung leisten.«
    »Ungeheuer komisch«, murmelte Bremer. »Sobald ich wieder genug Luft habe, lache ich darüber.«
    Sendig warf ihm einen schrägen Blick zu, aber er sparte sich die Antwort und ging weiter. Er wirkte plötzlich sehr angespannt, fand Bremer, auf eine Art, die nicht allein an den fünf Treppen liegen konnte, die sie hinaufgegangen waren. Hätte er es nicht besser gewußt, hätte er geschworen, daß er vor irgend etwas Angst hatte.
    Dicht hinter Sendig betrat er Mogrods Wohnung und stellte eine weitere Parallele zu der Szene aus der vergangenen Nacht fest: Das Apartment des Journalisten war zwar nicht schwarz angemalt wie das Löbachs, aber beinahe ebenso verwüstet. Ein Großteil der ohnehin spärlichen Möblierung war zertrümmert oder umgeworfen, und überall lag zerbrochenes Glas. Und was die erste Welle der Zerstörung überstanden hatte, das bemühten sich jetzt mindestens ein Dutzend von Bremers Kollegen endgültig zu verheeren. Bremer identifizierte mit nicht geringem Erstaunen gleich zwei Teams der Spurensicherung und sieben oder acht seiner uniformierten Kollegen, die buchstäblich jedes Staubkorn umdrehten.
    »Was ist denn hier los?« murmelte er. »Reicht die gesamte Spurensicherung nicht mehr?«
    Sendig lächelte flüchtig. »Es hat gewisse Vorteile, wenn man der Chef ist«, sagte er, zögerte einen halben Atemzug lang und fügte dann mit hörbarer Betonung und einem noch sehr viel unmißverständlicheren Blick in Bremers Richtung hinzu: »Zum Beispiel, daß niemand dumme Fragen stellt. Warten Sie hier. Es dauert wahrscheinlich nicht lange.«
    Das war Bremer nur recht. Er wußte nicht, wie lange er Sendigs Art noch ertragen hätte, ohne etwas zu sagen, was ihm wirklich leid tun würde. Er trat nur einen Schritt zur Seite, um die Tür freizugeben, und nutzte die Zwangspause zu einem zweiten, aufmerksameren Blick in die Runde.
    Was er sah, das ließ ihn plötzlich gar nicht mehr so überzeugt davon sein, sich tatsächlich am Schauplatz eines Suizids zu befinden. Es sah sehr viel mehr nach einem Kampf aus, fand Bremer. Es war jetzt schwer zu sagen, was von der unvorstellbaren Unordnung auf Mogrods Konto ging und was auf das der Beamten der Spurensicherung, die sich gleich sechs Mann hoch im Weg standen und so eifrig fotografierten, pinselten, einsammelten und begutachteten, daß Bremer nur noch den Kopf schütteln konnte. Sendig täuschte sich, wenn er glaubte, daß niemand dumme Fragen stellen würde. Man würde sie nicht besonders laut stellen, aber das war auch schon alles. Trotzdem - Polizeibeamte pflegten weder Glastische zu zertrümmern, noch Bilder von den Wänden zu reißen oder Scheiben einzuschlagen, und das war nur ein Teil der Verwüstung, die er sah. Wenn es hier keinen Kampf gegeben hatte, dann mußte der Journalist vor seinem Sprung aus dem Fenster regelrecht Amok gelaufen sein.
    Wie Löbach.
    Der Gedanke löste irgend etwas in ihm aus, das ihn schaudern ließ. Es war keine Furcht, sondern eine Art von... Unbehagen, die ihm vollkommen fremd war und auf ihre Art beinahe schlimmer als Angst. Ganz plötzlich glaubte er Sendig sehr viel besser zu verstehen als noch vor ein paar Augenblicken. Es gab eine Verbindung zwischen Löbach und Mogrod. Und sie bestand aus weit mehr als der bloßen Tatsache, d aß beide tot waren. Vielleicht war es nicht einmal Zufall, daß sie beide auf die gleiche Weise gestorben waren.
    Bremer ertappte sich dabei, ganz instinktiv die Wände abzusuchen, aber so weit ging die Parallele nun doch nicht. Es gab keine Blutschrift, nur eine Reihe fettiger

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