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Titel: B00B5B7E02 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cain
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erkundigt sich, ob ich mein Essen mitgebracht habe. Was für eine seltsame Frage. Wer schleppt sein Abendessen den ganzen Weg von New York bis nach Atlanta mit? Sie empfiehlt mir, mich vor dem Seminar unbedingt zu stärken: Wir würden die nächsten vier Tage von Freitag bis Montag 15 Stunden täglich arbeiten, jeweils von acht Uhr morgens bis elf Uhr abends, mit nur einer kurzen Pause am Nachmittag. Tony sei die ganze Zeit auf der Bühne, und ich solle keinen Augenblick verpassen.
    Ich schaue mich in der Empfangshalle um. Andere wissen offenbar schon Bescheid – sie schlendern mit Einkaufstüten voller Kraftriegel, Bananen und Snacks durch die Halle. Ich hole mir von der Snackbar ein paar Äpfel, die schon leichte Druckstellen haben, und gehe in Richtung Saal. Platzanweiser mit UPW-Shirts und ekstatischem Lächeln stehen am Eingang, hüpfen auf und ab und wedeln mit den Armen. Man kommt nicht an ihnen vorbei, ohne sie abzuklatschen – ich weiß es, denn ich habe es ausprobiert.
    Im riesigen Saal wärmt eine Phalanx von Tänzern, die auf riesigen Leinwänden zu beiden Seiten der Bühne in Großaufnahme erscheinen, das Publikum mit dem Billy-Idol-Song Mony Mony auf, der durch eine hochkarätige Musikanlage ertönt. Sie bewegen sich synchron wie Hintergrundtänzer in einem Britney-Spears-Video, sind aber wie leitende Angestellte gekleidet. Der erste Tänzer, ein Mittvierziger mit schon leicht schütterem Haar, trägt ein durchgeknöpftes weißes Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln und Krawatte. Die Botschaft lautet offenbar, wir könnten alle lernen, so überschwänglich zu sein, wenn wir morgens an die Arbeit gehen.
    Die Tanzschritte sind in der Tat so einfach, dass wir sie an unserem Platz leicht nachmachen können: einmal hüpfen und zweimal klatschen, einmal links, einmal rechts. Als Gimme Some Lovin’ folgt, klettern viele Leute im Publikum auf ihre metallenen Klappstühle und toben und klatschen weiter. Ich stehe leicht gereizt mit verschränkten Armen da, bis ich zum Schluss komme, dass mir nichts übrig bleibt, als mitzumachen, und beginne, wie die anderen Teilnehmer auf und ab zu hüpfen.
    Schließlich kommt der Augenblick, auf den alle gewartet haben: Tony Robbins springt auf die Bühne. Er ist bereits gigantische 1,96 Meter groß, aber auf der Megatron-Leinwand wirkt er wie mindestens 30 Meter. Mit seinem dichten braunen Haar, dem Zahnpasta-Lächeln und seinen unglaublich markanten Wangenknochen sieht er aus wie ein Filmstar. ERLEBEN SIE TO-NY ROBBINS LIVE!, versprach die Werbung, und jetzt ist er da und tanzt begeistert mit der euphorischen Menge.
    Obwohl im Saal eine gefühlte Temperatur von höchstens zehn Grad herrscht, trägt Tony ein kurzärmliges Polohemd und Shorts. Viele Teilnehmer haben Decken mitgebracht – sie wussten wohl, dass es im Saal eisig kalt ist, wahrscheinlich als Entgegenkommen an Tonys hochtourigen Stoffwechsel. Um diesen Mann abzukühlen, wäre eine neue Eiszeit nötig. Er springt, strahlt und schafft es irgendwie, Augenkontakt mit allen 3800 Teilnehmern aufzunehmen. Die Ordner tänzeln in den Seitengängen verzückt auf und ab. Tony öffnet die Arme und umarmt uns alle. Wenn Jesus auf die Erde zurückkehrte und als Erstes im Atlanta Convention Center haltmachte, könnte der Jubel bei seinem Empfang kaum größer sein.
    Das gilt sogar für die hinteren Reihen, wo ich mit den Teilnehmern sitze, die nur 895 Dollar pro Person für den »generellen Eintritt« ausgegeben haben statt 2500 Dollar für eine »diamantene Premium-Mitgliedschaft«, dank welcher man einen Platz ganz vorne bekommt, um Tony möglichst nahe zu sein. Bei der Bestellung meiner Eintrittskarte belehrte mich die Kartenverkäuferin am Telefon, dass die Leute in den ersten Reihen – wo »Sie Tony garantiert aus nächster Nähe sehen« statt nur auf der Leinwand – in der Regel »mehr Erfolg im Leben« hätten. »Das sind die Leute, die mehr Energie haben«, erklärte sie. »Das sind die Leute, die laut schreien.« Ich kann unmöglich beurteilen, wie »erfolgreich« die Leute neben mir sind, aber auch sie scheinen zweifellos mit Begeisterung dabei zu sein. Beim Anblick von Tony, der so geschickt beleuchtet wird, dass sein ausdrucksstarkes Gesicht voll zur Geltung kommt, stoßen sie Schreie aus und verfallen in das Rockkonzert-Gehopse zwischen den Sitzreihen.
    Schon bald mache ich mit. Ich habe schon immer liebend gerne getanzt und muss zugeben, dass in einer Menge von Leuten zu den Top 40 Classics zu rocken ein

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