B00DJ0I366 EBOK
nichts.
»Ja, vielleicht solltest du dir die Reden anhören«, lächelt Eleni.
Nun starrt auch Robert sie an. Seine Lippen zittern. Er bringt keine Silbe heraus.
»Nimm deine Frau und sorge dafür, dass sie den offiziellen Part gut übersteht«, fordert Eleni ihren Schwager auf. »Und Sie sollten die Schmeicheleien auch nicht verpassen«, wendet sie sich an Lafontaine, »denn auf solche Berichte steht Ihr Chefredakteur bestimmt, oder?
»Robert«, keucht Victoria. »Mutter darf das nicht mitbekommen. Das wird sie nicht überleben.«
»Man kann ganz andere Dinge überleben, Victoria«, erwidert Eleni. Sie wendet sich um und hinkt davon.
67
Sam staunt nicht schlecht, als Luna um die Ecke gesprintet kommt. Barfuß, mit einem dicken Umschlag, den sie sich an die Brust presst.
»Wer ist das?«, fragt Hanna Schmidt erstaunt.
»Luna Meier, die Schöpferin des berühmten Labels Lu-Naht«, stellt Sam vor.
»Ich habe diesem Halunken von der Zeitung die Fotos abgeluchst. Schande über Schande, wo hat er die bloß aufgegabelt?« Keuchend lässt sich Luna in den Stuhl neben Sam fallen. »Ich musste die heißesten Pumps des Jahrzehnts dafür hergeben.« Mit schmerzverzerrtem Gesicht massiert sie sich die Zehen. »Und Eleni ist gekommen.«
»Sie ist …« Sam kann den Satz nicht beenden. Sie hat es geahnt, sich gewünscht und gleichzeitig Angst davor gehabt. Die Sonne ist weitergewandert und scheint ihr jetzt genau in die Augen. Die Bedienung kommt, fragt nach Lunas Wünschen und rückt den Sonnenschirm in Position.
»Ein Glas Rotwein«, sagt Luna. »Hier, steck den Mist ein.« Sie schiebt Sam die Fotos zu.
»Bloß nicht, kannst du sie nicht entsorgen?«
»Hallo, Bedienung, hätten Sie eine Plastiktüte oder so?«
Die Frau nickt konfus.
»Hat er Kopien?«, fragt Sam.
»Hoffen wir, dass er keine hat. Ich jedenfalls habe die Konversation von Lafontaine mit Victoria May auf dem Handy.« Sie grinst sardonisch.
»Worum geht’s?«, fragt Hanna.
»Das kann Ihnen Eleni besser erklären.«
»Wo ist sie?«
Luna wedelt mit der Hand. Eleni Tsiadis kommt um die Ecke und betritt die Terrasse.
»Roman wusste Bescheid, wo ihr seid«, zischt sie Sam zu. Sie wendet sich an Hanna: »Ich schlage vor, wir beide machen einen Spaziergang. Ja? Das Wetter ist ein Traum.«
»Sie sind barfuß.« Die Galeristin steht auf. »Das spielt wohl keine Rolle?«
Luna schüttelt den Kopf und bedankt sich bei der Kellnerin, die ihr eine Plastiktüte reicht. Die Fotos verschwinden darin.
*
In Sams Kopf dreht sich alles. Ein Karussell aus Panik, aus Worten, die unmotiviert aus dem Grau ihres Hirns aufsteigen. Sie steht auf und sieht Eleni Tsiadis entgegen, die langsam auf ihren Tisch zuhinkt. Das Gehen scheint für sie heute besonders mühsam zu sein. Oder sie will den Moment hinauszögern, in dem nichts mehr zurückzunehmen ist. Vielleicht könnte Eleni Tsiadis jetzt noch umkehren, denkt Sam. Dann wäre sie weg und ich hätte den Eindruck, einer Halluzination aufgesessen zu sein.
Die Frau mit dem Gehstock schleppt sich unterdessen näher, stützt sich schließlich auf das Tischchen.
»Ich muss dich erst ein wenig anschauen«, sagt sie rau.
»Das würde ich auch gern«, presst Sam hervor. »Aber dazu müsstest du den Hut abnehmen.«
Eleni lacht heiser. Sie greift nach der Krempe des Panamahutes und zieht ihn vom Kopf. Prächtiges, tiefschwarzes Haar fällt ihr auf die Schultern.
Sie ist schön, schießt es Sam durch den Kopf, während ihr Herz gegen das Brustbein schlägt. Es kommt ihr vor, als hätte sie zehn Espressi hintereinander getrunken.
Die Bedienung bringt Lunas Rotwein und schaut sich verdutzt um.
»Den übernehme ich, danke!« Eleni setzt sich auf den Stuhl, auf dem eben noch Hanna saß. »Ich bin getürmt. Vor ein paar Tagen aus dem Hotel ausgebüxt. Dieser Rosen hat mich in die Zange genommen. Mitten in der Nacht bin ich mit dem Taxi nach Weimar. Hanna hat ihren Flug gecancelt und ist mit dem Auto gekommen, wir haben ausgemacht, uns heute hier zu treffen.« Sie lehnt den Kopf zurück und blinzelt in den Himmel. Dabei sieht sie ein wenig aus wie Blanca.
Blanca!
»Hat Blanca …«, beginnt Sam.
»Nein, sie hat mich nicht gesehen. Victoria aber schon.«
Sie schauen einander an, für Sekunden, bevor beide den Blick abwenden.
»Ich habe eine Menge Fragen.« Sam hat den Eindruck, die Worte vibrieren, so aufgeregt ist sie.
Eleni nimmt das Glas mit dem Rotwein und trinkt einen Schluck. »Alkohol und Tabletten, das passt
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