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Titel: B00DJ0I366 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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schlecht zusammen, oder?«
    »Was für Tabletten?«
    »Die Mays sind immer gerade heraus. Gefällt mir.«
    Sam kann nicht glauben, dass diese Frau sie zur Welt gebracht hat. Diese schöne Frau, die so kaltschnäuzig daherkommt, die in einem gekrümmten, zerschmetterten Körper gefangen ist. Der sie nie über den Weg gelaufen wäre, wenn sie nicht das Foto gefunden hätte. Wenn sie dieser Eleni Tsiadis alias Grace May nicht wie aus dem Gesicht geschnitten wäre. Wenn John Carrick sich nicht gemeldet hätte. Und wenn …
    »Jemand wollte, dass ich nach Venedig komme«, fängt sie an, weil ihr das Schweigen aufs Gemüt drückt. »Zur Finissage. Ich habe eine Einladung bekommen.« Sie berichtet von der Karte, die ihr jemand, den sie im Nachhinein als Hendrik Rosen identifiziert hat, unter der Tür durchgeschoben hat.
    »Dahinter steckt Loredan, mein italienischer Agent. Er sucht seit Jahr und Tag eine Leiche in meinem Keller. Will die Preise verderben. Er hat leider nicht alles über mich geglaubt, was ich der Öffentlichkeit aufgetischt habe.« Sie lächelt gezwungen. »Wenn Loredans Intrigen nicht schon bei ›Artes‹ Blüten treiben würden, wäre ich nicht nach Coburg gekommen. Obwohl es schön hier ist. Verschlafen und wunderschön.« Sie blinzelt in den blauen Himmel. »Bevor allerdings Loredan den Sieg einfährt, sehe ich lieber zu, dass ich die Regie führe. Und dass ich nachher meine Version an die Presse verkaufe.«
    Sie ist nur gekommen, weil sie Angst vor schlechter Publicity hat, denkt Sam. Es geht nicht um mich, nicht um die Familie. Nur um ihren Stand in der Welt der Kunst.
    »Ich frage mich, ob sich das Lügen gelohnt hat!«
    »Wie man es nimmt.« Eleni blickt Sam an. In ihrem Gesicht zuckt es. »Ich nehme an, du hast eine Menge gehört?«
    »Nicht übermäßig viel. Es wäre schön, ein klein wenig mehr zu wissen.« Sam beißt sich auf die Lippen. Hoffentlich steht Blanca das durch. Wenn Eleni jetzt auspackt und anschließend in ein Taxi steigt und davonfährt – dann muss Blanca gar nicht wissen, dass ihre ältere Tochter noch lebt. Dann können sie ihr verklickern, sie hätten sich getäuscht, sich in etwas hineingesteigert. Sie, Luna und Roman.
    Lügen.
    Lügen, um zu schützen.
    »Als Teenager habe ich meine Schwester gehasst«, beginnt Grace. »Ich habe kaum Erinnerungen an unsere Kindheit. So ab zwölf, 13, da war Victoria mein Stresspunkt. Ich hätte sie am liebsten in die Mülltonne gekloppt und den Deckel versiegelt. Ihr Neid, ihre Eifersucht brachten mich um den Verstand. Ich wünschte, mein Vater hätte ihr mehr Aufmerksamkeit gewidmet. Dadurch hätte ich mehr Zeit und Raum für mich gehabt, und Victoria wäre nicht meine Feindin geworden und ich nicht ihre.«
    »Soweit ist alles klar«, kommentiert Sam.
    »Mein Vater wollte etwas aus mir machen. Das habe ich früh begriffen. Er wollte, dass ich eine berühmte Künstlerin werde. Er hielt mich für begnadet. Was ich nicht bin, Himmel, Arsch und Gewitter. Das Einzige, was mich wirklich vor anderen auszeichnet, ist meine Kreativität. Ich habe immerzu Ideen. Sie überfluten mich geradezu. Mein Vater konnte meine Einfälle nicht akzeptieren. Er nahm sie und wandelte sie in etwas um, was er für richtig hielt. Ich brauchte Jahrzehnte, um zu lernen, dass es in der Kunst kein Richtig und Falsch gibt.«
    Soll ich Mitleid mit ihr haben?, fragt sich Sam. Will sie das?
    »Er schleppte mich zu Malkursen und was weiß ich. Es war stinköde. Dieser Unterricht hatte nichts mit mir zu tun. Die Lehrer gaben mir keinen Raum, um herauszufinden, was da sein könnte. Aber so beginnt die Kunst: als Entdeckung, was sich in uns verborgen hält. Über Jahre sehnte ich mich weg – weg von diesen Kursen und weg von meiner Familie, an einen Ort, wo ich meine Ruhe hatte und ausprobieren konnte. Was mir fehlte, war ein Selbstlabor, und ich fand eines in Griechenland. Dafür bin ich Victoria wirklich dankbar. Dass sie mich aus meinem Tief geholt und nach Griechenland geschleppt hat. In den Schoß der hellenischen Erde, das klingt pathetisch, aber ich fühlte mich dort endlich wie ich selbst. Weit weg von meinem Vater und weit weg von den Pflichten einer Mutter.«
    Sam schluckt.
    »Hasst du mich?«, fragt Eleni, während sie am Rotwein nippt.
    »Ich kenne dich nicht«, erwidert Sam.
    »Es stimmt: Ich wollte kein Kind, doch als du da warst, da wollte ich dich. Genau dieses eine kleine Mädchen, dieses Individuum. Das war das Schlimmste: dass ich dich nicht aufwachsen

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